Schlachthof und Kirche als Corona-Herde
Als in der Vorwoche die ersten Schnelltests durchgeführt wurden, war für den Familienbetrieb Dachsberger in Eggenburg im niederösterreichischen Waldviertel (Bezirk Horn) die Welt noch in Ordnung. „Es gab keinen einzigen positiven Fall“, heißt es aus dem Unternehmen, das laut eigenen Angaben bis zu 5.000 Schweine pro Woche schlachtet.
Am Mittwoch dann ein ganz anderes Bild: Personen in Schutzanzügen gingen über das Firmengelände, das Corona-Virus hatte den Betrieb zum Erliegen gebracht. Wie schon bei Fällen in Deutschland und Oberösterreich wurden nun auch in Niederösterreich Mitarbeiter eines Schlachthofs positiv getestet. 34 Personen sind an Covid-19 erkrankt, 244 in Quarantäne geschickt. Die Zahl könnte sich laut Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig aber weiter erhöhen, denn 40 Testungen waren am Mittwoch noch ausständig.
Keine Symptome
„Wir haben nicht nur im Bereich der Schlachtungen erkrankte Personen, sondern auch in den Büros und sogar in der Geschäftsführung. Die meisten Betroffenen zeigen allerdings zum Glück keine Symptome“, wurde seitens der Firma betont.
Man könne sich auch in Sachen Sicherheit keine Vorwürfe machen, beteuert man. Bereits im vergangenen März sei beim Eingang eine Schleuse installiert und getrennte Eingangs- und Ausgangsbereiche eingeführt worden, Mitarbeiter mussten bereits Schutzmasken tragen, als dies noch nicht Pflicht war. Zudem seien bei den Arbeitern regelmäßig Fiebermessungen durchgeführt worden.
Nach den positiven Fällen in anderen Schlachthöfen habe man sich in den vergangenen Tagen dazu entschlossen, die Mitarbeiter freiwillig über ein Projekt der AGES (Agentur für Ernährungssicherheit) auf Corona testen zu lassen. Dieses wurde vorgezogen, nachdem sich ein Mitarbeiter an die Hotline 1450 gewandt hatte und in weiterer Folge ein positives Testergebnis erhielt.
Betrieb geschlossen
Wie lange der Betrieb, der im Jahr rund 70 Millionen Euro umsetzt, geschlossen bleiben muss, ist ungewiss. „Wir sind natürlich in Kontakt mit den zuständigen Behörden, mehr können wir derzeit noch nicht sagen.“
Unterdessen werden weitere Schlachthöfe in Niederösterreich dem Screening-Programm unterzogen. Bei einem Betrieb im Mostviertel seien keine Verdachtsfälle aufgetaucht, so Königsberger-Ludwig. Zudem wurde einmal mehr darauf hingewiesen, dass die Sicherheit der Konsumenten weiterhin absolut gegeben sei: „Es gibt weltweit keinen einzigen dokumentierten Fall, wo es durch den Verzehr von Lebensmitteln zu einer Übertragung des Virus gekommen ist“, sagte ein AGES-Sprecher zum KURIER.
Gottesdienste abgesagt
Die Gesundheitsbehörden in Niederösterreich beschäftigt unterdessen ein zweiter Corona-Herd. In Umfeld einer Gemeinde der „Pfingstkirche Gemeinde Gottes“ in Wiener Neustadt gab es mit Stand Mittwochnachmittag bereits neun positiv getestete Personen: Rund 270 Kontaktpersonen wurden laut Landessanitätsstab bereits ausgemacht und „abgesondert“, wie es hieß.
Landesrätin Königsberger-Ludwig rechnete schon aufgrund der Kopfzahlen mit weiteren positiv Getesteten aus diesem neuen Cluster. „Aber ich denke, dass wir die Situation gut im Griff haben“, sagte sie dazu am Mittwoch.
Die „Pfingstkirche Gemeinde Gottes“ selbst hat auch schon reagiert: Sie sagte sämtliche Gottesdienste oder Veranstaltungen bis Ende Juli ab. Dies diene „dem Schutz der Mitglieder und zum Hintanhalten einer weiteren Verbreitung der Krankheit“, begründete Pfingstkirchen-Sprecher Ion Paduretu.
Somit gerät die Pfingstkirche erneut ins Blickfeld: Der Linzer Corona-Cluster rund um die Glaubensgemeinschaft umfasst rund 200 Menschen. „Wir sind selbst sehr verwundert, wie das kommen konnte“, betont Paduretu. „Wir halten in unseren Gemeinden die Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen ein.“
"Nicht sehr unterschiedlich zu Katholiken"
Durch die Corona-Clusterbildung in Linzer Gemeinden der „Pfingstkirche Gemeinde Gottes“ wurde diese bisher wohl nur Eingeweihten bekannte religiöse Gruppierung österreichweit interessant - und damit die Frage: Wie laufen Gottesdienste dort ab?
Relativ simpel, antwortet deren Sprecher Ion Paduretu. „Es wird gepredigt, es wird gemeinsam gebetet, es wird gesungen.“ Ein Pastor leite den Gottesdienst, „manchmal tragen Kinder Gedichte vor. Eigentlich ist das nicht sehr unterschiedlich zur katholischen Kirche.“
Die „Pfingstkirche“ hat laut Paduretu 37 Gemeinden in ganz Österreich und 16.200 Mitglieder. „Ich werde jetzt oft gefragt, ob bei uns vielleicht getanzt wird im Gottesdienst“, schildert der Sprecher. „Aber dann sage ich, nein, das gibt es nicht. Unsere Kirche ist da eher konservativ.“
"Sehr verändert seit Corona"
Die meisten Mitglieder hat die „Pfingstkirche“ in Wien, dort gibt es auch die größte Gemeinde mit 3.000 Leuten. Es existieren jedoch auch kleinere mit nur 25 Mitgliedern, das dürfte sich aus der Struktur heraus erklären: Die „Pfingstkirche Gemeinde Gottes“ ist weit verbreitet unter rumänischen Großfamilien. „Auch unsere Gottesdienste haben sich seit Corona sehr verändert“, versichert der Sprecher. „Früher hat man sich mit Handschlag begrüßt, Mitglieder haben sich umarmt. Das gibt es nicht mehr.“
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