Österreichs Pokerparadies steht vor dem Aus
Die Tage, als Österreich das internationale Pokerparadies war, gehen langsam zu Ende. Die Freunde der Spielarten Texas Holdem und Omaha, die zu Tausenden in die Cardcasinos strömen, werden sich neue Spielstätten suchen müssen. Mit Jahreswechsel sollen in den 12 Concord Card Casinos, dem Montesino und vielen anderen Kartenräumen die Lichter ausgehen.
Laut KURIER-Informationen soll der „Pokerkönig“ Peter Zanoni vergangene Woche seinem engsten Kreis mitgeteilt haben, dass der Kampf nun endgültig vorbei ist. Viele Pokerfans hatten gehofft, dass Zanoni doch noch etwas einfallen würde. Doch er selbst ist mittlerweile auf Tauchstation gegangen und beantwortet offenbar auch keine Medienanfragen mehr.
Wie der Pokerkönig den Staat austrickste
Über 25 Jahre lang hatte der „Pokerkönig“ dem Staat Schnippchen geschlagen. Zanoni hat beträchtlichen Anteil daran, dass dieses Kartenspiel in Österreich boomt. Dafür gründete er Dutzende Firmen und Gewerbe und schob den Betrieb hin und her.
Sein (Karten-)Trick war so genial wie einfach: Laut alten Gesetzen aus der k.u.k.-Zeit sind nur Spiele verboten, bei denen es eine Bank gibt. Zanoni aber bietet de facto nur Gastronomie an und die Dealer müssen sich an den Tischen einkaufen. Sie werden dann etwa durch Trinkgelder der Spieler bezahlt. Eine Bank (wie etwa beim Roulette) gibt es nicht.
Am Ende stolperte der „Pokerkönig“ über die Glücksspielabgabe. Die Finanz war der Meinung, dass von jeder einzelnen Spielrunde Steuern abzuführen sind. Zanoni ging bis zu den Höchstgerichten, doch er blitzte ab. Insgesamt soll es um mehr als 300 Millionen Euro gegangen sein – eine Summe, die nicht aufzubringen war. Er betonte aber stets, alle Sozialabgaben pünktlich abgeliefert zu haben.
Warum die Pokerszene vielleicht in den Untergrund geht
Die Finanzprokuratur stellte daraufhin Konkursanträge gegen mindestens sieben Unternehmen Zanonis. Nun wurden zahlreiche Einsprüche gegen die Insolvenz abgewiesen, bestätigt auch der Gläubiger-Schutzverein Creditreform. Ab sofort entscheiden verschiedene Masseverwalter, ob der Betrieb überhaupt noch bis zum Jahreswechsel weiterläuft.
Offenbar wurde auch verhindert, dass der Spielbetrieb auf andere Firmen übertragen wird. Das war Zanonis letzter Kniff , mit dem er nach jedem Konkurs einer Firma den Spielbetrieb de facto zu einem anderen Unternehmen verlegte.
Neben Zanonis Betrieben sind auch zahlreiche kleinere Anbieter betroffen. Sie müssen spätestens ab Jänner ihre Pokerräume schließen.
Was nach dem Tag X passiert, darüber rätselt die Pokerszene seit Monaten. Viele rechnen damit, dass sich ein Teil in den Untergrund verlagert. Die im September ausgehobene Bingo-Hölle in Wien-Favoriten könnte erst der Anfang sein.
Casinos Austria als einzige legale Alternative
Die einzige legale Alternative werden die Casinos Austria sein. Sie betreiben etwa in Wien aktuell nur vier Pokertische. Zum Vergleich: Die Cardcasinos bieten in Wien derzeit rund 100 Tische an. Außerdem wird bei Casinos Austria um etwas höhere Einsätze gespielt. Dennoch hofft man, dass die Pokergemeinde umzieht.
„2020 starten wir unsere Pokeroffensive“, sagt Casinos-Pokermanager Niklas Sattler. Dass es in absehbarer Zeit wieder so große Turnier wie die WPT oder die EPT in Österreich gibt, ist aber eher unwahrscheinlich.
Rein rechtlich gesehen gilt Poker in den meisten Ländern Europas als Glücksspiel. Doch im Gegensatz zu Roulette etwa, wo jeder – egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener – die gleichen Chancen hat, kann man bei dem Kartenspiel Vorteile erringen.
Das geht etwa durch die richtige oder falsche Einsatzhöhe, durch das Entscheiden mit welchen Startkarten man spielen möchte oder ob man rasch bemerket, dass sich ein Spieler verrät, also kein Pokerface hat.
Deshalb gibt es bei Poker (im Gegensatz) zu Roulette auch eine Weltrangliste und echte Profis, die davon leben. Zwar können auch Anfänger jederzeit einen Fortgeschrittenen schlagen, doch über lange Zeit wird sich dieser Nachteil auswirken.
Der große Poker-Boom begann jedenfalls weltweit damit, dass ein blutiger Anfänger namens Chris Moneymaker (kein Künstlername) im Jahre 2003 die Poker-Weltmeisterschaft in Las Vegas gewonnen hat.
Der Wiener Sportwissenschafter Martin Sturc hat berechnet, dass etwa 65 Prozent aus Können und 35 Prozent aus Glück bestehen. Er ist der Meinung, dass man Poker als Denksport sehen muss. Bewiesen hat das auch „Pluribus“, der erste Computer, der fünf Pokerprofis über längere Zeit gleichzeitig schlug. So etwas ist nur möglich, wenn Geschicklichkeit eine Rolle spielt – im Schach etwa gewinnen auch Computer über Profis. Bei Roulette hingegen nicht.
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