Pannenrechner geht in Reparatur

Viele Pendler empfanden den Betrag, den ihnen der Pendlerrechner als Steuerbegünstigung zugestand, als zu gering. Ein Niederösterreicher aber bekam zu viel angeboten.
Nach heftiger Kritik am Pendlerrechner des Finanzministeriums wird nun nachgebessert.

Helmut H. aus Loosdorf im Bezirk Melk, NÖ, staunt nicht schlecht. Die Republik drängt ihm Geld auf. Aber nur, wenn er einen 41 Kilometer längeren Arbeitsweg in Kauf nimmt.

Auslöser der Posse ist der Pendlerrechner des Finanzministeriums, also jenes Online-Tool, das Berufstätigen Auskunft über die Höhe ihres Pendlerpauschales gibt. Kritik am Rechner kam in der Vergangenheit deshalb, weil Anspruchsberechtigte über – ihrer Meinung nach – zu wenig Pendlerpauschale klagten. Dass jemand zu viel Begünstigung bekommt, ist neu. Das Ministerium gelobt nun Besserung. Der Pendlerrechner wird überarbeitet (Details siehe Bericht unten).

Pannenrechner geht in Reparatur

Helmut H. fährt täglich mit Auto oder Fahrrad zur Arbeit. Innerhalb seiner Wohngemeinde bewegt er sich pro Fahrt montags bis freitags exakt 1,2 Kilometer. Morgens hin, spätnachmittags zurück. Dafür stand ihm bisher kein Pendlerzuschuss zu. Die Einführung des Pendlerrechners hat den 58-Jährigen neugierig gemacht. "Ich wollte das ausprobieren, um zu sehen, wie weit mein Weg zur Arbeit tatsächlich ist."

Pannenrechner geht in Reparatur

Dann die Überraschung: Der Pendlerrechner gesteht H. ganze 1356 Euro Pendlerpauschale zu. Allerdings nur, wenn er täglich um 16.15 Uhr Feierabend macht. Am Nachhauseweg müsste er dann – so der Vorschlag des Pendlerrechners – per Bus und Bahn eine 43 Kilometer lange Ehrenrunde durchs östliche Mostviertel drehen (siehe Faksimile). Überstunden sind aber nicht drin: Arbeitet H. nur fünf Minuten länger, ändert sich die Berechnung und er hat keinen Anspruch mehr aufs Pendlerpauschale.

Kritik

In den vergangenen Wochen sind zahlreiche Beschwerden bei den Steuerexperten der Arbeiterkammer eingegangen, weil der Rechner realitätsfremde Fahrtrouten für die Berechnung heranzieht, vielfach zum Nachteil der Pendler. Bundeskammer-Präsident Rudi Kaske: "Das Chaos beim Pendlerrechner zeigt einmal mehr, dass das Pauschale in dieser Form überholt ist. Es braucht ein einfaches, transparentes und gerechteres Pendlergeld, das wirklich hilft."

Im Ministerium hat man die Kritik aufgegriffen. "Wir nehmen alle Anregungen ernst und haben uns jeden Einzelfall angesehen", sagt Ressortsprecherin Daniela Kinz. "Unsere Expertengruppe hat auf Hochtouren gearbeitet und mit heute liegen die Adaptierungen vor." Sämtliche Änderungen werden jetzt geprüft und bis Sommer umgesetzt – Testphase inklusive.

"Wir werden strikt darauf achten, dass dieser Zeitplan und die geforderten Verbesserungen eingehalten werden. Schließlich geht es hier um Geld, das den Pendlern zusteht", betont Kaske.

Innerhalb eines Monats hat es laut Finanzministerium bereits zwei Millionen Abfragen am Pendlerrechner gegeben. Daniela Kinz betont auch, dass der Pendlerrechner weder Fahrempfehlung noch Routenplaner sei. "Er ist viel mehr ein einheitliches steuerrechtliches Instrument, das den Anspruch auf Pendlerpauschale und Pendlereuro für alle gleich gültig und auf gesetzlicher Basis berechnet."

Und Helmut H.? Er wird nichts beantragen. Damit ist er gut beraten. Würde er die vom Pendlerrechner vorgeschlagene Summe nämlich einstreifen, macht er sich möglicherweise sogar strafbar. Kinz: "Alle Angaben, die der Steuerpflichtige zur Ermittlung der steuerlichen Begünstigung mit dem Pendlerrechner tätigt, müssen wahrheitsgetreu und repräsentativ für ein Kalendermonat sein."

Der Pendlerrechner wird laut Auskunft des Finanzministeriums nun "realitätsnäher" gestaltet. Folgende Änderungen werden eingearbeitet.

Park&Ride Berücksichtigung von P&R-Anlagen in der Nähe. In einem ersten Schritt soll in Fällen, in denen sowohl eine reine Öffi-Variante als auch eine P&R-Variante für den Weg zur Arbeit zur Verfügung steht, ein näherer P&R-Parkplatz herangezogen werden. In der Vergangenheit war kritisiert worden, dass direkt neben einem Bahnhof lebende Arbeitnehmer vom Pendlerrechner mitunter zu weit entfernten Park&Ride-Anlagen geschickt wurden.

Öffi-VorrangWenn sowohl eine reine Öffi-Variante als auch eine P&R-Variante zur Verfügung steht, soll bei geringem zeitlichen Unterschied die reine Öffi-Variante für die Berechnung des Pendlerzuschusses herangezogen werden.

FußwegeFußwege zählen nicht mehr zur Öffi-Strecke. Fußwege vom öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit bzw. vom Öffi nach Hause sollen bei der Berechnung nicht – wie bisher – der Öffi-Strecke zugeordnet werden. Dadurch reduziert sich die Öffi-Strecke, wodurch in Grenzfällen der Pendler eher Anspruch auf eine große Pendlerpauschale hat.

Strecke statt Zeit Wenn Hin- und Rückfahrt unterschiedlich lang sind, soll die Berechnung künftig nicht mehr auf die längere Zeitdauer, sondern auf die entfernungsmäßig weitere Strecke hin angestellt werden. Bisher waren die vom Rechner vorgeschlagenen Fahrtrouten statt über Umfahrungsstraßen häufig direkt durch in Stoßzeiten verstopfte Ortszentren geführt worden.

Pkw-GeschwindigkeitDie für die Berechnung herangezogene Durchschnittsgeschwindigkeit für Pkw-Fahrten wird etwas reduziert. Da die Pendler überwiegend zu Stoßzeiten unterwegs sind und der Verkehr dann in der Realität weniger hohe Geschwindigkeiten zulässt.

FristverlängerungDie Frist zur Abgabe der Erklärung wird bis 30. September 2014 verlängert (ursprünglich 30. Juni 2014). Jene, die das Formular bereits abgegeben haben, von den Änderungen jedoch profitieren würden, können die Erklärung erneut abgeben. Sobald alle Anpassungen erfolgreich getestet wurden, will das Finanzministerium die Pendler informieren. In der Zwischenzeit stehen die Finanzämter für Rückfragen zur Verfügung.

www.bmf.gv.at/pendlerrechner

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