Semmering: Die Revoluzzer vom Zauberberg

Der Tourismusort lebt von den Gästen und Skifahrern. Gemeinde und Bergbahnen legen zwei neue Wasserleitungen auf die Passhöhe
Eine Gruppe engagierter Tourismusbetriebe lässt die Sommerfrische im Weltcuport wieder aufleben

Monumentalbauten aus der Jahrhundertwende, die an ukrainische, kasachische und andere Investoren verscherbelt wurden: Was beim Ausverkauf österreichischen Kulturgutes heraus kommt, hat man am Semmering schmerzhaft erfahren. Vom alten Sommerfrische-Glanz ist wenig über.

Besonders weh tut der Tourismusregion, dass wichtige Leitbetriebe einfach die Rollläden nach unten gelassen haben. Weil das Grandhotel Panhans mittlerweile seit drei Jahren saniert wird, gehen der Region Tausende Nächtigungen verloren.

Vor diesem Hintergrund hat sich im Skiweltcup-Ort eine Gruppe engagierter Semmeringer gefunden, die der Situation trotzen und die Sommerfrische wieder aufleben lassen. Während in Wien dieser Tage das Thermometer bis auf knapp 40 Grad kletterte, wehte am Semmering bei maximal 25 Grad ein laues Lüfterl.

Semmering: Die Revoluzzer vom Zauberberg

Oliver und Kim Löffler

„Genau das ist unser Pluspunkt. Der Klimawandel und die extrem heißen Sommer spielen Orten wie dem Semmering in die Hände“, sagt Oliver Löffler. Zusammen mit seiner Frau Kim hat er im April den Hotel- und Restaurantbetrieb „Der Löffler“ seiner Schwiegereltern in vierter Generation übernommen. Und das, obwohl nur 50 Meter weiter das Grandhotel wie ein verlassenes Geisterschloss seinen Schatten auf den Ort wirft. „Klar überlegt man in dieser angespannten Lage, ob man sich das traut. Aber wir sind uns sicher.“ Außerdem gäbe es keinen schöneren Ort, um ihre drei kleinen Kinder aufwachsen zu sehen. Die neun Gästezimmer sind derzeit voll und auch im Sommer bereits gut gebucht. „Zum einen kommen wieder viele Sommerfrischeln und zum anderen haben wir viele Gäste des Kultursommers und der Festspiele Reichenau“, sagt Kim Löffler.

Das Geheimnis des Betriebes sei der Charme eines Familienunternehmens. Die Absolventin der Tourismusschule am Semmering steht mit Mama und Ehemann Oliver selbst am Herd des Restaurants. Die Küche genießt in der Umgebung den besten Ruf. Mit der Übernahme wurde das Lokal völlig neu eingerichtet.

Berühmt ist „Der Löffler“ aber für eine ganz spezielle Mehlspeise. Die Kurhaustorte wird heute noch nach dem Originalrezept des Kurhauses am Semmering zubereitet.

Ein paar hundert Meter weiter auf der Passhöhe begrüßt uns ein Semmeringer Original an der Hotel-Rezeption: Der Berghof ist das Lebenswerk von Christa Latzelsperger. Ihr bereits verstorbener Mann galt mit einem Schlepplift vor 60 Jahren als Liftpionier. 37 Jahre lang hatte der Berghof ohne einen einzigen Ruhetag täglich geöffnet.

Semmering: Die Revoluzzer vom Zauberberg

Christa Latzelsperger

Als allerdings 2004 der Straßentunnel in Betrieb ging, und der Verkehr nicht mehr über die Passhöhe rollte, änderte sich die Lage dramatisch. Aber Latzelsperger und ihre Familie gaben nie auf. Weil derzeit kaum Personal in der Gastronomie zu finden ist, steht die 80-Jährige immer noch selbst in der Küche: „Wir brauchen mehr Macher und Touristiker die gute Ideen umsetzen.“

Mondäne Adresse

Im Winter laufe das Geschäft sehr gut. „Aber die wenigsten wissen, wie schön es hier im Sommer ist. Nicht umsonst war der Semmering das Sommerfrische-Domizil der Wiener“, sagt die 80-Jährige. Erst langsam erkenne das wieder die Kundschaft. Weil sie an die Zukunft am Semmering glaubt, hat man vor der Saison in eine moderne Terrassenüberdachung investiert. Mit einigen Betrieben sei ein neuer Geist am Zauberberg eingekehrt, erzählt die Gastronomin.

Mit der Villa Antoinette hat der Semmering eine neue, mondäne Adresse. Das Hideaway-Chalet steht bei Urlaubern oder für exklusive Hochzeiten hoch im Kurs. Zu erwähnen sind auch der frische Wind und die ausgezeichnete Küche im Landhotel Belvedere.

Kommentare