Angst um Attraktivität der Altstadt

Getreidegasse Zunftzeichen Bild: Walter Schweinöster
Eine überparteiliche Plattform kämpft gegen die Ausbaupläne von Ikea, Europark & Co

Es hat keinen Sinn mehr. Die Kunden sind überall – nur nicht in der Altstadt“, sagt Monika Brunner, Geschäftsführerin der Hartlauer-Filiale am Ende der Linzer Gasse. Also sperrt sie nun den Betrieb am Samstag schon um 13 Uhr zu – statt wie früher um 17 Uhr. Seit zwei, drei Jahren würden die Umsatzzahlen kontinuierlich zurückgehen, klagt Brunner. „Es stirbt alles aus.“ Schuld daran seien zu wenige und zu teure Parkmöglichkeiten in der Innenstadt – und die Einkaufszentren am Rande der Stadt.

Ob Airportcenter, Europark oder Maximarkt – immer mehr Salzburger erledigen ihre Einkäufe in den Shoppingcentern im Speckgürtel der Landeshauptstadt; dort, wo die Geschäfte gut erreichbar sind und nicht mit veralterter Infrastruktur oder restriktivem Denkmalschutz kämpfen müssen.

"Lebensqualität leidet"

Verlierer dieser Entwicklung sind die Altstadt Salzburgs sowie die Flachgauer Umlandgemeinden. In Seekirchen am Wallersee ging die Anzahl der Geschäfte seit 2005 um 21 Prozent zurück, in Straßwalchen waren es sogar 27 Prozent; das errechneten die Handelsforscher von Cima Austria. „Geschäfte und Dorfwirtshäuser sperren zu, Postämter schließen und Menschen werden zum Pendeln gezwungen. Einkaufszentren beeinträchtigen nachweislich die Lebensqualität“, warnen mehrere Tourismusverbände, Stadtmarketing-Organisationen und Wirtschaftsinitiativen, die sich zur „Plattform gegen Flächenwahn“ zusammengeschlossen haben.

Gemeinsam machen sie gegen die Expansionspläne einiger Einkaufszentren mobil. Denn im Europark will man die Verkaufsfläche um 11.000 Quadratmeter erweitern; Nachbar Ikea möchte 3500 Quadratmeter dazubauen und beim Outletcenter in Wals-Himmelreich sollen 15.000 Quadratmeter hinzukommen. „Dann würde es zwischen der Abfahrt Salzburg-West und Salzburg-Kleßheim auf 2,6 Autobahnkilometern 145.000 Verkaufsfläche geben – drei Mal so viel wie die gesamte Salzburger Altstadt hat“, warnen Geschäftsleute in der City.

Beim Europark teilt man die Bedenken der Plattform nicht, der Ausbau wäre „moderat“, heißt es. „Unser Center ist einer der größten Schätze Salzburgs“, sagt Geschäftsführer Marcus Wild. Man würde 2000 Mitarbeiter beschäftigen und eine unglaubliche Steuerleistung für Land und Stadt leisten.

Tatsächlich ist der Europark in Taxham mit 36.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und 4200 Gratisparkplätzen das größte Einkaufshaus Westösterreichs; im Jahr 2012 steigerte man den Umsatz um 3,4 Prozent auf den Rekordwert von 341 Millionen Euro. 10,5 Millionen Besucher kamen im Vorjahr, um in einem der 130 Geschäfte zu shoppen. „Vor allem die Lage an Autobahn und S-Bahn macht den Standort attraktiv“, sagt Center-Manager Ernst Hofbauer.

Noch ein Grund für die Beliebtheit des Europarks sind die einheitlichen und längeren Öffnungszeiten. In der Altstadt bestimmt jeder Unternehmer selbst, wann er auf- und zusperrt – meistens früher als später. Sogar bei großen Modeketten wie Mango, Bonita oder Benetton in der Getreidegasse ist um 18.30 Uhr Schluss. Im Europark hingegen können Kunden bis 19.30 Uhr und am Freitag bis 21 Uhr einkaufen.

Da hat der Hartlauer am Ende der Linzer Gasse schon seit drei Stunden die Rollläden herunter.

Inga Horny ist Geschäftsführerin des Salzburger Altstadtverbandes. Sie kämpft gegen die Erweiterungspläne der großen Einkaufszentren.

KURIER: Warum gibt es die Plattform gegen Flächenwahn?
Inga Horny: Weil es reicht. Diese Agglomerationen an der grünen Wiese schauen architektonisch aus wie Müll. Wir sind ein Tourismusland und verkaufen unsere schöne Landschaft – und internationale Konzerne verschandeln diese. Dagegen wehren wir uns.

Aber geht’s nicht mehr um wirtschaftliche Aspekte?
Auch. Wir haben jetzt schon mehr Verkaufsfläche als jedes andere europäische Land, wir brauchen keine nochmalige Erweiterung der Shoppingcenter.

Haben Sie Angst, dass Salzburgs Altstadt stirbt?
Es geht nicht um die Altstadt von Salzburg, es geht um Seekirchen, Neumarkt, Straßwalchen, Hallein und Saalfelden. Uns stirbt wegen des Europarks der Einzelhandel nicht weg. Aber es gibt keine Chancengleichheit zwischen den Ortskernen und den Gewerbegebieten auf der grünen Wiese, etwa hinsichtlich Parkplätzen und Erreichbarkeit. Diese Center liegen an der S-Bahn oder an der Autobahn – und müssen nichts dafür zahlen.

Wie könnte eine Chancengleichheit aussehen?
Wir fordern eine Flächenabgabe, mit der die Ortskerne unterstützt werden, um Garagen zu bauen oder Fußgängerzonen zu gestalten. Und wir wollen, dass die Raumordnung zum Bund übergeht. Es kann nicht sein, dass jeder Bürgermeister einer Landgemeinde dem Nachbarort ein Einkaufscenter vor die Nase knallt.

Kommentare