Saisonstart: Viele Motorradfahrer schätzen Unfallgefahren falsch ein

Saisonstart: Viele Motorradfahrer schätzen Unfallgefahren falsch ein
Für die Studie wurden 4000 Biker befragt. Sie unterschätzen das Ortsgebiet, fürchten sich aber vor offenen Autotüren.

85 Motorradfahrer starben im Vorjahr bei Straßen-Unfällen – um zwei mehr als ein Jahr davor. Zu Beginn der neuen Bike-Saison präsentierte der ÖAMTC und die HDI-Versicherung eine Umfrage unter 4000 Zweirad-Fans. Überraschendes Ergebnis: Die individuelle Einschätzung der Unfallgefahren deckt sich wenig bis gar nicht mit der tatsächlichen Unfallstatistik.

Oliver Schmerold, Verbandsdirektor der ÖAMTC erklärt: "Gefährliche Situationen, die laut Statistik häufig zu Unfällen führen, sind zu wenig im Bewusstsein der Biker. Umgekehrt aber fürchten sie sich vor Unfallsituationen, die tatsächlich kaum vorkommen." Ein Klassiker dabei ist die plötzlich geöffnete Autotüre. 54 Prozent der Befragten haben vor diesem Horrorszenario Angst. Bei Motorrädern scheint diese Unfallform aber so gut wie nicht auf.

Dafür unterschätzen die Fahrer die Situationen im Ortsgebiet. Von 2012 bis 2015 kam es hier zu 8464 Unfällen mit Motorrädern. Die Unfälle auf Freilandstraßen beliefen sich auf 7063 (siehe Grafik). Allerdings sind die Unfallfolgen auf offener Fläche wegen der höheren Geschwindigkeit dramatischer. Die Studie zeigte auch auf, dass es keine spezifische Altersgruppe betreffend Unfälle mehr gibt. "Man kann nicht mehr sagen, dass Jung oder Alt die Risikogruppe ist. Biken ist schon lange keine ausschließliche Domäne der Jungen", bestätigt Günther Weiß, Vorstandsvorsitzer der HDI-Versicherung.

Wie sehr Motorradfahrer Unfallsituationen falsch einschätzen zeigt die Analyse. der Umfrage. Nur ein Viertel der Teilnehmer glaubt, dass Kreuzungskollisionen sehr gefährlich sind. "Dabei passiert im Ortsgebiet mehr als jeder dritte Unfall an einer Kreuzung", rechnet Weiß vor: "Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass vor allem Stadtfahrer diese Situation unterschätzen, obwohl sie oft damit konfrontiert sind", sieht Weiß Aufholbedarf bei der Bewusstseinsbildung.

Tempobolzen in Kurven

Als Nummer eins der häufigsten Unfallursachen wurde von den 4000 Befragten nicht angepasste Geschwindigkeit angegeben. 16,7 Prozent aller Bike-Unfälle gehen laut ÖAMTC auf Raserei zurück. Vor allem beim Kurvenfahren mit höherem Tempo besteht bei vielen Bikern ein Defizit. Schwerste Unfälle sind das Ergebnis.

Gefahr Autolenker

Im Sommer 2016 zeigte eine Untersuchung von 101 Motorradunfällen durch das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) eine weitere, wachsende Gefahr für die Zweirad-Freunde. Mehr als ein Viertel (27,7 Prozent) ging auf das Konto von unaufmerksamen bzw. überforderten Pkw- sowie Lkw-Lenkern. Georg Scheiblauer, ÖAMTC-Fahrinstruktor dazu: "Diese Statistik überrascht mich. Man muss mit neuen Strategien die Autolenker erreichen."

Der Gesetzgeber hat bereits seit März 2016 darauf reagiert. Im Theorieteil der Führerscheingruppen A und B wird verstärktes Augenmerk auf tägliche Verkehrs-Situationen gelegt. Ob die Reform greift, werden die Unfallzahlen 2017 zeigen.

