Es war ein Pilotprojekt für pflegende Angehörige von beeinträchtigten minderjährigen Personen, das 2021 von der damaligen, oberösterreichischen SPÖ-Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer für ein Jahr gestartet wurde.
18 Interessierte nahmen daran teil, sie erhielten ein befristetes Angestelltenverhältnis für 25 bis 30 Wochenstunden, samt Entlohnung nach dem Kollektivvertrag Sozialwirtschaft, was einem monatlichen Bruttogehalt von 1.965,70 Euro entsprochen habe. Als finanzieller Beitrag zur Betreuung werden 50 Prozent des Pflegegeldes eingehoben, hieß es damals.
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Nach den Landtagswahlen in Oberösterreich ist die Zuständigkeit zur ÖVP gewandert, aus dem Büro des zuständigen Landesrats Wolfgang Hattmannsdorfer hieß es, dass derzeit noch 15 Personen beim Pilotprojekt dabei seien, es aber keine Neuaufnahmen mehr gebe: „Man ist damals von einer hohen Anzahl an Interessierten ausgegangen“, sagte ein Sprecher von Hattmannsdorfer.
Das sei aber nicht eingetroffen. Insgesamt waren lediglich 18 Personen in dem Zeitraum angestellt worden: „Da es keine Resonanz gegeben hat, wird das Projekt eingestellt.“ Jene Personen, die aktuell angestellt sind, können das bis zum 18. Geburtstag der pflegebedürftigen Person auch bleiben, versicherte man.
Besseres Ergebnis durch vorhandene Möglichkeiten
Außerdem sei man im Zuge der Evaluierung mit Betroffenen in Sachen Finanzierung der Pflege als Angehörige zu der Erkenntnis gelangt, dass die vorhandenen Maßnahmen und Unterstützungsleistungen für die Angehörigen zu einem besseren Ergebnis führen würden.
Dazu zählen bundesweite Maßnahmen, wie der Pflegebonus für Angehörige (1.500 Euro pro Jahr) ebenso wie Zuschüsse zur 24-Stunden-Betreuung. Darüber hinaus setze man im Land Oberösterreich auch auf „Angehörigen-Entlastungsdienste“, wie Kurzzeit-Pflege für Urlaube, Einzelstunden und vor allem auch auf mentale Unterstützung durch Beratungs- und Betreuungsstellen.
Graz nimmt sich das Burgenland als Vorbild
In der Steiermark geht man einen anderen Weg. „Ohne die Pflege durch Angehörige würde unser System zusammenbrechen“, überlegte die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus, gleichzeitig auch SPÖ-Stadtparteiobfrau in Graz. Aus diesem Grund schaute sich die Grazer Regierungskoalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ jetzt ein Modell aus dem Burgenland ab, wo seit beinahe vier Jahren pflegende Angehörige über die Pflegeservice GmbH vom Land angestellt und so finanziell abgesichert werden.
700.000 Euro investiert die Stadt in das Projekt, das ab Jänner umgesetzt werden soll und vorerst auf ein Jahr befristet ist. Damit sind 15 Anstellungen möglich. „Das Modell ist ein erster wichtiger Schritt zur Absicherung von Personen, die für die Pflege ihrer Angehörigen physisch und psychisch an die Grenze gehen“, begründete Sozialstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) vor Kurzem, weshalb die Stadt die burgenländische Idee aufgreift. „Wir nehmen ihnen zumindest ihre finanziellen Sorgen.“
Laut Statistik werden 80 Prozent aller Pflegebedürftigen von Angehörigen unterstützt, meist Frauen. „Sie hängen aber sozial komplett in der Luft“, merkte Soziallandesrätin Kampus bei der Vorstellung des Grazer Modells an. Es gilt in den Pflegestufen drei, vier und fünf, davon ist auch das Entgelt abhängig.
Wer beispielsweise ein Familienmitglied betreut, das in Pflegestufe fünf ist, erhält bei einer Vollzeitanstellung rund 2.000 Euro netto.
Das Pflegegeld der betreuten Person wird im Gegenzug um bis zu 50 Prozent reduziert. Die Anstellungen laufen über eine Leasingfirma, wer nicht schon aus dem Pflegeberuf kommt, muss eine verpflichtende Schulung absolvieren. Zudem können nur nahe Verwandte das Modell in Anspruch nehmen: Ehepartner, Kinder, Onkel oder Tanten sowie Nichten und Neffen.
284 Angehörige angestellt
Im Burgenland wurden seit der Einführung im November 2019 bislang 467 Angehörige angestellt, mit Stand 1. Oktober sind 284 Anstellungen aufrecht. Mit Jänner geht man noch einen Schritt weiter und lässt neben den Verwandten auch pflegende Nachbarn oder Freunde zu.
In Salzburg wird hingegen niemand angestellt. Aus dem Büro von FPÖ-Soziallandesrat Christian Pewny hieß es auf Anfrage gegenüber der APA, das Schwergewicht liege auf der Überarbeitung des Pflegegesetzes.
In Kärnten hat man die Idee einer Anstellung von pflegenden Angehörigen zwar überprüft, aber nicht umgesetzt. Dafür sei im Dezember 2022 die Höhe der Selbstbehalte für Mobile Dienste um ein Drittel gesenkt worden.
In Tirol war laut APA eine Anstellung pflegender Angehöriger nicht abzusehen. Während sich Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) zum Amtsantritt noch offen für das burgenländische Modell gezeigt hatte, erteilte sie einer Umsetzung in naher Zukunft nun eine Absage.
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