Neonazi-Seite veröffentlicht Daten von Polizisten

Neonazi-Seite veröffentlicht Daten von Polizisten
Anzeigen unter Titel "Wie die politische Polizei arbeitet" online gestellt.

Die Neonazi-Homepage "alpen-donau.info" hat nach der Veröffentlichung zweier Anzeiger neuerlich zwei Namen öffentlich gemacht. Konkret werden auf der vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuften Internetseite zwei Polizisten namentlich genannt.

Unter dem Titel "Wie die politische Polizei arbeitet" wurden zwei in Graz aufgenommene Anzeigen aus dem Jahr 2008 online gestellt. Angezeigt wurde damals das Anbringen von Stickern mit dem Ruf nach Freispruch für Gerd Honsik. Die Anzeiger wurden in diesem Fall zwar geschwärzt, namentlich genannt werden aber die beiden Polizeibeamten, die die Anzeigen damals entgegengenommen haben. Ein Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark erklärte in den Salzburger Nachrichten, dass die Polizisten gegen die Veröffentlichung klagen könnten. Die Angelegenheit sei an das Landesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet worden.

Vorige Woche war bereits bekannt geworden, dass auf der Homepage Namen, Telefonnummer und Adressen von zwei Personen veröffentlicht wurden, die die Seite bei der Wiederbetätigungs-Meldestelle des Innenministeriums angezeigt hatten (siehe Bericht unten). Die Justiz verwies darauf, dass die Daten im Rahmen der jedem Beschuldigten zustehenden Akteneinsicht dorthin gelangt seien. Inzwischen hat das Innenministerium klargestellt, dass die Wiederbetätigungs-Meldestelle künftig Personendaten nicht mehr automatisch an die Staatsanwaltschaft übermittelt, sondern nur mehr auf deren ausdrücklichen Wunsch.

Der Vorsitzende der Vereinigung der Staatsanwälte, Gerhard Jarosch, erklärte unterdessen im Falter, dass der zuständige Staatsanwalt den Akt über Herrn P., den Betreiber der Homepage, zuerst nur auszugsweise übermittelt habe. "Erst als sich dieser beschwerte und der zuständige Haft- und Rechtsschutzrichter dem Staatsanwalt auftrug, alles zu übermitteln, tat er das."

Die Veröffentlichung der Daten zweier Anzeiger auf der Neonazi-Homepage "Alpen-Donau.info" brachte die alte Diskussion über den Umgang mit der Akteneinsicht in Strafverfahren wieder aufs Tapet. Staatsanwalt Gerhard Jarosch hält Maßnahmen gegen die Veröffentlichung von personenbezogen Daten für nötig. Medienanwalt Alfred Noll lehnt ein strafbedrohtes Verwertungsverbot und ähnliches ab.

Die beiden Personen, die die "Alpen-Donau.info" bei der Wiederbetätigungs-Meldestelle des Innenministeriums angezeigt haben, haben gegen die Veröffentlichung ihrer Namen, Adresse und Telefonnummer kaum rechtliche Mittel. Er sehe keine Gesetzeswidrigkeit, sagte Noll. Personen, die sich auf diese Weise engagieren, hätten allerdings die Möglichkeit, bei der Meldestelle den vertraulichen Umgang mit ihren Daten anzufordern.

Staatsanwälte fordern mehr Schutz

Strafen für den Verstoß gegen eine Verwertungsverbot oder andere Maßnahmen gegen Veröffentlichungen von Aktenteilen hält Noll nicht für nötig. Jarosch, der Vorsitzende der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte, ist hingegen der Meinung, dass man Verfahrensbeteiligte schützen müsse. Versuche, solche Veröffentlichungen zu sanktionieren, seien in der Vergangenheit immer politisch gescheitert. Aber man könnte überlegen, dass personenbezogene Daten von Opfern, Beschuldigten und Zeugen prinzipiell nicht in den Akt kommen - also technische Vorkehrungen getroffen werden, dass die Polizei diese Daten zwar erfasst, aber die anderen Verfahrensbeteiligten sie nicht einsehen können.

Laut Strafprozessordnung haben die Verfahrensbeteiligten das Recht der Akteineinsicht und der Anfertigung von Kopien. In Par. 54 ist auch ein Verwertungsverbot formuliert, dass die Veröffentlichung personenbezogener Daten anderer Beteiligter oder Dritter, die "nicht in öffentlicher Verhandlung vorgekommen" sind, untersagt - aber keine Strafdrohung enthält. Gegen solche Veröffentlichungen vorgehen können Betroffene allenfalls im Zivilrechtsweg, über das Medienrecht.

Innenministerium will prüfen

Das Innenministerium will den Fall nun prüfen. Im ORF-Mittagsjournal kritisierte Christian Pilnacek, Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium, dass schon der Verfassungsschutz die betreffenden Daten schwärzen hätte sollen, bevor sie an die Staatsanwaltschaft übermittelt wurden.

Grüne kündigen parlamentarische Anfrage an

Die StPO gestatte aber ausdrücklich, Daten und andere Fakten, die Rückschlüsse auf die Identität gefährdeter Person zulassen, von der Akteneinsicht auszunehmen und nur solche Kopien auszufolgen, in denen diese Informationen unkenntlich gemacht wurden, betonte der Grüne Abg. Harald Walser in einer Aussendung. Deshalb ist es für ihn ein "unglaublicher Skandal", dass "persönliche Daten von AntifaschistInnen an militante Rechtsextreme durch österreichische Behörden" weitergegeben wurden. Denn der Betreiber der Website "Alpen-Donau.info" sei ein amtsbekannter Neonazi, der 2012 in erster Instanz wegen NS-Wiederbetätigung und schwerer gemeinschaftlich begangener Körperverletzung - noch nicht rechtskräftig - verurteilt worden sei. Walser kündigte parlamentarische Anfragen an das Innen-und Justizministerium an.

Auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes verurteilte die Weitergabe der Daten, weil damit Zivilcourage vom Staat denunziert werde.

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