Wenn am heutigen Sonntag rund 535.000 Tiroler und Tirolerinnen zur Wahl gerufen sind, dann blickt ganz Österreich darauf, wie das Ergebnis am Ende ausfallen wird. Es ist der erste große Urnengang nach dem Rückktritt von Sebastian Kurz, unter dem die ÖVP eine Serie von Wahlerfolgen gefeiert hatte - so auch 2018 in Tirol.
Es ist aber auch die erste Wahl nach dem Lockdown für Ungeimpfte und der später wieder abgeschafften Einführung der Impfpflicht, sowie dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der darauf folgenden Teuerungswelle.
Stimmungstest
Aus diesen Gründen gilt die vorgezogene Tiroler Landtagswahl als großer Stimmungstest - sei es für die Bundesparteien, aber auch für deren Landesorganisationen in jenen Bundesländern, die 2023 ebenfalls wählen. Das sind neben dem SPÖ-geführten Kärnten zwei schwarze Kernländer, wie Tirol eines ist: Niederösterreich und Salzburg. Sie alle haben zuletzt 2018 gewählt.
Die ÖVP Niederösterreich fuhr damals (Jänner 2018) zwar ein leichtes Minus ein, konnte aber beim ersten Antreten von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihre absolute Mehrheit an Mandaten verteidigen. Ein Monat später legte die ÖVP von Landeshauptmann Günther Platter dann um fast fünf Prozentpunkte auf 44,3 Prozent zu.
In Kärnten blieb die ÖVP im März darauf klar hinter der SPÖ auf Platz zwei, legte aber um 6,1 Prozent zu. Deutliche Gewinne (+8,8 Prozent) erzielten die Schwarzen dann mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer im April, der sich über 37,8 Prozent freuen konnte.
Tiroler Ausgangslage
In Tirol steht die Landespolitik vor einer vollkommenen Neuaufstellung der Machtverhältnisse. VP-Landeshauptmann Günther Platter zieht sich 14 Jahre nach Amtsantritt zurück. 2013 hatte er die Grünen in die Landesregierung geholt. Ingrid Felipe, seine grüne LH-Stellvertreterin, geht nach der Wahl ebenfalls in Polit-Pension.
Für die ÖVP soll Spitzenkandidat und Platter-Nachfolger an der Parteispitze Anton Mattle die Kohlen für die im Umfragetief liegende Volkspartei holen. Von den 44,3 Prozent im Jahr 2018 könnte es für die Partei, die seit 1945 den Landeshauptmann stellt, Richtung 30 Prozent oder noch weiter nach unten gehen.
Die Grünen landeten 2018 bei 10,7 Prozent und werden nun erstmals von Klubobmann Gebi Mair in die Wahl geführt. Ob sich nach dem Wahlsonntag noch eine Regierungsbeteiligung ausgeht, ist nicht nur vom eigenen Ergebnis abhängig, sondern auch von den Mandatsverschiebungen insgesamt. Mair kann sich eine Dreier-Koalition mit der ÖVP oder aber auch eine Vierer-Koalition ohne die ÖVP vorstellen.
Die SPÖ von Georg Dornauer versucht nicht nur Platz zwei (2018 mit 17,3 Prozent) gegen die FPÖ zu verteidigen, sondern will laut ihrem Chef "deutliche Zugewinne" auf über 20 Prozent kommen. Dornauer hat im Wahlkampf alles auf eine Neuauflage von Schwarz-Rot ausgerichtet. Ob sich so eine Zweier-Variante überhaupt ausgeht, ist ebenfalls unklar.
Markus Abwerzger hofft mit seiner FPÖ möglicherweise sogar die 20-Prozent-Marke zu überspringen, was gleichbedeutend mit dem historisch besten Ergebnis wäre. Alle Landtagsparteien haben eine Koalition mit den Freiheitlichen ausgeschlossen. Ob das auch nach dem Wahlabend so bleibt, wird sich zeigen. 2018 hatte die FPÖ mit 15,5 Prozent Platz drei erreicht.
Die Liste Fritz sitzt seit ihrem ersten Einzug unter VP-Rebell Fritz Dinkhauser im Jahr 2008 im Landtag. Seine Nachfolgerin an der Parteispitze, Andrea Haselwanter-Schneider, kann sich Hoffnungen auf Zugwinne machen. 2008 mit 18,4 Prozent gestartet, folgten zwei Wahlen mit jeweils knapp über fünf Prozent.
Für Dominik Oberhofer ging es 2018 mit den von ihm in Tirol mitgegründeten Neos auf Anhieb in den Landtag. Es reichte für knapp über fünf Prozent und zwei Mandate. Obherofers Ziel sind vier Mandate und eine Regierungsbeteiligung. Die ist nur im Falle einer Dreier-Koalition realistisch. Eine Zusammenarbeit kann sich der Neos-Spitzekandidat mit allen Landtagsparteien außer der FPÖ vorstellen.
Landesweit steht erstmals auch die impfkritische und von Elfriede Hörtnagl-Zofall angeführte MFG auf dem Stimmzettel. In einzelnen Bezirken treten zudem die KPÖ und die Liste "Mach mit" an.
Kommentare