Die Pensionistin lächelt erneut, sagt dann: „Ich kam im März an. Österreich war für mich anfangs das Land der toten Bäume.“ In der Tat sahen die Bäume anders aus als auf den Philippinen, wo man schon friert, wenn die Temperatur auf 17 Grad sinkt.
Die ersten 15 Arbeitsjahre absolviert die diplomierte Kraft aus der Stadtgemeinde Anilao, die bei Tauchern sehr beliebt ist, im Krankenhaus Hietzing.
Nach dem Abschluss ihrer Zusatzausbildung arbeitet sie als Hygienefachkraft in den Pflegewohnhäusern Baumgarten und Leopoldstadt. 42 Jahre lang war Virginia Radl in Wiener Spitälern beschäftigt.
Gerne erzählt sie auch aus ihrem privaten Leben: „Ich habe in Österreich Ski fahren gelernt. Und ich habe ein Kind zur Welt gebracht.“ Ihre Tochter ist 36 und ebenfalls als Pflegerin spezialisiert – in der Augenabteilung im AKH.
Nachsatz der stolzen Oma: „Ich habe auch zwei Enkerln.“
Schauplatzwechsel. In der „Casa Kagran“ am Wiener Rennbahnweg erklärt Monika Badilla vom Fonds Soziales Wien, warum man sich entschlossen hat, in einem Pilotprojekt erneut philippinische Pflegekräfte anzuwerben.
In Kurzform: Zunächst sind es die positiven Erfahrungen der vergangenen 50 Jahre. Dann ist zu beachten, dass man keine Arbeitskräfte aus Ländern abwerben soll, die selbst mit einem Mangel zu kämpfen haben.
Will man weiterhin hoch qualifizierte Pflegerinnen beschäftigen, dann landet man recht bald wieder auf den Philippinen.
Leonora Rayo ist eine von fünf Philippininnen, die im Frühjahr in Wien gelandet sind und bereits nach zwei Wochen im Pflegewohnhaus Casa Kagran ihre Arbeit aufgenommen haben.
Sie spricht respektabel Deutsch, was auch damit zu erklären ist, dass ihr neuer Arbeitgeber aus früheren Erfahrungen seine Schlüsse gezogen hat: „Wir haben neun Monate vor unserer Übersiedlung mit einem Online-Sprachkurs begonnen.“
Inzwischen weiß Leonora Rayo auch, was eine Jö Karte ist. Und sollte sie einmal den Dialekt einer Bewohnerin oder ein verschlucktes Wort eines Bewohners nicht sofort verstehen, kann sie jederzeit ihre Kollegen fragen: „Wir sind hier gut aufgenommen worden. Alle sind sehr nett und hilfsbereit.“
Auch sonst ist ihre erste Bilanz positiv: „Als mich unsere Agentur auf den Philippinen gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, in Österreich zu arbeiten, hatte ich ehrlich gesagt von diesem Land noch nie gehört. Doch es sieht so aus, als hätte ich mich richtig entschieden.“
Nur das Mäntelchen, mit dem sie angekommen ist, war aus heutiger Sicht ein Fehler: „Was ich da gefroren habe.“
„Meine zweite Heimat“
Noch läuft der Testbetrieb in Wien. Man möchte weitere Erfahrungen sammeln, sagt Monika Badilla vom FSW. Bei der Anwerbung der Pflegekräfte hätte man auch auf die Unterstützung vonseiten der Wirtschaftskammer gebaut.
Virginia Radl sagt indes: „Das ,Land der toten Bäume’ wurde meine zweite Heimat.“
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