Knalleffekt im Fall Ott: Marsalek nutzte Wiener Wohnung für Übergabe an Spione
Wie eng war bzw. ist die Beziehung zwischen Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott und einem der meistgesuchten Männer der Welt, dem flüchtigen Ex-Wirecard-Manager, Jan Marsalek?
Offenbar sehr eng, wie immer neue Details belegen, die nach der Festnahme von Ott am Karfreitag, nun bekannt werden. Nicht nur stehen beide Männer im Verdacht, für Russland zu spionieren, sie verbindet auch offenbar eine gemeinsame Adresse in Wien Floridsdorf.
Von Wien zum FSB
Diese gehört zu einer Wohnung, die zumindest bis in den November 2022 als Drehscheibe für brisante Geschäfte zwischen Ott und Marsalek diente – für die Übergabe von Geld sowie streng geheimen Handys und Laptops, die von Floridsdorf aus über Istanbul eine Zieladresse hatten: Lubjanka, den Sitz des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in Moskau.
Dass die Staatsanwaltschaft Wien die Vorwürfe ernst nimmt, belegt der Umstand, dass Ott am Montag in U-Haft genommen wurde. „Als Haftgründe wurden Verdunkelungsgefahr und Tatbegehungsgefahr angenommen“, sagte Gerichtssprecherin Christina Salzborn vom Landesgericht Wien. Ein verwandter Otts, vertreten durch Stephanie Kramberger und Andreas Schweitzer, wurde hingegen wieder enthaftet.
Doch was ging genau in besagter „Bunker-Wohnung“ vor sich? Es soll um Geld, Laptops und drei Handys gehen. Letztere sind der Republik nur zu gut bekannt. 2017 waren sie bei einem Kanu-Unfall der nunmehrigen Kanzler-Gattin ins Wasser gefallen. Ein IT-Techniker trocknete sie und nutzte die Chance, um die Daten abzusaugen. Denn die Handybesitzer waren immerhin Michael Kloibmüller, jahrelanger Kabinettschef im Innenministerium, der nunmehrige Bundespolizeidirektor Michael Takacs sowie Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.
Und genau diese Handys sollen Unbekannte offenbar im Auftrag der Russen aus der Wohnung in Floridsdorf im Juni 2022 abgeholt haben. Handys mit Daten von unschätzbarem Wert. War bisher immer die Rede davon, dass offenbar „nur“ die gespiegelten Inhalte der Mobiltelefone weitergegeben wurden, liegt nun der Verdacht nahe, dass in der Wiener Wohnung die Original-Telefone den Besitzer gewechselt haben könnten.
Mobiltelefone, die bis zum Juni vor zwei Jahren offenbar bei Egisto Ott zwischengelagert waren. Der Auftraggeber der Unbekannten, die die Handys abholten? Kein Geringerer als der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek. Die Männer sollten die Handys offenbar über die Türkei direkt nach Moskau bringen, um dann vom russischen Geheimdienst weiter ausgewertet zu werden. Der Hinweis auf den Geheimdienst ergibt sich wohl aus Chats von Marsalek, in denen die Rede von Lubjanka ist, dem Sitz des russischen Geheimdienstes.
20.000 Euro für Laptop
Doch nicht nur die Handys sollen in der Wiener Wohnung übergeben worden sein. Im November 2022 soll offenbar auch ein Laptop mit streng geheimen Daten für 20.000 Euro den Besitzer gewechselt haben. Ziel der Fracht: erneut Moskau und erneut offenbar der dortige Geheimdienst. Weg der Fracht: erneut über Istanbul.
Welche Daten auf dem Laptop waren, ist unklar. Aber er war offenbar mit einem speziellen Hochsicherheitssystem ausgestattet, das die Bearbeitung streng geheimer Dokumente ermöglicht. Es war nicht der einzige Laptop mit IT-Schutz, der in der Wohnung gefunden wurde.
Geldkuverts aus Berlin
Doch nicht nur aus der Wohnung in Floridsdorf wurden „Dinge“ transportiert. Sondern ebenso dorthin. So soll Jan Marsalek Geldboten beauftragt haben, Kuverts voller Geld von Berlin nach Wien zu bringen.
Wie die Bunker-Wohnung ins Visier der Ermittler geriet? Offenbar unterhielt sich Marsalek in Chats mit einem weiteren Spion Russlands über sie. Der britische Geheimdienst las mit und informierte die heimischen Behörden.
Egisto Ott selbst hat bei einer Befragung durch den Richter sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. Gegen seine Inhaftierung legte er allerdings keine Rechtsmittel ein, der U-Haft-Beschluss ist somit rechtswirksam. Ott befindet sich in der Justizanstalt Josefstadt. In der er in eine Art „Hungerstreik“ getreten sein soll.
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