Prügelattacke von Bikern reißt alte Gräben auf

Über schmale Steige auf vollgefederten Bikes ins Tal: Die Nordkette oberhalb von Innsbruck ist ein Hotspot der Downhillszene
Downhillbiken boomt. In den Bergen rund um Innsbruck nehmen indes die Konflikte mit Wanderern zu. Am Samstag kam es zu einer Prügelei.

Von den Tätern fehlt nach wie vor jede Spur. Doch die brutale Attacke von drei Mountainbikern, von denen mindestens zwei wegen ihrer Ausrüstung der Downhill-Szene zugerechnet werden, auf eine Gruppe von Wanderern unterhalb der Rumer Alm bei Innsbruck sorgt weiter für Gesprächsstoff. "Das ist eine Wahnsinnstat, die absolut zu verurteilen ist. Und die färbt leider negativ auf die Szene ab", sagt Doris Grogger von der Innsbrucker Firma Trailsolutions, die Abfahrtsstrecken plant und baut.

Schon jetzt sei es enorm schwierig, legale Wege für die boomende Sportart zu finden, bei der das Abfahren über schmale Steige abseits von Forstwegen mit dem Rad im Fokus steht. "Durch so eine Tat wird es noch schwieriger", befürchtet Grogger, deren Unternehmen auch das Downhill-Rennen auf der Innsbrucker Nordkette organisiert. Konflikte zwischen Bikern und Wanderern gäbe es in Tirol immer wieder: "Aber so etwas Extremes hatten wir noch nie."

Samstag geriet eine Gruppe Einheimischer, wie berichtet, auf einem Forstweg mit einem Mountainbiker in Streit, weil der mit hoher Geschwindigkeit an ihnen vorbei talwärts gerauscht war. Der Biker nahm einen 58-Jährigen in den Würgegriff und lauerte der Gruppe weiter unten noch einmal mit zwei Rad-Kollegen auf. Der 58-Jährige wurde zu Boden gerissen, mit Fußtritten traktiert und bekam mehrere Schläge mit dem Vollvisierhelm eines Angreifers auf den Kopf verpasst. Die Frau des Opfers erhielt einen Hieb in den Magen, als sie ihrem Mann zu Hilfe eilen wollte. Bei den Tätern dürfte es sich um Deutsche im Alter von etwa 25 Jahren handeln.

Über jeden Steig

"Die Beschreibungen sind dürftig. Zwei der Angreifer hatten ihre Helme auf", sagt Roland Peer vom Polizeiposten Rum. Er hat beobachtet, dass sich in dem Gelände oberhalb der Nachbargemeinde von Innsbruck zunehmend Downhiller tummeln. "Sie fahren überall, wo ein Steig zu finden ist." Das ist verboten. Genauso wie das Mountainbiken auf Forststraßen abseits genehmigter Strecken. Diese Wege per Gesetz freizugeben fordern derzeit ja unter anderem die Naturfreunde. Dieter Stöhr von der Forstabteilung des Landes Tirol fühlt sich indes an alte Zeiten erinnert, als das Radfahren am Berg seinen ersten Boom erlebte. Im Rahmen des von ihm verantwortete Mountainbike-Modells Tirol wurden in den vergangenen 15 Jahren 5500 Kilometer genehmigte Strecken mit Wegebesitzern ausverhandelt. Das half, Konflikte zwischen Wanderern und Bikern zu entschärfen.

"Doch das Radfahren hat sich weiterentwickelt", sagt Stöhr. Es gebe immer mehr Bike-Modelle, die Geländeabfahrten ermöglichen. "Jetzt gehen die Emotionen wieder hoch." Und um die in den Griff zu bekommen, müssten mehr Downhillstrecken errichtet werden. So müssten Wanderer und Downhillbiker getrennt werden. Für die Schaffung sogenannter Singletrails hat die Tiroler Landesregierung zuletzt weitere Mittel zur Verfügung bereit gestellt. Handlungsbedarf gibt es vor allem rund um die Landeshauptstadt. Das Angebot an Singletrails gilt unter Experten im Verhältnis zur Zahl der Sportler als zu klein. Der Tiroler Rad-Frieden ist bedroht.

Kommentare