Rekordhäftling fordert Heimopferrente ein

Rekordhäftling fordert Heimopferrente ein
Juan Carlos Chmelir wurde als Jugendlicher misshandelt - doch Geld gibt es nur in Freiheit

Er ist ein verurteilter Raubmörder und Geiselnehmer, sitzt seit fast 50 Jahren in Haft und beschäftigt sogar hinter Gittern die Justiz – konkret den Verfassungsgerichtshof. „Rekordhäftling“ Juan Carlos Chmelir, der sich aktuell in der Justizanstalt Graz-Karlau befindet, ist ein anerkanntes Heimopfer. Entsprechend steht ihm eine Heimopferrente in Höhe von 300 Euro monatlich zu. Allerdings mit einem Haken. Denn: So lange er eine Freiheitsstrafe verbüßt, wird das Geld nicht ausgezahlt. Dagegen wehrt sich der 68-Jährige.

Tritte und Prügel

Rekordhäftling fordert Heimopferrente ein

Dass Chmelir als Jugendlicher in Heimen misshandelt wurde, ist unstrittig – entsprechend wurde ihm auch die Heimopferrente im Vorjahr zugesprochen. Geld hat er bisher aber keines gesehen. Das kann er nicht verstehen. „Ob ich gegenwärtig eine Haftstrafe verbüße oder nicht, hebt die negativen Ereignisse der Vergangenheit keineswegs auf“, meint der Langzeit-Häftling. Zwischen 1962 und 1966 war Chmelir in staatlichen Heimen untergebracht – unter anderem in Judenau, Eggenburg und im Wiener Lindenhof. Dort beschimpfte man den Sohn uruguayischer Einwanderer als „dreckigen Ausländer“. In Aktenvermerken von damals sind Verletzungen dokumentiert – ebenso wie ein Ausreissversuch, um Ohrfeigen, Fußtritten und Prügel zu entgehen. „Diese gewalttätige Erziehung und Behandlung hat mein ganzes Leben und meine Zukunft beeinflusst. Damals war ich nicht Täter, sondern Opfer.“ Und mit diesem Schicksal war er nicht allein. „Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass die Gefängnisse insbesondere in den 1960er- bis 1980er-Jahren von verzweifelten und leidenden Heimopferkindern vollgefüllt waren, die oft nur wegen geringer Straftaten rigoros bestraft wurden und in den Zuchthäusern fortgesetzt misshandelt wurden, anstatt psychologische oder therapeutische Hilfe zu bekommen.“

Entsprechend sieht er die Heimopferrente als Schmerzensgeld. Und das müsse unabhängig von seinem Gefängnisaufenthalt ausgezahlt werden. Chmelir fordert deshalb den Verfassungsgerichtshof auf, die Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.

Wie berichtet, könnte Chmelir in absehbarer Zeit bedingt entlassen werden. Er hat bereit mehrere Ausgänge in Kaffeehäuser und Pizzerien in Graz absolviert. Gutachter hatten ihm ein Abklingen seiner Persönlichkeitsstörung und eine positive Entwicklung attestiert.

Kommentare