  1. Nur fit und voll konzentriert fahren Motorradfahren erfordert höchste Konzentration, nur entsprechend fit und ausgeruht sollte man auf sein Bike steigen. Ablenkungen wie Handy oder Navi können dramatische Auswirkungen haben.
  2. Reserven halten Im Straßenverkehr nie ans Limit gehen – dazu sind Rennstrecken oder Trainingsgelände da. Gegenverkehr, Querverkehr, Rollsplitt in der Kurve oder unerwartete Hindernisse zwingen uns Reserven zu halten, um in kritischen Situationen überhaupt entsprechend reagieren zu können.
  3. Für andere Verkehrs-teilnehmer mitdenken Fehler anderer auszugleichen und defensiv zu fahren bedeutet, für alle anderen entsprechend mitzudenken und heikle Situationen vorauszuahnen. Das ist beim Motorradfahren eine zwingende Notwendigkeit, da es dabei immer um die eigene Haut geht!
  4. Gesehen oder übersehen werden Motorradfahrer werden oft zu spät oder gar nicht wahrgenommen. Gute Beleuchtung, helle Bekleidung (Helm) und "Fahrstreifen behauptendes Fahren" können da helfen. Berechenbar verhalten, nicht hinter Autos unsichtbar werden oder in toten Winkeln aufhalten.
  5. Nie ohne Ausrüstung Helm mit Prüfzeichen, Handschuhe und Stiefel sind das Notwendigste, Motorradjacke und -hose mit Protektoren die einzige "Knautschzone". Leder ist abrieb-, Texilbekleidung dafür wetterfester. Beim Kauf auf Sicherheitsmerkmale achten, etwa bei Hightech-Materialien oder Rückenprotektoren.
  6. Motorrad in technisch gutem Zustand Der richtige Luftdruck, einwandfreie Reifen, eine geschmierte Kette und die einwandfreie Funktion der Beleuchtung müssen laufend vom Fahrer kontrolliert werden. Alles andere sollte man Profis überlassen.
  7. Richtige Blicktechnik Der Richtungsblick, der die Fahrlinie bestimmt, reicht zumindest zwei bis sechs Fahrsekunden voraus. Nach dem Motto: Wohin wir schauen, dorthin fahren wir! Kurze Kontrollblicke auf den Asphalt, den Querverkehr, auf die Armaturen oder in den Rückspiegel "scannen" das restliche Umfeld – dürfen aber nur kurz vom Richtungsblick abschweifen.
  8. Richtige Kurventechnik und Schräglage Kopf in die Kurve drehen, gleichmäßig Gas geben und der Mittellinie fern bleiben – diese Grundsätze garantieren Kurvenspaß. Je nach Radius und Geschwindigkeit "drücken" oder "legen" wir das Motorrad in die Kurve. Beide Fahrstile sind notwendig! Das Drücken für enge Kurvenradien und rasche Ausweichmanöver, das Legen für höhere Geschwindigkeiten und größere Kurvenradien.
  9. Richtige Bremstechnik für heikle Situationen Ob mit ABS gebremst wird oder nicht: Das Beherrschen einer akkuraten Vollbremsung mit kurzem Bremsweg ist eine Grundvoraussetzung für sicheres Fahren – auch auf nasser Fahrbahn! Ein Antiblockiersystem ist auf jeden Fall empfehlenswert. Es verhindert das Blockieren der Räder, also kann man scharf bremsen und die maximale Verzögerung abrufen. Im Regelbereich des ABS ergibt sich der kürzeste Bremsweg. Ohne ABS muss man mit der Vorderradbremse gefühlvoll beginnen und stärker werden (progressiver Bremsverlauf), die Hinterradbremse wird nur gleichmäßig leicht betätigt. Dieser Ablauf erfordert Training!
  10. Training macht Spaß Richtiges Kurvenfahren, Notbremsungen und Ausweichmanöver müssen regelmäßig trainiert werden. Wenn solche Manöver automatisiert sind, hat man deutlich bessere Chancen, um reale Gefahrensituationen zu meistern.

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