"Phönix Task Force": Wenn eine Trennung lebensgefährlich ist

Eine Frau wehrt sich gegen einen Angriff, während ihr Schatten eine Faust andeutet.
Wie die Profilerin Patricia Staniek Frauen in Gewaltbeziehungen beim sicheren Ausstieg unterstützt.

Dass der gefährlichste Ort für Frauen nicht die dunkle Gasse, sondern das eigene Zuhause ist, das ist längst hinlänglich bekannt. Für Frauen gibt es aber auch eine besonders gefährliche Zeit: die Trennung von ihrem Partner. Das bestätigen zahlreiche internationale Studien.

Aus der Gefahrenlage

Genau hier möchte die Profilerin und Verhaltensanalystin Patricia Staniek ansetzen. Gemeinsam mit der deutsch-sudanesischen Juristin Sadia de Kiden gründete sie kürzlich die „Phönix – Save Exit Task Force“

Sie richtet sich an Frauen in Hochrisikosituationen – an Frauen, deren Partner so gefährlich sind, dass sie auf keinen Fall erfahren dürfen, dass eine Trennung bevorsteht. „Weggehen ist nicht ein Schritt, weggehen ist ein Prozess, wenn es um häusliche Gewalt geht“, sagt Staniek im Gespräch mit dem KURIER.

Ihr Ziel ist klar: Sie will Femizide verhindern, die in Österreich wie in anderen Ländern überwiegend im Beziehungs- und Familienumfeld verübt werden. Wie sieht das Angebot der Safe-Exit-Taskforce nun konkret aus? Nach der ersten Kontaktaufnahme seitens der betroffenen Frau wird zunächst geprüft, wer aus dem breit aufgestellten und ehrenamtlich agierenden Team von Expertinnen und Experten den Fall übernimmt.

Personenschutz auch für Kinder

Dazu gehören unter anderem Lebens- und Sozialberaterinnen und -berater, Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Ärztinnen und Ärzte, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Fachleute für Strategieentwicklung und Sicherheit. „Die einen brauchen vielleicht nur eine juristische Beratung, die anderen aber eine umfassende Strategie. Manche benötigen Personenschutz, auch für ihre Kinder. Denn sobald der Partner merkt, dass die Frau ihn verlassen will, sind wir in der Hochrisikophase“, sagt Staniek.

Patricia Staniek

Patricia Staniek, Profilerin: „Beim Mann kommt es in der Trennungssituation zu einer Art Kontrollverlust.“

Gute Vorbereitung

Umso wichtiger ist eine gute Vorbereitung. „Wir erfassen die ganze Situation und erklären den Frauen Schritt für Schritt, was sie machen und worauf sie achten müssen, um sich abzusichern“, erklärt Staniek. Und dann werde ein individueller Plan erstellt, wie die Frau – und gegebenenfalls ihre Kinder – sicher aus der Gefahrenlage herausgebracht werden können.

Bei Bedarf übernimmt ein Team aus Ermittlern den Personenschutz und sichert Beweise, die für die Frauen in Gerichtsverhandlungen entscheidend sein können. Für die Frauen, die sich an die Taskforce wenden, ist dieses Angebot kostenlos, betont Staniek. „Wir wollen gerade den Frauen helfen, die selbst keine Möglichkeiten haben, aus solchen Situationen rauszukommen.“

„Warum bleibt sie?“

Warum gerade die Phase der Trennung – und zwar quer durch alle Gesellschaftsschichten – so gefährlich ist, erklärt sie so: „Beim Mann kommt es in dieser Situation zu einer Art Kontrollverlust. Hat er zusätzlich noch narzisstische Züge, betrachtet er die Frau als seinen Besitz.“ 

Bereits in der Anfangsphase können solche Beziehungen durch übertriebene Eifersucht gekennzeichnet sein. „Und gerade solche Beziehungen entstehen auch schnell, weil diese Männer früh eine starke Bindung aufbauen wollen“, sagt die Expertin.

Sieben Versuche

Sieben Versuche brauchen Frauen im Schnitt, um eine Gewaltbeziehung endgültig zu verlassen, schreibt die australische Journalistin Jess Hill in ihrem Buch „See What You Made Me Do“. „Ich werde immer wieder gefragt, ,Warum bleiben diese Frauen bei ihren Männern, sind die alle deppert?’ Nein, die sind definitiv nicht deppert. Die Fragestellung ist einfach vollkommen falsch“, sagt Staniek. “Man muss sich stattdessen fragen: Welche Barrieren hindern eine Frau daran, zu gehen?“ Genau dort müsse man ansetzen.

"Wir begleiten bereits Frauen"

Staniek versteht die Taskforce nicht als Konkurrenz zu bestehenden Opferschutzeinrichtungen, sondern als Ergänzung. Sie arbeitet eng mit öffentlichen Stellen zusammen. Wird ein neuer Wohnort für Frauen und ihre Kinder benötigt, legt das Team Kontakte zu Frauenhäusern, Schutzwohnungen oder Behörden. Eigene Räumlichkeiten hat die Taskforce nicht – aber sie sorgt dafür, dass Frauen sicher ankommen.

Die „Phönix – Safe Exit Task Force“ befindet sich noch ganz am Anfang. „Aber wir begleiten bereits Frauen“, sagt Staniek.

Die Gewalt wartet nicht.