Schönborn in TV-Doku: Wurde selbst Opfer sexuellen Übergriffs
In einem bewegenden Gespräch zwischen Kardinal Christoph Schönborn und der Autorin und Missbrauchsopfer Doris Wagner, äußerte sich Schönborn am Mittwoch im Bayrischen Rundfunk offen über sexuellen Missbrauch in der Kirche. Er habe in seiner Jugend selbst solche Erfahrungen gemacht.
Ein Priester hätte versucht ihn zu küssen. Gleichzeitig übt Schönborn Kritik am System der katholischen Kirche: "Es gibt natürlich Strukturen und Systeme, die Missbrauch begünstigen. Der Pfarrer bestimmt alles und es besteht die Gefahr, dass sich der Pfarrer mehr leisten darf, als die anderen."
"Wehe, wenn du redest"
Doris Wagner, die ihre Erfahrungen in zwei Büchern niedergeschrieben hat, wurde als junge Frau von einem Pfarrer vergewaltigt und sexuell missbraucht. Sie war Mitglied in der geistlichen Familie "Das Werk" in Vorarlberg. Aus den Strukturen auszubrechen, sei schwierig. "Die Kirche ist die Heimat, und man möchte die Heimat nicht verlieren", sagt Wagner.
Über diesen Druck und die Machthierarchie äußerte sich auch Schönborn kritisch: "Was mich immer so bedrückt im Gespräch mit Missbrauchsopfern, ist die ganze Dynamik des Schweigens. 'Wehe, wenn du redest. Dann wirst du von Gott bestraft, dann kommst du in die Hölle, wenn du redest.' Alles nur, um das eigene Verbrechen zu verstecken."
Schönborn äußert sich zu Groer
In dem Gespräch wurde der Wiener Erzbischof auch auf seinen Vorgänger Hans Hermann Groer angesprochen, dem 1995 von Schülern des Knabenseminars Hollabrun sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Obwohl Schönborn später erklärte, dass die Vorwürfe im Wesentlichen zutreffen würden, stellte er sich zunächst hinter seinen Vorgänger. "Dass er schrullig war, das wusste ich. Dass er einen gerne abgetascht hat. Aber was mich erst überzeugt hat, waren die Gespräche mit Zeugen", sagt Schönborn.
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