Schlange stehen für eine Unterschrift

Tanja Werkl im Bezirksamt in der Wipplingerstraße in Wien.
Über 270.000 Unterstützer hat das Volksbegehren bereits und der Andrang ist ungebrochen.

Statt "Mahlzeit" heißt es am Mittwoch im Magistratischen Bezirksamt in der Wiener Wipplingerstraße (Innere Stadt): Bitte warten. Es ist Punkt zwölf Uhr und anstatt die Mittagspause für einen Besuch in der Kantine oder beim Wirten ums Eck zu nützen, zieht es viele ins Amt, um ihre Unterstützungserklärung für das Volksbegehren "Don’t Smoke" abzugeben. "Es ist sehr stressig, eine Pause haben wir nicht. Dass viele Leute unterschreiben werden, habe ich schon gedacht, aber mit so einem Ansturm haben wir nicht gerechnet", sagt Anita Anderl, die mit zwei Kollegen täglich an einem der drei Schalter sitzt. "Wir haben extra einen zweiten Drucker angeschafft", sagt Anderl.

Das von Wiener Ärztekammer und Österreichischer Krebshilfe initiierte Volksbegehren "Don't Smoke" ist bisher von 270.000 Unterstützern unterzeichnet worden. Am Mittwochvormittag seien binnen zwei Stunden mehr als 20.000 Unterschriften gezählt worden, sagte ein Sprecher der Ärztekammer.

"Es ist wichtig, sich auf die Hinterbeine zu stellen und ein Zeichen zu setzen. Beim Nichtraucherschutz geht es um uns alle, vor allem aber um die Zukunft unserer Kinder", sagt Tanja Werkl und schaukelt den Kinderwagen, in dem ihre elf Monate alte Tochter liegt. Sie hofft auf eine große Beteiligung. "Dann kann es von der Politik nicht ignoriert werden."

Anderer Schauplatz: Das Rathaus in Linz. "Schubladisiert kann es jetzt nicht mehr werden", zeigt sich der Linzer Johann Feicht zuversichtlich dass seine Unterstützungserklärung auch politisch ernst genommen wird. Die ganze Familie sei seit Jahren rauchfrei, Lokale die Speisen servieren und das Rauchen zulassen seien für ihn inakzeptabel.

An den acht Schaltern der Servicestelle herrscht ein Kommen und Gehen. Die Erklärungen werden zügig abgearbeitet und Wartezeiten gibt es für die Unterzeichner fast gar nicht. Das sei am Montag ganz anders gewesen, da habe es wegen der Serverprobleme im Ministerium schon zu Verzögerungen bis zu einer Dreiviertelstunde kommen können, schildert Bürgerserviceleiterin Gabriele Ambach.

Verbale Angriffe

Ganz ohne Zwischenfälle verliefen die Unterstützungsabgaben angesichts der Serverausfälle nicht. "Stundenlang konnten wir in den letzten Tagen keine Anträge entgegennehmen, weil das System nicht funktionierte", erklärt Oliver Birbaumer, Leiter der Bezirksämter im 2. und 20. Bezirk. "Für eine Unterstützungserklärung brauchten wir 20 Minuten. Dementsprechend angeheizt war die Stimmung im Wartezimmer". Dies bekamen auch die Sachbearbeiter zu spüren. "Ich wurde teilweise aufs Tiefste verbal angegriffen", erzählt eine Angestellte des Bezirksamts Brigittenau. "Einige verließen wutentbrannt das Gebäude".

Im Normalfall funktioniere der Betrieb ohne Ticketsystem. "Die letzten Tage haben wir es aber wieder aktiviert. Ansonsten wäre es vermutlich zu Streitigkeiten gekommen", meint Birbaumer. "Mittlerweile funktioniert alles wieder wie gewohnt."

Auf der Internetseite da.stinkts.net stellten vier junge IT-Studenten vor acht Jahren ihre Lieblingswirte vor, die damals schon Zigarettenrauch aus ihrer Wirtschaft verbannt hatten. Dass die Plattform, die das Quartett hobbymäßig, aber technisch professionell führt, einmal regelrecht von Gastronomen gestürmt würde, hatte das Quartett aber nicht gedacht. Im Zuge der politischen Diskussion um das Kippen des beschlossenen Nichtrauchergesetzes verdreifachte sich die Zahl der Nichtraucherlokale auf mittlerweile 1948 in ganz Österreich binnen weniger Wochen.

"Eigentlich dachten wir, dass wir die Plattform zusperren können, wenn das neue Gesetz kommt. Jetzt ist das Gegenteil passiert", schildert Bernhard Schenkenfelder aus OÖ. Er ist einer der vier Plattformgründer, die alle mittlerweile in der IT-Branche arbeiten. "Deshalb kostet uns das Warten der Seite nichts. Obwohl es zuletzt doch eine Herausforderung war", erzählt er. Die Anträge der Wirte, in die Plattform aufgenommen zu werden, türmten sich regelrecht. Noch im Dezember waren nur 600 Betreibe aufgelistet. Geld verdienen die vier passionierten Nichtraucher weiterhin nicht mit ihrer Plattform, sagt Schenkenfelder. Dafür würden die Betriebe, die sich auf der Homepage nennen lassen, auch nicht zertifiziert oder überprüft.

Für Mario Pulker, Bundesgremialvorsteher der Gastronomie, ist das Outing der Nichtraucherwirte "eine sehr positive Sache. Damit wird Gästen gezeigt, dass es genügend Alternativen zu Raucherlokalen gibt". Für Landgasthäuser mit Stammtischen sei es aus existenziellen Gründen aber auch wichtig, dass das Rauchen erlaubt bleibe.

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