Ragweed und Götterbaum: Die Feinde am Straßenrand
2.249 Kilometer umfasst das mit einer Maut belegte Streckennetz der Asfinag – und damit auch jede Menge Grünflächen entlang der Straßen, die gepflegt werden wollen. Mit bloßem Mähen ist es dabei nicht getan. Sogenannte invasive Neophyten, also nicht heimische, aber dafür umso hartnäckigere Pflanzen, machen den Asfinag-Mitarbeitern seit Jahren das Leben schwer.
Das Problem bei der Wurzel packen
Ganz oben auf ihrer „Watchlist“ stehen dabei der Götterbaum mit seinem robusten Wurzelwerk, das hochallergene Ragweed oder auch der Staudenknöterich, der ein wahrer Überlebenskünstler ist. Bald sollen die Asfinag-Mitarbeiter jedoch tatkräftige Unterstützung bei ihrem Kampf gegen die Neophyten erhalten: Gemeinsam mit dem niederösterreichischen Start-up-Unternehmen „micromacro“ testet die Asfinag eine Künstliche Intelligenz (KI), die die Pflanzen schon erkennen soll, wenn sie noch ganz klein sind.
„Die Grundidee war, dass wir etwas für mehr Biodiversität tun wollten“, erzählt Peter Comhaire aus dem Bezirk Gänserndorf, einer der Entwickler der KI. Mit der Asfinag fand man den idealen Partner, um das Projekt voranzutreiben. Denn eine KI wird nicht wie ein Computerprogramm programmiert, sondern „lernt“ anhand von Beispielen, in diesem Fall von Bildern der Neophyten.
Die KI muss die feindlichen Pflanzen erst kennenlernen. Sowie etwa Ragweed: ca. seit 1910 hier, stammt aus Nordamerika und ist hochallergen.
Eschenahorn: seit 1688, aus Nordamerika, verdrängt heimische Bäume
Götterbaum: seit 1740, aus China, bricht Asphalt auf
Springkraut: seit 1839, aus Indien, wächst unaufhaltsam
Goldrute: seit 1648, aus Nordamerika, dominant
Robinie: seit 1601, aus Nordamerika, hochgiftig
Bärenklau: seit 1885, aus dem Kaukasus, führt zu Verbrennungen
Seidenpflanze: seit 1629, aus Nordamerika, wuchert aus
Greiskraut: ca. seit 1850, aus Afrika, giftig
Knöterich: seit 1825, aus Japan, verbreitet sich rasant
Die Asfinag hat Tausende Fotos von Pflanzen aufgenommen, die Experten von „micromacro“ haben in diesen Bildern die Neophyten markiert. „Dann wurde die KI so trainiert, dass sie die gesuchten Pflanzen erkennt, und andere, nicht relevante Dinge ignoriert“, erklärt Nikolaus Kasper, Experte der Asfinag. Der Straßenerhalter verzichtet seit Jahren freiwillig auf Herbizide, daher müssen die Mitarbeiter genau wissen, welche Pflanze wo zu finden ist. Je nach Art ist die Bekämpfung dann unterschiedlich, zumeist wird den Neophyten aber mit Muskelkraft zu Leibe gerückt.
Ständige Überwachung
Zukünftig soll die KI die unerwünschten Pflanzen ausfindig machen. Dafür werden die Straßendienstfahrzeuge mit speziellen Kameras ausgerüstet, die den Straßenrand filmen, die Neophyten erkennen und deren Standort dokumentieren.
In Sachen Datenschutz muss man sich dabei keine Sorgen machen; die KI erkennt Autos und Personen nicht, sie ist ganz auf die Pflanzen konzentriert. „Unsere Mitarbeiter können mit dieser Information die Arbeit besser planen, Fundstellen gezielt mit der richtigen Ausrüstung anfahren und notwendige Fahrstreifensperren so kurz und gering wie möglich halten“, sagt Kasper. Das kommt nicht nur den Lenkern zugute, sondern und auch der Sicherheit der Asfinag-Mitarbeiter.
Sparpotenzial
Noch wird die KI nur auf ausgewählten Abschnitten des Streckennetzes eingesetzt. Sobald sie ausgereift ist, soll sie jedoch in ganz Österreich verwendet werden. „Das bringt der Asfinag auch wirtschaftliche Vorteile“, weiß Comhaire. Denn je größer eine Pflanze gewachsen ist, desto kostspieliger ist eine Entfernung. Zudem kostet jede Straßensperre und Sanierung Geld. Ganz zu schweigen davon, dass einige Neophyten auch eine Gefahr für die Gesundheit der Mitarbeiter darstellen.
Bis die KI jedoch optimal greifen kann, braucht es Zeit. Nicht nur, weil das Bildmaterial eingespeist werden muss, sondern auch, weil die Neophyten zuerst soweit bekämpft werden müssen, bis tatsächlich nur noch kleine Pflanzen zu entfernen sind.
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