Runde zwei für Dschihadisten-Prozess

Runde zwei für Dschihadisten-Prozess
Drei Männer stehen seit Montag wegen „staatsfeindlicher Verbindungen“ in Linz vor Gericht.

Schwer bewaffnete und vermummte Polizisten führen die drei Angeklagten zu ihren Stühlen. Diese dürften noch Redebedarf haben: Zwei tauschen sich aus. „Bist jetzt dann fertig“, fragt ihn einer der Beamten. Schweigen. Bis die Geschworenen hinter den vielen Plexiglasscheiben – fast wie Fische in Aquarien – ihre Plätze einnehmen. Die Verhandlung im Linzer Landesgericht beginnt.

Die drei Angeklagten – mutmaßliche Dschihadisten – sitzen am Montag nicht zum ersten Mal auf der Anklagebank. Bereits Ende 2019 wurden sie am Grazer Landesgericht teilweise rechtskräftig verurteilt, und zwar wegen Verbrechen der terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation sowie staatsfeindlicher Verbindung, teils auch wegen Terrorismusfinanzierung. Die Beschuldigten bekamen Haftstrafen bis zu sieben Jahren.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile teilweise aber wieder auf. Über den Straftatbestand „staatsfeindliche Verbindung“ müsse nochmals verhandelt werden. Eigentlich gegen vier Angeklagte. Der Vereinsobmann beantragte aber Verfahrenshilfe, weshalb sein Fall separat verhandelt wird.

Staat als Götze

Die Anklageschrift ist komplex. „Hier geht es nicht um die Religion Islam. Diese darf jeder frei ausüben. Hier geht es um eine politische Ideologie“, sagt der Staatsanwalt, der seinen Vortrag mit allerhand Hintergrundwissen ausschmückt. Es handle sich um eine Art rechtsradikales Herrenmenschen-System unter Berufung auf den Glauben als absolute Wahrheit. Der Islamische Staat (IS) und die Terrororganisation Jabhat al-Nusra hätten das Ziel eines weltweiten Kalifats mit dem Rechtssystem der Scharia. Ungläubige, die dem nicht folgen, seien wertlos, dürften getötet, beraubt und versklavt werden.

Hauptbeschuldigter ist der Imam, gleichzeitig Gründer und Prediger des Glaubensvereins „Rahmet“. Dem türkischen Staatsbürger wird vorgeworfen junge Männer radikalisiert und für den IS angeworben zu haben – sowohl in Linz als auch in Graz. „Er hat in Österreich die Stellung eines Kommandanten gehabt“, sagt der Staatsanwalt. Wer der Meinung sei, der österreichische Verfassungsstaat sei ein Götze, habe hier nichts verloren.

Der zweite Angeklagte sei der Stellvertreter des Imams gewesen, zudem habe er seinem Bruder – einem Scharfschützen beim IS – ein Zielfernrohr gekauft und geschickt. Der dritte Angeklagte war Vereinsmitglied.

Streitet Vorwürfe ab

Die beiden Verteidiger sehen das ganz anders. „Er hat islamische Rechtswissenschaften in Kairo studiert. Er hat die Rolle eines Wissenden. Wenn Gläubige Fragen haben, bitten sie ihn um Rat“, nimmt er auf den Imam Bezug. Zudem hätten es von mehr als 800 Vorträgen, die der Imam über die Jahre gehalten habe, nur in vier Auffälligkeiten gegeben und diese seien aus dem Kontext gerissen.

Generell bezweifle der Verteidiger , dass der Verein eine „Keimzelle terroristischer Vereinigungen“ sei. „Der Vereinsobmann wurde in Graz vom Vorwurf terroristischer Vereinigung freigesprochen, gleiches gilt für Kassier und Vermieter.“

Schließlich kam auch der Erstangeklagte zu Wort. Er bestritt alle Vorwürfe. Als er erstmals Kenntnis von der Anklage erhielt, habe er lachen müssen, weil sie unglaublich sei. Den IS oder Jabhat al-Nusra lehne er entschieden ab. Ebenso den Anschlag im November in Wien.

Wie lange der Prozess dauert, ist ungewiss. Vorerst sind für diese Woche vier Tage anberaumt. In diesen werden zahlreiche Zeugen zu Wort kommen.

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