Neues Kulturerbe: Odlatzbia und Matschgerer

Neues Kulturerbe: Odlatzbia und Matschgerer
Neun weitere Bräuche und Handwerkskünste wurden in die Liste aufgenommen, darunter auch die bekannte Stinatzer Hochzeit.

Odlatzbia? Den Begriff wissen wohl nur einige Niederösterreicher zu deuten, die restlichen Österreicher brauchen die hochdeutsche Übersetzung: Elsbeere.

Doch dank der jüngsten Entscheidung der österreichischen UNESCO-Kommission dürfte die Odlatzbia bekannter werden: Gemeinsam mit acht weiteren Traditionen, Riten und Bräuchen wurde sie jüngst auf die Liste des immateriellen Kulturerbes gesetzt.

Ein geselliger Brauch

Übersetzt heißt Odlatzbia beziehungsweise Odlatzbia oröwen „Adlitzbeeren abrebeln“. Adlitzbeere ist ein weiterer Begriff für Elsbeere, die auf bis zu 15 Meter hohen Bäumen geerntet wird. Diese vor rund 300 Jahren erstmals kultivierten Bäume sind in Europa aber meist nur in dicht bewachsenen Wäldern zu finden. In der Region Wienerwald in Niederösterreich stehen sie als Solitärbäume frei auf den Wiesen.

Dies erleichtert die Ernte ungemein, ist aber dennoch nicht ungefährlich. Nach der Ernte kommt es zum Highlight im Verarbeitungsprozess abrebeln („oröwen“). Das findet üblicherweise in geselliger Runde statt, dabei werden Geschichten erzählt und Lieder gesungen. „Keine Maschine kann das Abrebeln übernehmen. Das Oröwen ist ein traditionelles Handwerk“, erläutert Jakob Mayer, der seit 2018 Bewirtschafter eines Familienbetriebs ist. Die wichtigsten Produkte, die aus der sogenannten „Königin der Wildfrüchte“ hergestellt werden, sind Schnaps, Sirup und Schokolade.

Mehrere Kategorien

133 Eintragungen umfasst die Liste damit schon, darunter die bekannten Wiener Sängerknaben oder der Wiener Walzer, der Ausseer Fasching oder das Goldschlägerhandwerk, aber eben auch rare Dialekte und nur in einzelnen Regionen gelebte Bräuche.

Um aufgenommen zu werden, müssen sich die Regionen, Vereine oder Gemeinschaften bewerben, das geht das ganze Jahr über.

Neues Kulturerbe: Odlatzbia und Matschgerer

Nikolospiel in Bad Mitterndorf

Das immaterielle Kulturerbe ist eingeteilt in mehrere Kategorien: Derzeit gibt es 54 Einträge aus dem Bereich „Gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste“, 29 im Bereich der „Traditionellen Handwerkstechnik“, 24 bei den „Darstellenden Künsten“ 15 aus „Wissen und Praktiken im Umgang mit Natur und Universum“ sowie 11 aus dem Bereich „mündlich überlieferter Ausdrucksformen einschließlich Sprache“. Die gesamte Liste des immateriellen Kulturerbes ist online auf www.unesco.at nachzulesen.

Nikolospiel und Fuhr

Neu aufgenommen wurde neben der Odlatzbia folgende Gebräuche oder Traditionen: Das Nikolospiel in Bad Mitterndorf (Steiermark), der aus dem 17. Jahrhundert stammende Fastnachtsbrauch der Amraser Matschgerer (Tirol), Hauerkrone und Hiatabaum in Neustift am Walde in Wien (ein Weinhauerbrauch samt Kirtag) sowie die Fuhr am Hallstätter See in Oberösterreich, die auch als Plätten bekannten Transportmittel. Dazu kommen noch bundesweit Steinmetzkunst und -handwerk, das Buchbinderhandwerk, Kneippen.

Die Stinatzer Hochzeit

Auch die Stinatzer Hochzeit wurde aufgenommen – sie ist eine Besonderheit: Hochzeiten so zu zelebrieren, dass sie sogar als Kulturerbe gelten, können nämlich nicht viele. In Stinatz im Südburgenland ist die traditionelle kroatische Hochzeit nun als immaterielles Kulturerbe ebenfalls anerkannt.

Neues Kulturerbe: Odlatzbia und Matschgerer

Stinatzer Hochzeit

Hunderte Jahre alte Tradition

Kroaten zogen vor rund 500 Jahren ins Burgenland, seit damals halten sie ihre Traditionen, Tracht und Sprache aufrecht. In Tracht und mit geflochtener Krone werden die Brautleute mit Blasmusik von den Zuschauern und Angehörigen abgeholt. Nach der Trauung wird vor dem Wirtshaus, in dem die Hochzeitstafel stattfindet, getanzt. Dazu singt man kroatische Lieder. Zuschauer, die nicht zur Hochzeit geladen sind, werden mit Wein und Mehlspeisen bewirtet.

Der Ort ist stolz

„Es ist schon eine ganz besondere Ehre für uns“, freut sich der Stinatzer Bürgermeister Andreas Grandits. Und er fügt hinzu: „Auch heutzutage wird noch traditionell geheiratet, da ist das ganze Dorf auf den Beinen. Heuer mussten wegen Corona Hochzeiten abgesagt werden, aber die holen wir nach.“

Mitarbeit: Michael Chudik

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