Immer mehr problematische Pestizide auf heimischen Feldern

Pestizid-Ausbringung auf einem Feld.
In Österreich ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit höherem Risiko gestiegen, zeigt eine parlamentarische Anfrage.

Zusammenfassung

  • Der Einsatz von Pestiziden mit hohem Risiko, insbesondere Substitutionskandidaten und PFAS-Pestiziden, ist in Österreich seit 2010 deutlich gestiegen.
  • Kritik kommt von Grünen und Experten wegen fehlender Maßnahmen zur Reduktion gefährlicher Pflanzenschutzmittel und möglicher Gesundheitsrisiken.
  • NGO Global 2000 bemängelt mangelnde Umsetzung von EU-Vorgaben zur Substitution riskanter Wirkstoffe und begrüßt die erstmalige Veröffentlichung detaillierter Daten.

Der Einsatz von problematischeren Pflanzenschutzmitteln in Österreich ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das ergab die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Landwirtschaftssprecherin der Grünen, Olga Voglauer. 

So haben sich die potenziell mit Substitutionskandidaten behandelten Flächen von 2010 bis 2024 mehr als verdoppelt, jene mit PFAS-Pestiziden fast verdreifacht, wie aus den vom Landwirtschaftsministerium publizierten Verkaufsmengen hervorgeht.

"Ergebnisse sind dramatisch"

Mit den im Zuge der Anfragebeantwortung veröffentlichten wirkstoffgenauen Daten wurde von Global 2000 im Auftrag der Grünen berechnet, wie viele Hektar mit den verkauften Substanzen behandelt werden können. "Erstmals wissen wir nun, wie es wirklich um die Entwicklung der Pestizid-Anwendung in Österreich steht, und die Ergebnisse sind dramatisch", stellte Voglauer fest. 

Denn die so errechnete potenziell pestizidbehandelte Fläche ist demnach seit 2010 bis 2024 um 22 Prozent gestiegen und beträgt derzeit 7,5 Millionen Hektar. Die errechnete Fläche mit Substitutionskandidaten-Wirkstoffen stieg im gleichen Zeitraum jedoch um rund 106 Prozent von 1,35 Millionen auf 2,78 Millionen Hektar, jene mit PFAS-Wirkstoffen um über 175 Prozent und verdreifachte sich von 0,53 Millionen auf 1,46 Millionen Hektar.

Voglauer kritisiert Untätigkeit

Dass der Einsatz von besonders gefährlichen Pestiziden so massiv steigt, sei laut Voglauer insbesondere für die landwirtschaftlich tätigen Personen ein Problem, "denn sie haben durch das Hantieren mit den Substanzen das größte Risiko für gesundheitliche Auswirkungen". Kritik übte sie an Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), denn ihm seien diese Zahlen schon seit Jahren bekannt, "und er hat nichts unternommen um die Verwendung der besonders gefährlichen Wirkstoffe einzuschränken. Das ist höchst fahrlässig."

Auch Umweltmediziner Hans-Peter Hutter kritisierte in einem Statement den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, denn es sei "längst keine Überraschung mehr, dass die meisten Fungizide und Insektizide neurotoxisch sind", was unter anderem das Risiko für Parkinson erhöhe. Die Datenlage für einzelne Stoffe sei zwar unterschiedlich, aber nach einer aktuellen Literaturübersicht könne kein Wirkstoff diesbezüglich als harmlos angesehen werden.

Mangelnder Umsetzung

Global 2000 begrüßte in einer Stellungnahme ausdrücklich, dass das Landwirtschaftsministerium mit der aktuellen Beantwortung die vollständigen Daten nun erstmals öffentlich zugänglich gemacht hat. Jedoch kritisierte die NGO, dass aus den Zahlen hervorgeht, dass etwa Substitutionskandidaten zu den am häufigsten verwendeten Wirkstoffen zählen. Das sei eine mangelnde Umsetzung eines gesetzlichen Auftrags vonseiten der EU. 

Als Substitutionskandidaten gelten Pestizide laut EU dann, wenn diese Wirkstoffe enthalten, die etwa als reproduktionstoxisch (fortpflanzungsgefährdend) oder als mutagen (erbgutverändernd) eingestuft worden sind. Diese Pflanzenschutzmittel mit höherem Risiko sollten von den Mitgliedsstaaten eigentlich durch weniger gefährliche Alternativen ersetzt werden.

Bei den als PFAS-Pestizide bezeichneten Substanzen besteht das Problem darin, dass deren Abbauprodukt Trifluoressigsäure bzw. Trifluoracetat (TFA) im Verdacht steht, fortpflanzungsgefährdend zu sein und als "Ewigkeitschemikalie" zudem die Eigenschaften "schwer abbaubar und langlebig" aufweist. Dänemark hat im Juli 2025 als erster EU-Staat nationale Verbote für 23 dieser Pestizide ausgesprochen.

HIER finden Sie eine EU-Liste der Substitutionskandidaten (externer Link)

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