Landtagswahl in Salzburg: Für die Grünen gibt es „nur den Plan A“

Astrid Rössler (58) will nach der Wahl Schwarz-Grün II
Spitzenkandidatin Astrid Rössler will weiter mit der ÖVP regieren, obwohl am Sonntag herbe Verluste drohen.

KURIER: Nach den Debakeln bei den Wahlen im Bund und zuletzt in Kärnten: Ist die Wahl in Salzburg am Sonntag eine Schicksalswahl für die Grünen?

Astrid Rössler: Es ist eine Landtagswahl, bei der über Salzburger Themen abgestimmt wird. Wir haben uns in der Regierung sehr bemüht und hoffen, dass das auch belohnt wird.

Was ist Ihr Wahlziel?

Dass wir am Sonntag möglichst viele Stimmen erhalten. Auf eine konkrete Zahl werde ich mich nicht festlegen. Wir wollen weiter regieren bzw. stark vertreten sein, dafür strengen wir uns die nächsten Tage noch an.

Dass die Grünen die 20,2 Prozent der letzten Wahl nicht halten können, gilt als sicher. Wo liegt die Schmerzgrenze, bei der Sie persönliche Konsequenzen ziehen?

Wie schon gesagt: Jetzt sind die Wähler am Zug, unsere Arbeit der letzten fünf Jahre zu bewerten. Dann sehen wir weiter.

Haben Sie einen Plan B?

Nein, jetzt gibt es nur den Plan A. Ich bin Sportlerin, die Ziellinie ist der Sonntag und dann wird man weitersehen.

In der ÖVP gibt es auch Stimmen gegen eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition. Landeshauptmann Haslauer hat gemeint, er verstehe Teile seiner Basis – von „bemerkenswerter Realitätsverweigerung von Lebensumständen“ war die Rede. Fühlen Sie sich angesprochen?

Nein, überhaupt nicht.

Was könnte der Landeshauptmann damit gemeint haben?

Es gibt unterschiedlichste Bewertungen der Zusammenarbeit zwischen ÖVP und Grünen. Wir haben ein gutes Regierungsprogramm gemeinsam sehr gut durchgetragen. Wenn jetzt vor der Wahl ein Rasseln bei der ÖVP entsteht, nehme ich das als Teil des Wahlkampfes wahr.

In welchen Bereichen haben Sie in den vergangenen fünf Jahren mit der ÖVP trotz dieser Kritik Kompromisse zustande gebracht, in denen Sie grüne Inhalte vertreten sehen?

Die Raumordnungs-Novelle war ein großer Wurf. Da hat es Entschlossenheit und Mut gebraucht, um das bis zuletzt durchzutragen.

Inwiefern Mut?

Mut, den Flächenverbrauch anzusprechen. Da geht es ganz klar auch um Spekulationsinteressen. Das passt nicht jedem. Gerade auch bei Grundeigentümern, Immobilienentwicklern und in der Baubranche löst das Sorgen aus, dass jemand in seinen wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt wird. Auf der anderen Seite gibt es das übergeordnete öffentliche Interesse, dass wir mit unserem Boden wesentlich sparsamer umgehen. Das weiß auch die ÖVP, gerade als Vertreterin der Landwirtschaft. Da habe ich hohe Bereitschaft zur sachlichen Auseinandersetzung kennengelernt.

Das neue Raumordnungsgesetzes schreibt auch einen Erweiterungsstopp für Einkaufszentren vor. Was spricht dennoch gegen den Ausbau des Europarks? Dort sind keine Neubauten auf der grünen Wiese geplant.

Dagegen spricht der extrem hohe Verkaufsflächenbestand im Land Salzburg. Bei derart großen Umsätzen im Europark wird es für die kleineren Handelsbetriebe im Flachgau, im Tennengau immer schwieriger, zu überleben.  Es geht um 100 Millionen Euro Umsatz, die diese 11.000 Quadratmeter Mehrfläche des Europarks abziehen würden.

Das Argument, dass der Europark mehr Fläche braucht, um gegen den Online-Handel  zu bestehen, lassen Sie nicht gelten?

Diese Bedingungen haben alle Handelsunternehmen. Da gibt es unterschiedliche Strategien, dagegenzuhalten. Es gibt in Deutschland schon seit Jahren den Trend, dass die Verkaufsflächen zurück gehen. Es geht wesentlich mehr um die Qualität des Einkaufens und nicht nur um Fläche und riesiges Angebot.

