Shoppingcity Seiersberg - Verfassungsgerichtshof hob Verordnungen auf

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Der Verfassungsgerichtshof hat die Verordnungen des Seiersberger Gemeinderates für die umstrittenen Verbindungswege und -brücken, die sogenannten Interessentenwege, in der Shoppingcity Seiersberg als rechtswidrig aufgehoben.

Die Aufhebungen treten mit 15. Jänner 2017 in Kraft. Das Land Steiermark nehme die Entscheidung zur Kenntnis, die Grünen sprachen von einem "Scherbenhaufen". Die Interessentenwege, die von der Gemeinde als "Brücken- und Straßenbauwerke" tituliert wurden und mit denen auch die Betriebsgenehmigung für das komplette Einkaufszentrum erteilt werden konnte, waren unter anderem von der Volksanwaltschaft angefochten worden. Sie seien als "Verbindungsbereiche bzw. -bauten zwischen den einzelnen Geschäftshäusern der SCS (Shoppingcity Seiersberg, Anm.) konzipiert" und dienten "offenbar nicht überwiegend nur dem individuellen (örtlichen) Verkehrsinteresse bloß einer beschränkten Anzahl von Liegenschaftsbesitzern oder -bewohnern", sondern vor allem auch dem allgemeinen Verkehrsinteresse von Menschen aus ganz Österreich und dem Ausland.

Politik: "Zur Kenntnis nehmen"

Da die Verordnungen erst im Jänner außer Kraft treten, habe die Entscheidung "keine unmittelbare Auswirkung auf den Betrieb der Shoppingcity Seiersberg", hieß es in einer ersten Stellungnahme aus dem Büro von Landesrat Anton Lang (SPÖ). "Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes sind selbstverständlich vollinhaltlich zur Kenntnis zu nehmen." Nun bestehe für das Land die Möglichkeit eine Einzelstandort-Verordnung für Einkaufszentren zu erlassen. Eine mögliche Erlassung werde derzeit aber noch geprüft und gebe es nur dann, wenn "alle gesetzlichen Anforderungen und Bestimmungen erfüllt werden", war der Aussendung zu entnehmen. Ein entsprechender Antrag auf eine Einzelstandort-Verordnung war Ende Mai von der Gemeinde Seiersberg-Pirka beim Land Steiermark eingebracht worden.

Grünen-Abgeordneter Lambert Schönleitner sagte: "Das jahrelange Versagen des Landes ist nun offensichtlich und eindrucksvoll bestätigt geworden, die Landesregierung steht nun vor dem Scherbenhaufen der jahrelang verfehlten Raumordnungspolitik." Erst vergangene Woche hätten SPÖ und ÖVP im Landtag "Warnungen auf plumpe und dreiste Art vom Tisch gewischt und auf Kritik äußerst dünnhäutig reagiert". Nun sei "es an der Zeit, dass die Vorgänge untersucht werden", so der Grüne Klubobmann, der "politische Konsequenzen bis hin zu einem Untersuchungsausschuss" forderte. Immerhin drohe nun eine Millionenklage der Betreiber.

Auch die steirischen Kommunisten betonten, seit Jahren Kritik "an den Tricks" geübt zu haben, die es ermöglichten, "die Verkaufsfläche des Einkaufszentrums weit über die Gesetzgeber vorgesehene Größe hinaus zu erweitern". Seit Jahren schwindle sich das Land um eine Lösung herum. Das räche sich jetzt. Es müsse endlich ein rechtskonformer Zustand hergestellt werden. Den Wildwuchs im Nachhinein zu legalisieren könne keine Lösung für die Zukunft sein, sagte Abg. Werner Murgg.

Betreiber: "Nicht nachvollziehbar"

Die Betreiber der Shoppingcity zeigten sich überrascht von der Entscheidung des VfGH. Sie sei 13 Jahre nach der Eröffnung nicht nachvollziehbar, so die Eigentümer Christian Guzy und Martin Klein. "Die Verordnungen, welche eine wesentliche Grundlage für das 450-Mio.-Euro-Investment bildeten, wurden mehrmals vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung als zuständiger Behörde geprüft und genehmigt."

Die Eigentümer vertrauten nun auf die Lösungskompetenz des Landes Steiermark, dem nun sechs Monate Zeit bleiben, um Rechtssicherheit herzustellen - immerhin gehe es um rund 2.100 Arbeitsplätze und 200 Unternehmen. Guzy und Klein betonten in ihrer Aussendung: "Sämtliche Klagen, welche durch Mitbewerber und diverse Klagsvereine seit Bestehen der Shopping City geführt wurden, konnten bis zum Obersten Gerichtshof gewonnen werden. Im Rahmen dieser Verfahren wurde die Rechtmäßigkeit der Verordnungen bestätigt." Zudem habe der OGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 festgehalten, dass die Shopping City Seiersberg auf die Richtigkeit dieser Verordnungen vertrauen darf. Die Lösung könnte auch in den Augen der Betreiber die von der Gemeinde beantragte Einzelstandort-Verordnung sein.

Die Shoppingcity Seiersberg ist das größte Einkaufszentrum der Steiermark, liegt südlich von Graz und hat rund 85.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Sie besteht eigentlich aus fünf Häusern, die durch Brücken - Interessentenwege - verbunden sind. Dadurch brauchen Kunden nicht hinaus, um von einem in das nächste Haus zu gehen, sondern können direkt unter Dach von Gebäude zu Gebäude flanieren. Neuere steirische Raumordnungsbestimmungen regeln seit 2010 und damit nach der Errichtung der Seiersberger Mall, dass Einkaufszentren je nach Einwohnerzahl bei der Verkaufsfläche eine bestimmte Größe nicht überschreiten dürfen. Im Falle von Seiersberg war die Grenze 5.000 Quadratmeter.

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