Österreichs erstes lesbisches Ehepaar im Interview
Ihr Hochzeitsfoto hat es bis in die New York Times geschafft – und das, obwohl sie keine britischen Adeligen sind. Für eine internationale Headline reicht es offenbar schon, wenn im „erzkonservativen katholischen“ (The Independent) Österreich homosexuelle Paare heiraten dürfen. Im KURIER sprechen Nicole und Daniela Kopaunik, die sich am 1. Jänner um 0.05 Uhr verehelichten, über ihre Liebe und die Reaktionen.
KURIER: Warum reichte Ihnen das bisherige Recht, mit Ihrer Lebensgefährtin eine Verpartnerung einzugehen, nicht aus? Nicole Kopaunik: Weil man in jedem Dokument oder Formular zwangsgeoutet wird, da die Verpartnerung ja nur für homosexuelle Paare bis vor wenigen Tagen existierte. Das haben wir als diskriminierend empfunden. Die neue Regelung, dass alle Paare, egal ob hetero- oder homosexuell, nun wählen können, ob sie eine Eheschließung oder eine Verpartnerung eingehen wollen, ist aus unserer Sicht fair. Für mich ist das ein Start in Richtung Gleichberechtigung.
Heiraten war immer schon Ihr Traum ...
Daniela Kopaunik: Ja. Deswegen haben wir auch gleich 40 Stunden durchgefeiert. Wir waren vier Jahre verlobt und hätten auch noch länger gewartet. Drei Wochen nach unserem Kennenlernen bekam ich von Nicole einen Verlobungsring inklusive eines gesungenen Heiratsantrags in einer Karaokebar in Wien. Ich arbeite im Geriatriebereich. Wenn alte Menschen ihre Lebensbilanz ziehen, dann bereuen sie oft eines: „Hätte ich mir doch nicht so viele Sorgen gemacht und den Mut gehabt, nach meinen Bedürfnissen zu leben.“ Das ist immer wieder ein Gänsehautmoment für mich. Deswegen bin ich glücklich, dass ich den Mut hatte, auf diesen Zug aufzuspringen.
Was war der emotionalste Moment bei der Hochzeit?
Nicole K.: Singen ist eine Leidenschaft von uns. Deswegen haben wir das Ja-Wort gesungen – den Song „Ja“ von der Band Silbermond.
Das heißt, es war Liebe auf den ersten Blick?
Nicole K.: Das kann man so sagen. Wir lernten uns zufällig über eine Online-Plattform kennen. Ich legte eigentlich ein Profil für eine Freundin an, die Single war, und stieß dabei zufällig auf das Foto von Daniela.
Daniela K.: Ich suchte gar keine Partnerin fürs Leben, sondern nur eine Bergsportpartnerin. Als wir uns zum ersten Mal sahen, wussten wir beide sofort, dass wir Seelenpartnerinnen sind. Wir umarmten uns, und ich dachte mir: „Wow, das ist meine Frau.“
Wie waren die Reaktionen auf Ihre Hochzeit?
Nicole K.: Die Resonanz war enorm. Es gab keine Anfeindungen und keinen Shitstorm. Das hat auch uns überrascht. Vor zehn Jahren wären die Reaktionen sicher anders ausgefallen, da hat sich gesellschaftlich viel bewegt. Trotzdem haben sich viele Homosexuelle bei uns bedankt, dass wir den Weg in die Öffentlichkeit gewagt haben. Denn man muss ganz ehrlich sagen, vielen gleichgeschlechtlichen Paaren geht es nicht so gut wie uns. Vor allem homosexuelle Männer haben es schwerer, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Wir kennen einige, die nicht den Rückhalt der Familie bekommen. Wenn das passiert, dann ist man schon eine Spur kleiner und gedrückter.
Frau Daniela Kopaunik, Sie sind hier im Tal aufgewachsen. Wie verlief Ihr Outing?
Daniela K.: Ich habe mich sehr spät geoutet. Wenn man hier aufwächst, gibt es sehr klare gesellschaftliche Regeln. Da ist es keine Seltenheit, dass Stammtisch-Parolen in den Wirtshäusern einfach nachgeblökt werden. Mit 23 Jahren heiratete ich einen Mann aus dem Ort. Mein Bedürfnis, mit einer Frau zu leben, war mir damals noch gar nicht richtig bewusst. Ich habe das Vorgelebte einfach nachgelebt. Nach zwei Jahren Ehe ließen wir uns scheiden, und ich ging ins Ausland. In Düsseldorf hatte ich meine erste Beziehung mit einer Opernsängerin. Die Künstlerszene war bunt, da war alles erlaubt, und es existierten keine mentalen Grenzen. Plötzlich wusste ich, das ist mein Leben. Meine Schwermut war weg, und ich fühlte eine Leichtigkeit.
Wie haben die Eltern reagiert?
Daniela K.: Vor diesem Moment fürchtete ich mich unendlich, aber sie reagierten großartig. Ich weiß, dass sie es anfangs sicher nicht verstanden haben, trotzdem akzeptierten meine Eltern meinen Lebenswunsch. Heute stehen sie voll hinter uns. Vor allem sehen meine Eltern, wie gut es mir an der Seite von Nicole im Vergleich zu früher geht.
Nicole K.: Bei mir lief es konträr ab. Ich konfrontierte meine Eltern schon mit 17, dass ich eine Freundin habe. Die Antwort meiner Mama war: „Das habe ich mir schon gedacht.“
Sie leben in einem kleinen Dorf mit 250 Einwohnern. Wie war die Reaktion, als Sie zusammenzogen?
Daniela K.: Wenn man zu 100 Prozent zu sich selber steht, bietet man offenbar keine Angriffsfläche mehr. Das zu beobachten, war faszinierend. Im Dorf sind wir „die Mädels“ und zu 100 Prozent akzeptiert. Als wir unser Haus renovierten, sind uns alle mit Rat und Tat zur Seite gestanden.
Sind Kinder ein Thema für Sie?
Nicole K.: Nein. Das war die zweite Frage, die wir gleich nach unserem Kennenlernen geklärt haben.
Sie haben sich ganz traditionell auf einen gemeinsamen Nachnamen geeinigt. Warum?
Daniela K.: Als wir unsere Hochzeit mit den drei Wedding-Planerinnen von Pink Wedding Austria besprachen, schaute ich Nicki an und dachte mir: „Ich liebe dich so sehr und wünsche mir Kopaunik als Familiennamen.“ Das kam aus meinem tiefsten Herzen.
Sie werden sicher oft gefragt, wer den männlichen und wer den weiblichen Part übernimmt. Was antworten Sie?
Daniela K.: Wir lachen und antworten: Seht ihr irgendwo einen Mann? Nein, oder? Wie haben beides in uns: Dominanz und eine devote Haltung. Wenn diese Haltungen ausgeglichen vorhanden sind, dann braucht keiner den anderen zu dominieren.
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