Rund 13.000 Schüler besuchen Deutschförderklasse

Illustration zum Thema Schule und Kopftuchverbot
Aktuell 755 Deutschförderklassen in ganz Österreich.

Im Schuljahr 2020/21 haben rund 13.000 Schülerinnen und Schüler eine reine Deutschförderklasse besucht bzw. wurden in ihren regulären Klassen nach dem Lehrplan der Deutschförderklasse unterrichtet. Im aktuellen Schuljahr sind bundesweit 755 separate Deutschförderklassen eingerichtet, mehr als die Hälfte davon in Wien, zeigt die aktuelle Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der FPÖ durch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP).

Die Deutschförderklassen gibt es seit dem Schuljahr 2018/19. Dabei werden Schülerinnen und Schüler, die die Unterrichtssprache nicht gut genug beherrschen und deshalb als außerordentliche Schüler (a.o.) eingestuft werden, bis zu 20 Stunden pro Woche in eigenen Klassen in Deutsch gefördert. Nur Fächer wie Werken, Musik oder Turnen verbringen sie gemeinsam mit ihrer Stammklasse. Separate Klassen werden allerdings erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet, außerdem sind die Deutschförderklassen nur für Kinder der ersten Schulstufe bzw. gerade in Österreich angekommene Quereinsteiger vorgesehen.

Die überwiegende Mehrzahl der Deutschförderklassen ist im laufenden Schuljahr an Volksschulen eingerichtet (641), gefolgt von Mittelschulen (99) und Polytechnischen Schulen (15). 2020/21 wurden laut in der Anfragebeantwortung genannten Daten der Statistik Austria insgesamt 31.688 Kinder und Jugendliche als a.o. Schüler eingestuft, 13.046 (rund 41 Prozent) davon haben eine Deutschförderklasse besucht (und nicht nur einen parallel zum Regelunterricht stattfindenden, weniger umfangreichen Deutschförderkurs). Im Schuljahr 2019/20 gab es 10.814 Deutschförderklassen-Schüler, im ersten Jahrgang 2018/19 waren es 12.250.

Die verhältnismäßig meisten der rund 31.700 ao. Schülerinnen und Schüler haben Türkisch als jene Sprache angegeben, die sie im Alltag vorrangig sprechen (20,8 Prozent), gefolgt von Bosnisch, Kroatisch und Serbisch (BKS, insgesamt 15,7), Rumänisch (10,5) und Arabisch (9,2). Dass Kinder aus türkisch- oder BKS-sprachigen Familien so stark in Deutschförderklassen vertreten sind, obwohl deren Familien vielfach bereits seit mehreren Generationen in Österreich leben und die Kinder häufig den Kindergarten hier besucht haben, führt Germanist Hannes Schweiger von der Universität Wien vor allem auf den Umstand zurück, dass das Bildungssystem der Mehrsprachigkeit und Vielfalt unserer Gesellschaft nicht gerecht werde. Er spricht von struktureller Ausgrenzung, die in den Kindergärten beginne und sich auch in anderen Lebensbereichen widerspiegle.

Für Schweiger wäre die Politik in der Pflicht, grundlegende Änderungen in unseren Bildungsinstitutionen durchzuführen und diese mehrsprachig und inklusiv zu gestalten. Überdies müsste die Zusammenarbeit mit Eltern ernst genommen und auf Augenhöhe gestaltet werden. Derzeit würden die Eltern sich etwa zu Deutschförderklassen und dem Einstufungstest MIKA-D sehr unterschiedlich informiert fühlen, so Schweiger mit Verweis auf eine von ihm durchgeführte Studie. "Das ist sehr abhängig vom Standort, von einzelnen Lehrkräften und von Eltern-Netzwerken. Es wird zu wenig Elternarbeit gemacht und ich sehe hier kaum bildungspolitischen Willen, viel zu investieren." Dieses Defizit beginne bereits bei den Kindergärten, betont Schweiger. Ein positives Beispiel nennt er allerdings auch: Das im vergangenen Frühjahr gestartete Projekt für Videodolmetsch für Kindergärten und Schulen werde sehr positiv erlebt und auch gut angenommen.

Kommentare