Höhere Preise für Lebensmittel: Bauern sehen andere als Preistreiber

Symbolbild
Die Bäuerinnen und Bauern seien keine Preistreiber, betonten am Donnerstag Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), Bauernbundpräsident Georg Strasser und Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger. Als Beispiel nannte Letzterer sinkende Getreidepreise, während der Brotpreis nicht zurückgegangen sei. Außerdem würden die Landwirte mit hohen Energie- und Werkstoffpreisen sowie Lohnkosten konfrontiert seien. Totschnig sprach von einem "herausfordernden Umfeld". Es gehe darum, dass die Verbraucher durch bewussten Einkauf die heimische Landwirtschaft stärken. "Die Diskussion alleine senkt noch keine Preise", sagte Moosbrugger.
Er sprach sich jedoch gegen die von Finanzminister Markus Marterbauer vorgeschlagenen Preiseingriffe aus. "Das kann ich mir in einem freien Europa nicht vorstellen." Allerdings votierte er für eine Transparenzdatenbank, wodurch klar ersichtlich werden soll, wer die Preistreiber von der Herstellung bis zum Verkauf sind. "Die Preistreiber sind primär andere", sagte Moosbrugger. Klar sei aber auch: "Hohe Standards kosten Geld."
Man sei nach wie vor gegen das Freihandelsabkommen Mercosur, hier gebe es einen aufrechten Beschluss der Bundesregierung. Totschnig geht davon aus, dass dieser weiterhin Gültigkeit habe. Sollte Mercosur umgesetzt werden, würde dies die Rindfleischproduktion in Europa mittel- und langfristig uninteressant machen, egänzte Strasser.
Sparen nicht bei den Bauern
Zum Sparbudget der Regierung meinte der Minister, jeder müsse einen Beitrag leisten. Im Nachsatz betonte Totschnig: "Wir sparen nicht bei den Bäuerinnen und Bauern." Kürzungen gebe es im Bereich ländlicher Entwicklung und beim Waldfonds. Keine Einschnitte solle es bei den Investitionsförderungen geben. Hier verwiesen die Agrarvertreter auf den Bau von Stallungen, weil die Konsumenten immer höhere Anforderungen an das Tierwohl hätten. Wobei Moosbrugger anmerkte: "Von den Bauern wird immer verlangt sie sollen alles leisten, aber das immer billiger."
Gleichzeitig würde die Arbeit der Landwirte durch Bürokratie und Einschränkungen beim Pflanzenschutz erschwert. Für die Bäuerinnen und Bauern würde sich immer öfter die Frage stellen "kann ich die Ernte überhaupt in die Scheune bringen", erklärte Moosbrugger. 1993 seien noch 700 Wirkstoffe verfügbar gewesen, heute seien es nur noch 230.
Grundsätzlich habe die Landwirtschaft ein sehr gutes Image, hieß es mit Verweis auf eine Umfrage unter 1.000 Personen. Für 83 Prozent der Befragten sei sie wichtig für den ländlichen Raum und die dörflichen Strukturen, 70 Prozent seien der Meinung, sie produziere nach höchsten Qualitätsstandards, 59 Prozent meinten, die Bauern würden sich für die Interessen der Verbraucher einsetzen. Und auch das AMA-Gütesiegel wurde abgefragt: Drei Viertel der Befragten sehen es als sehr bzw. eher glaubwürdig.
"Grüner Bericht"
Laut dem präsentierten "Grünen Bericht" des Landwirtschaftsministeriums sind die Einkünfte in der Land- und Forstwirtschaft 2024 leicht gestiegen. Im Jahresvergleich ergab sich ein Plus von 4 Prozent nach einem deutlichen Minus von 16 Prozent im Jahr 2023. Die Einkünfte pro Betrieb lagen 2024 durchschnittlich bei 40.024 Euro. Maßgeblich für das Ertragsplus war 2024 unter anderem die Aufstockung der öffentlichen Gelder in Form eines Inflationsausgleichsprogramms. Ebenfalls positiv wirkten gestiegene Erzeugerpreise für Rinder.
"Es gibt starke Einkommensschwankungen aufgrund immer volatilerer Agrarmärkte", sagte Totschnig. Er verwies auf die Folgen des Krieges in der Ukraine und die globalen Auswirkungen des Klimawandels. Apropos Ukraine: Das nach Kriegsbeginn abgeschlossene Agrarabkommen mit der Ukraine ist Totschnig zufolge nun im Juni ausgelaufen. In einem Entwurf für ein neues Abkommen werde es für die Ukraine deutlich weniger Zugang in die EU-Märkte geben als bisher. Die Ausnahme sei bei Zucker, wo sich die Menge von 20.000 auf 100.000 Tonnen verfünmffachen soll. Ursprünglich hätten es sogar 282.000 Tonnen sein sollen. Dennoch hält Totschnig den Entwurf für machbar.
Insgesamt trugen Land- und Forstwirtschaft 2024 rund 1,4 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Landes bei, das entspricht 12,91 Milliarden Euro. Von den 101.036 Betrieben mit landwirtschaftlich genutzter Fläche werden 53 Prozent im Haupterwerb und 44 Prozent im Nebenerwerb geführt. 80 Prozent der Erzeugnisse werden in die EU exportiert, weitere zehn Prozent in andere europäische Länder.
Der Selbstversorgungsgrad sei hoch, "wir sind sehr gut aufgestellt bei Milch, Fleisch und Getreide, Aufholbedarf gibt es bei Obst und Gemüse", sagte Totschnig. Den Selbstversorgungsgrad möchte er noch weiter ausbauen.
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