Rot-Kreuz-Chef: "Arbeiten nach sechs Monaten"

Rot-Kreuz-Chef: "Arbeiten nach sechs Monaten"
Gerald Schöpfer fordert Verbesserungen für Migranten.

Im Mai 2013 wurde Gerald Schöpfer, 70, zum Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes gewählt. Zuvor war der Wirtschaftshistoriker Chef des steirischen Verbandes, er saß auch für die ÖVP in der Landesregierung.

KURIER: Das Rote Kreuz wird gemeinhin auf die Rettung verkürzt, engagiert sich aber auch in ganz anderen Bereichen. Warum eigentlich?

Rot-Kreuz-Chef: "Arbeiten nach sechs Monaten"
Gerald Schöpfer, Präsident
Gerald Schöpfer:Wir werden als Blaulichtorganisation wahrgenommen, aber wir sind eine humanitäre Organisation und der Menschlichkeit verpflichtet, da ist das also kein Widerspruch. Es ist ganz wichtig, dass man auch an den Rändern der Gesellschaft werkt. Wir machen ja viel in der Unterstützung vonAsylwerbern. Ihnen gegenüber sollte man generell auch eine freundlichere Kultur pflegen.

Daraus folgt, dass dies derzeit nicht so ist.

Im Migrationsbereich ist noch vieles nötig. Man sollte Asylwerbern nach sechs Monaten die Möglichkeit geben, ihre Arbeitskraft einzusetzen. Ich weiß, das hört man nicht gerne. Aber wenn jemand ein halbes Jahr lang nicht arbeiten darf, dann treibt man diese Leute in den Schwarzmarkt, sie verlieren ihre Qualifikationen. Man macht sich ja derzeit nicht einmal die Mühe, zu fragen, welche Qualifikationen haben diese Menschen? Mit dem Begriff Asylant ist der Mensch ja schon in ein Eck gedrängt, das alle anderen Qualifikationen überdeckt.

Rot-Kreuz-Chef: "Arbeiten nach sechs Monaten"
Volksschule Steinfeld, Neunkirchen, Lernhaus, Eröffnungsfest
Sie wurden für fünf Jahre gewählt. Was sind Ihre wichtigstes Vorhaben bis 2018?

Die Lernhäuser (eine Kooperation mit KURIER Aid Austria, Anm. - hier geht's zur Lernhaus-Website) auszubauen, der Bedarf wäre für ganz Österreich da. Wir sind bereits in Wien und Niederösterreich, in Kufstein in Tirol wird im Mai ein Lernhaus eröffnet. Es wäre schön, wenn wir das auch in anderen Bundesländern schaffen. Bildung ist der Hebel, jungen Leuten eine gute Zukunft zu bescheren. Gerade mit den Budgetproblemen im Bildungsbereich wäre das ein Angebot. Bei der Ersten Hilfe wäre es wichtig, sie an Schulen im Unterricht mehr zu verankern. Wie das technisch gehen könnte, ist offen.

Wie sieht es mit den Finanzen des Roten Kreuz aus?

Wir haben österreichweit 588 Millionen Euro im Budget, 2012 kamen davon 59 Millionen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Problematisch sind sicher die Rettungsdienste, die Tarife sind da nichts, wo man viel verdienen kann. Ohne Quersubventionierung wäre das durchaus problematisch. Vor allem in der Steiermark ist da viel aus anderen Töpfen hinein geflossen. Ich hab’ manchmal das Gefühl, die Freiwilligkeit wird von Organisationen ausgenützt, die es sich leisten könnten, Marktpreise zu zahlen.

Wie bewerten Sie das österreichische Gesundheitssystem?

Man sollte Parallelstrukturen beseitigen. Im Sozialversicherungssystem gibt es Möglichkeiten. Die Zahlungen sind einheitlich, aber die Leistung ist von Land zu Land unterschiedlich. Warum gibt es bei der Gebietskrankenkasse neun unterschiedliche Tarifsysteme? Warum muss man neun Mal verhandeln? Das sind die Geheimnisse des österreichischen Föderalismus.

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