Pflege versagte: Dementer verwahrloste im Bett
Als der Notfallsanitäter in das Zimmer des bewusstlosen, bettlägrigen Mannes kamen, schlug ihm ein grauenvoller Geruch entgegen: Die Matratze hatte sich mit Urin vollgesogen, der Mann lag in seinem eigenen Kot, hatte offene Hautstellen. Seine Fingernägel waren fast zehn Zentimeter lang. Die Bettwäsche war verlaust. „Nach dem Einsatz mussten wir unsere Kleidung wechseln“, schilderte der Sani. Im Landesgericht für Strafsachen in Wien mussten sich am Montag eine Heimhelferin und ein Pfleger wegen Vernachlässigung verantworten.
Der besagte Einsatz ereignete sich im November 2016 in einer Wiener Wohnung. Die betagte Ehefrau des Mannes war mit der Pflege überfordert. Eine Heimhilfe und ein Pfleger wollen von den Zuständen nichts mitbekommen haben.
Herr M. ist zufrieden
Im Pflegebericht wurde stattdessen vermerkt: „Herr M. ist derzeit zufrieden.“ Die Heimhilfe gibt zu: Sie hat den demenzkranken Herrn M. während der fast zweijährigen Betreuung überhaupt nur ein Mal zu Gesicht bekommen. „Ich sollte nicht in sein Zimmer gehen, weil er sonst den ganzen Tag geschrien hätte, hat seine Frau gesagt“, schildert die Heimhilfe. Stattdessen erledigte sie Einkäufe, wischte den Boden und griff zum Staubsauger. „Dass es gestunken hätte, ist mir nicht aufgefallen“, sagt die Heimhilfe. Die Wohnung bestand aus zwei Zimmern.
Auch der Krankenpfleger, der jährlich den Zustand des Kunden aufnahm, erinnert sich an „einen älteren, gepflegten Herren.“ Als er ihn im kommenden Jahr nicht zu Gesicht bekam, wurde er nicht stutzig. Dass er einen Fehler gemacht hat, gibt er zu. „Aber durch diesen Fall ist vieles zu Tage gekommen, was jetzt verbessert wurde.“
Richter Stefan Erdei lässt ein weiteres Gutachten einholen und will noch einige Zeugen hören. Der Prozess wurde vertagt.
Der demente Mann lebt übrigens seither in einem Pflegeheim.
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