Neonazi-Seite stellt brisante Daten online

Neonazi-Seite stellt brisante Daten online
Namen und Telefonnummern von Personen veröffentlicht, die Homepage als rechtsextrem gemeldet haben.

Die neonazistische Homepage "Alpen-Donau.info" hat am Sonntag Name und Telefonnummer von zwei Personen veröffentlicht, die die Website beim Innenministerium als rechtsextrem gemeldet haben. Die Betreiber der Seite schreiben, dass sie eine vollständige Liste mit allen Meldern besitzen. Außerdem fordern sie ihre Leser auf, "Fanpost“ an die Personen zu verschicken. Einem Bericht des Standard zufolge könnten die Betreiber der Homepage über Akteneinsicht an diese Daten gekommen sein.

Die Meldestelle NS-Wiederbetätigung, die im Innenministerium für derartige Angelegenheiten zuständig ist, verweist gegenüber dem Standard darauf hin, dass persönliche Angaben nur "auf Wunsch“ vertraulich behandelt werden. Daher könnten Personen, die Rechtsextreme melden, bei Berichten an andere Behörden mit Namen genannt werden.

Das Schreiben, in dem die Daten der beiden Melder genannt werden und das auf der Alpen-Donau-Homepage veröffentlicht wurde, ist vom Verfassungsschutz an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt worden. Dort hieß es laut Standard, dass - ohne auf den konkreten Fall einzugehen - im Allgemeinen Beschuldigte und ihre Anwälte Akteneinsicht erlangen und eine Kopie des Akts erhalten können.

Küssel verurteilt

Auf der Alpen-Donau-Seite wurde jahrelang gegen Politiker, Juden und Andersdenkende gehetzt. Fotos von Politikern und Aktivisten waren dort zu sehen, dazu ihre Adressen und Gewaltaufrufe. Unter ihnen waren prominente Opfer wie die am Samstag verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Im Jahr 2011 wurde die Seite vom Netz genommen, deren Initiator, der Neonazi Gottfried Küssel und zwei Gleichgesinnte kamen hinter Gitter. Der OGH bestätigte Mitte Jänner den Schuldspruch gegen Küssel, setzte die Strafe geringfügig auf sieben Jahre und neun Monate herab.

Seit einigen Monaten gibt es nun eine Nachfolge-Seite mit dem identen Domain-Namen. Die Vorgänger-Homepage wurde anonym über einen Server in den USA betrieben. Diesmal ist der Inhaber namentlich bekannt – es handelt sich um Richard P., der auch als Kontaktperson auf der Homepage angeführt wird.

P. ist in der rechten Szene kein Unbekannter: Das ehemalige Vorstandsmitglied der FPÖ-Jugendorganisation in Graz (Anm. des Rings Freiheitlicher Jugend) ist Burschenschafter und stand in Graz bereits zwei Mal vor Gericht. Er wurde zu 24 Monaten bedingter Haft wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung und nicht rechtskräftig wegen Körperverletzung zu einer unbedingten Haftstrafe verurteilt.

Eine tragende Rolle kann Gottfried Küssel schon aufgrund seiner Inhaftierung nicht spielen. Die Strategie, sich als „eingesperrter“ Märtyrer zu präsentieren, ist in Österreich laut dem Österreichischen Dokumentationsarchiv (DÖW) nur bedingt aufgegangen. Aufrufe zur Solidarität mit Küssel gingen von Süddeutschland aus. Hierzulande gab es nur wenige Nachahmer. Die Szene sei dafür viel zu „desorganisiert“.

Nachfolger, heißt es im DÖW, gäbe es zwar. Doch aufgrund des Drucks der Behörden seien die potenziellen Akteure in Deckung gegangen. „Verurteilung und Verhaftung haben eine extrem abschreckende Wirkung“, erklärt Andreas Peham vom DÖW. Für ihn unterstreicht das, wie wichtig das NS-Verbotsgesetz ist.

Die rechte Szene hat sich gewandelt: Die neue Generation trifft sich in losen Gruppen, die sich via sozialer Medien organisieren und nach außen in einem gemäßigten Ton auftreten. Dieser „führerlose Widerstand“ argumentiert mit rassistischen Kulturtheorien anstatt mit offen nationalsozialistischen Parolen. Häufig finden sich in diesen rechtsextremen Kreisen auch einschlägig bekannte Neonazis. In Wien ist ein „Jünger“ Küssels in einer neuen Bewegung aktiv. Damit, meint Peham, erreiche man „breitere Kreise“. Der Wandel in der Organisation dürfe nicht dazu verleiten, den Neonazismus zu verharmlosen. Er ist nun schwerer zu fassen.

Gefährlich war auch Küssels Homepage, auf der zu Gewalt gegen Personen aufgerufen wurde – gespickt mit Fotos und den Adressen.

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