Blockade bröckelt: Wien und Kärnten wollen EU-Renaturierungsgesetz
Die bisherige Blockade der Bundesländer bezüglich des europäischen Renaturierungsgesetzes beginnt langsam zu bröckeln. Bis dato blockierten die Landeshauptleute einstimmig - nun ändern Wien und Kärnten den Kurs.
Das Gesetz soll dafür sorgen, dass Wälder, Flüsse und Moore im europäischen Raum verstärkt geschützt bzw. wiederhergestellt werden. Bei der Renaturierung geht es nicht ausschließlich darum, dass Gebiete in ihren natürlichen Zustand zurückgebaut werden. Viel mehr geht es um eine naturnähere Gestaltung, um das Vernichten von ganzen Ökosystemen aufzuhalten.
Von Seiten Österreichs gibt es dazu wenig Zustimmung: Die Regierungspartei ÖVP zeigt eine ablehnende Haltung zum EU-Naturschutzvorhaben. Auch die Landeshauptleute haben sich bisher einstimmig dagegen ausgesprochen.
Das wirkte sich auf die EU-Politik des ganzen Landes aus, denn Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) musste sich deshalb in der EU-Abstimmung zum Gesetz der Stimme enthalten. Dabei hätte Österreich nach einem "Nein" von Ungarn die entscheidende Stimme für das EU-Gesetz sein können.
Wien und Kärnten ändern Kurs
Es würde eine positive Stimme aus den Ländern reichen, damit Gewessler zustimmen kann. Und nun könnte es gleich zwei davon geben: Die beiden SPÖ-Landeshauptmänner Michael Ludwig (Wien) und Peter Kaiser (Kärnten) wollen ihr Nein noch einmal überdenken. Das geht aus einem gemeinsamen Schreiben an Niederösterreichs Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hervor.
Mikl-Leitner steht aktuell der Landeshauptleutekonferenz vor. In dem Brief ersuchen Wien und Kärnten die Vorsitzende der LH-Konferenz, eine Sitzung einzuberufen.
Nach Änderungen bereit für ein "Ja"
"Die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt und intakten Natur für unsere Kinder und nachkommende Generationen sowie notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz sind uns als Verfasser dieses Briefs wie auch als Landeshauptleute insgesamt ein Herzensanliegen", heißt es in dem Brief von Kaiser und Ludwig.
Ausschlaggebend für den Sinneswandel sollen Änderungen und Entschärfungen beim geplanten EU-Renaturierungsvorhaben sein, wodurch "etliche Bedenken der Länder gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag zerstreut werden" konnten.
Bund müsse finanzielle Mittel bereitstellen
Eine Bedingung für ein "Ja" gibt es: Der Bund müsse "ausreichend finanzielle Mittel" zur Verfügung stellen, sagt Wiens Bürgermeister Ludwig auf Standard-Nachfrage.
Zustimmung dafür gibt es von Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky: „Wir fordern nun den Bund auf, dafür Sorge zu tragen, dass sowohl seitens der Europäischen Kommission als auch seitens des Bundes ausreichend finanzielle Mittel für die Umsetzung der Verordnung über die Wiederherstellung der Natur bereitgestellt werden.“
Gewessler hofft auf Zustimmung
In einer Stellungnahme bezeichnet Umweltministerin Gewessler die Initiative der beiden Bundesländer als "sehr vernünftig".
"Ich werde Landeshauptmann Ludwig und Landeshauptmann Kaiser nun rasch um Klarstellung bitten, ob die Bundesländer Wien und Kärnten ihre Ablehnung hiermit aufheben und eine österreichische Zustimmung möglich machen", sagt Gewessler weiter.
Ist die Entscheidung der Bundesländer nämlich nicht einstimmig, wäre eine Zustimmung Gewesslers zum EU-Gesetz möglich.
Mikl-Leitner: "EU denkt in falsche Richtung"
Aus dem Antwortschreiben von Landeshauptfrau Mikl-Leitner geht hervor, dass die Bedenken gegen die EU-Maßnahmen nach wie vor aufrecht seien. Etliche Bedenken gebe es demnach bezüglich der Landwirtschaft. "Bei den Renaturierungs-Plänen denkt die EU daher leider in die falsche Richtung", heißt es in dem Brief, der dem KURIER vorliegt. "Ein breiter Konsens ist mir allerdings ein ganz großes Anliegen, daher werde ich Niederösterreichs Landesamtsdirektor beauftragen hier nochmals die Beratungen mit seinen Amtskollegen in den Bundesländern aufzunehmen."
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