Warum Wiens Bevölkerung bald länger gesund leben könnte

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Im Herbst soll die Entscheidung für ein Darmkrebs-Screening-Programm fallen, das an „Alles gurgelt“ erinnert; eine Studie soll Früherkennung auf ein neues Level heben.

Wien soll Präventionshauptstadt werden. Das kündigte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Wahlkampf an. Der Grund liegt auf der Hand: Durch Gesundheitsvorsorge kann man Einzelnen ein schweres Schicksal ersparen und gleichzeitig das Gesundheitssystem entlasten, wenn möglichst viele Menschen möglichst lange gesund leben können.

Derzeit sind darum zwei Großprojekte in der Pipeline.

Wie berichtet, soll ein großes Darmkrebs-Screening-Programm auf ganz Wien ausgerollt werden. Noch läuft das Vergabeverfahren und derzeit werden die Angebote gesichtet, wie es im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker heißt. Die genaue Ausgestaltung hängt vom Bestbieter ab, bei der Ausschreibung kann man aber Ähnlichkeiten zum „Alles gurgelt“-Modell, das während der Corona-Pandemie zum Einsatz gekommen ist, erkennen. Wer den Zuschlag erhält, ist neben der Durchführung des Screenings auch für die Bereitstellung für Testkits, die Logistikleistungen und die Laboranalysen zuständig. Sprich: Ein Stuhltest für Zuhause, der in ein Labor geschickt wird.

Zu sorgen ist zudem für telemedizinische Beratung beziehungsweise für eine Schnittstelle zur Nachfolgeuntersuchung oder zur Terminkoordination für eine Koloskopie, wenn jemand positiv getestet wird.

Nicht zu vergessen: Ein Kommunikationskonzept muss ebenfalls vorgelegt werden. Es ist noch unklar, ob der aufgelegte Name „Alles kackt“ im Rennen ist.

Vergabe läuft

Laut KURIER-Informationen sind derzeit Experten aus der Wissenschaft, die schon bei „Alles gurgelt“ beraten haben, eingebunden. Ob das auch zukünftig so bleibt, kann man im Hacker-Büro nicht beantworten, da das vom Sieger-Angebot abhänge. Die Entscheidung dafür soll jedenfalls bis Anfang Herbst fallen.

Sobald die Vergabeentscheidung erfolgt ist, kann von jedem Bieter, der nicht der Erstgereihte ist, beeinsprucht werden. Das Darmkrebs-Screening hat schließlich schon zuvor die Gerichte beschäftigt. Die Wiener Ärztekammer hat gegen das Früherkennungsprogramm mobil gemacht, mit dem Argument, dass die Stadt Wien solche ärztlichen Leistungen nicht ausschreiben dürfe.

Sollte es keine weiteren Komplikationen geben, soll die Ausrollung laut Gesundheitsstadtrat jedenfalls mit Beginn nächsten Jahres erfolgen.

Länger gesund leben

Das zweite Großprojekt ist noch nicht ganz so weit fortgeschritten: Das Vienna Prevention Project (ViPP). Bürgermeister Ludwig hat im April eine groß angelegte Studie angekündigt. 20.000 Wienerinnen und Wiener sollen dabei regelmäßig untersucht werden. Das Ziel ist, individuelle Unterschiede in der Entstehung verschiedener Erkrankungen und deren Zusammenhänge verstehen. Dadurch soll erkannt werden, welche Therapie für welche Patienten wirksam ist und welche präventiven Maßnahmen wirksam sind. Auch hier sind mehr gesunde Lebensjahre für die Wienerinnen und Wiener das Ziel.

Die Stadt Wien und die Medizinische Universität Wien haben bereits einen „Letter of Intent“ unterzeichnet, um ihre Zusammenarbeit zu besiegeln.

Derzeit werde gerade das Studienprotokoll ausgearbeitet, sagt Eva Schernhammer von der MedUni Wien. Die konkrete Ausgestaltung sei noch nicht klar, da einiges auch pilotgetestet werde.

Geplant sei, die Studienteilnehmer aus der Wiener Bevölkerung auszuwählen, möglicherweise eine Mischung aus Gemeindebediensteten der Stadt Wien und der Allgemeinbevölkerung. Derzeit ist ein Altersradius von 18 bis 58 Jahren angedacht, aber auch das ist noch nicht in Stein gemeißelt.

Abgesehen von positiven gesundheitsökonomischen Effekten, wird das ViPP–Projekt wohl auch auf dem internationalen Medizinparkett viel beachtet werden. Es unterscheidet sich von anderen internationalen Projekten insofern, „dass es die Wiener Bevölkerung mittels umfangreicher bildgebender und klinischer Verfahren in bisher nicht da gewesenem Detail untersuchen wird“, erklärt Schernhammer. Dadurch soll die Frage beantwortet werden, ob durch engmaschige und umfassende präventivmedizinische Maßnahmen die gesunden Lebensjahre positiv beeinflusst werden können.

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