Und tatsächlich nahm die Disziplin – nicht zur Freude von Trainer Drescher – zuletzt ab. Zu oft war der Geschmack des Feierabendbiers mit Kollegen verlockender als der Geruch von Eisen und Schweiß in der Kraftkammer. Dazu gesellten sich kleine Wehwehchen, Skitage mit Freunden und plötzlich zeigte die Formkurve erstmals nach drei erfolgreichen Monaten nach unten (siehe Grafik unten).
Was treibt mich an?
Noch kein Grund zur Panik, beruhigt Sportpsychologe Thomas Ritthaler: „Unterbrechungen und Durchhänger sind bei langfristigen Trainingsplänen nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist, dass man danach wieder reinfindet.“ Leichter gesagt, als getan, wird sich der eine oder andere Hobbysportler denken, den wieder einmal die Entscheidung zwischen Couch und Laufstrecke quält. Ritthaler, der seit Jahren Olympia-Teilnehmer betreut, kennt jedoch die Strategien, um den „inneren Schweinehund zu bekämpfen“.
Zunächst müsse man sich bei Motivationstiefs immer die Frage stellen, was einen überhaupt antreibt. Also ob die gesteckten Ziele wirklich die eigenen sind oder nur jemand anderer will, dass man zum Beispiel abnimmt. Ein Aspekt, der auch Drescher wichtig ist: „Den größten Erfolg als Personaltrainer habe ich mit Menschen, die sich aus eigenem Antrieb verbessern wollen. Die anderen brechen irgendwann weg.“
In der Fachsprache ist die Rede von intrinsischer Motivation. Diese alleine ist aber nicht immer genug. „Wenn ich in der Ebene radle, dann reicht die Motivation. Aber wenn es bergauf geht, dann braucht es die sogenannte Volition, also den Willen“, erklärt Ritthaler. An dieser Stelle werde es im Alltag für viele Menschen schwierig, denn Willenskraft müsse man ähnlich wie Muskelkraft als begrenzte Ressource verstehen.
Auch mental brauche es eine vernünftige Steuerung von Belastung und Erholung, stimmt der mehrfache „Mr. Universe“ Drescher zu. In der Praxis hadern viele Freizeitathleten gerade damit. „Der Gesamtaufwand im Training wird größer, wenn der Stress im Alltag steigt, weiß Ritthaler. Denn trotz ambitionierter sportlicher Ziele, können die meisten Menschen diesen nicht alles unterordnen und müssen in Job oder Familie weiterhin funktionieren, so der Sportpsychologe.
Der Weg aus dem Tal
Wie auch im aktuellen KURIER-Selbstversuch kommen Training oder Ernährung dann zu kurz. Diejenigen, die an dieser Stelle nicht hinschmeißen, besitzen zumeist zwei Fähigkeiten. Einerseits haben sie eine übergeordnete Vision, von dem, was sie erreichen wollen – Bodybuilder Drescher visualisiert seine Siege schon, bevor diese stattfinden. „
Profis durchschreiten Täler oftmals, indem sie sich ihre Vision vor Augen rufen. Ein Amateur sollte sich genauso vorstellen, wie er aussieht, wenn er seine Fitnessziele erreicht und Komplimente dafür bekommt“, betont Ritthaler. Andererseits arbeiten Sportler, die „dranbleiben“, häufig mit Teilzielen.
Bei diesen könne es sich um „Babyschritte“ handeln, etwa um einzelne Übungen oder Trainingseinheiten. Das Gehirn lasse sich so austricksen, denn das Erreichen von Zielen – wenn auch noch so klein – bewahre einen davor, die guten Vorsätze leichtfertig aufzugeben.
Kommentare