Sie wollen die Ortskerne stärken. Mit welchen konkreten Maßnahmen?

Es geht stark darum, dass künftig in Gewerbegebieten nur noch kleine Verkaufsflächen geschaffen werden können und keine großen  Verbrauchermärkte wie bisher. Mit diesem Stopp bekommen alle anderen die Investitionssicherheit im Zentrum. Dann kommt wieder Frequenz in die Orte. Es braucht auch finanzielle Unterstützung, wenn es um den Ankauf von Leerstand und die Entwicklung von Gebäuden geht. Geschäfte und Wohnen müssen wieder besser kombiniert werden. Dafür gibt es  jetzt schon fünf Millionen Euro aus der Wohnbauförderung.

Das Land soll also nicht nur in Bad Gastein als Investor auftreten, sondern auch in Landgemeinden ohne Massentourismus?

Ja, wobei ich es in Gastein für die richtige Maßnahme halte, weil Gastein tatsächlich seit vielen Jahren diese Situation nicht lösen konnte. Ich hoffe, dass sich auch bald ein Interessent findet, der diese drei Objekte dort weiter betreibt. Es wird bei der Ortskernstärkung weitere Maßnahmen brauchen. Man kann auch über Gebührennachlässe seitens Gemeinden für neu angesiedelte Betriebe reden.

Ganz bestimmt erkennbar ist die grüne Handschrift beim umstrittenen Luft-80er auf der Stadtautobahn. Überrascht es Sie, dass der Landeshauptmann Tempo 80 „evaluieren“ und Lkw bremsen will, wenn kein 100er für Autos möglich ist?

Ich war überrascht, weil der Luft-80er wahrscheinlich eine der am besten evaluierten Maßnahmen im ganzen Land ist: Jährlich, monatlich, täglich fast immer. Ich will es nicht verharmlosen, was die Verkehrsdichte betrifft. Es gibt sicher Maßnahmen, an denen man feilen sollte. Alle Verkehrsplaner sagen: Bei einer gemeinsamen Flottengeschwindigkeit von Tempo 80 haben wir die größte Durchflusskapazität. Zur Verbesserung der Sicherheit bräuchte es engere Toleranzen bei der Geschwindigkeitsüberwachung und Abstandsmessungen. Ich habe auch keine Berührungsängste, Dinge auszuprobieren.

Sollten Lkw aus Sicherheitsgründen künftig nur noch 60 statt 80 km/h fahren dürfen, steigt der Schadstoffausstoß. Welche Maßnahmen bräuchte es dann, um die Ziele zu erreichen? Fahrverbote?

Bei dem Abschnitt, über den wir sprechen, würden Fahrverbote vollkommen der Funktion eines hochrangigen Straßennetzes widersprechen. Das ist sinnlos. Wir brauchen für den gesamten Zentralraum einen Qualitätssprung in der Mobilität insgesamt. Der öffentliche Verkehr muss verbessert und die E-Mobilität gefördert werden. Das alleine wird aber nicht reichen. Es wird auch ein geändertes Individualverhalten brauchen, dass Leute eher bereit sind, den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Das Ticketsystem muss komfortabler werden.

In Ihrem Wahlprogramm stellen Sie ein 365-Euro-Ticket in Aussicht. Die „Entwicklung eines 365-Euro-Tickets“ wäre auch im aktuellen Regierungsprogramm verankert gewesen. Warum kostet eine Jahreskarte für das gesamte Bundesland noch immer mehr als 1500 Euro?

Weil wir es finanziell nicht geschafft haben, mit den Begleitmaßnahmen, die es braucht. Es wird eine finanzielle Erhöhung für den öffentlichen Verkehr brauchen, damit wir diese ganzen Projekte auf den Weg bekommen.

Nicht einmal in Tirol haben die Grünen ein 365-Euro-Ticket auf den Weg gebracht, obwohl sie dort das Verkehrsressort besetzen. Wie soll das dann in Salzburg gelingen?

Tirol mit 490 Euro halte ich für einen sehr passablen Preis. Aber es zählt natürlich auch das Angebot, das ich dafür bekomme. Tirol hat mehr Öffi-Kilometer. Wir brauchen auch da eine Verbesserung des Angebots, das wird Geld kosten.

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