Nazi-Vorwürfe: Verdächtige sterben weg

Nazi-Vorwürfe: Verdächtige sterben weg
Leiter der rechtsextremen "Europäischen Aktion" starb nach 19 Monaten in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Josefstadt.

Hans B. ist tot. Der mutmaßliche Kopf der rechtsextremen „Europäischen Aktion“ in Österreich starb in der Untersuchungshaft. Mehr als 19 Monate befand sich der Pensionist in der Justizanstalt Wien-Josefstadt hinter Gittern. Am 10. August starb der schwer herzkranke Tiroler im Alter von 77 Jahren. Und damit der Hauptverdächtige in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren.

B. ist nicht der erste Todesfall im Zuge dieser lange dauernden Ermittlungen. Auch ein zweiter Verdächtiger – er soll Landesleiter in Wien gewesen sein – schloss mit 80 Jahren für immer seine Augen. Genauso wie der Mitstreiter und verurteilte Neonazi Gerd Honsik.

Gegen insgesamt acht Personen wurde ursprünglich wegen Wiederbetätigung ermittelt. Allesamt keine Jungspunde.

Allein der Abschlussbericht des Verfassungsschutzes soll 14 Bände umfassen. Terrabyte an Daten wurden ausgewertet, Ermittlungen mit ausländischen Behörden waren nötig. Eine Anklage oder einen Termin für eine Verhandlung gibt es noch immer nicht.

Franz-Karl Juraczka und Birgit Kravagna standen B. als Anwälte zur Seite. Von der Justiz sind sie enttäuscht. „Unser Mandant saß 19 Monate ohne Anklageschrift in Untersuchungshaft. Dabei waren seine schweren gesundheitlichen Probleme bekannt. Zuletzt klagte er auch darüber, dass ihm die Hitze schwer zu schaffen macht.“

Überlange U-Haft

Nazi-Vorwürfe: Verdächtige sterben weg

Selbst das Oberlandesgericht hatte bereits festgestellt, dass das Beschleunigungsgebot verletzt wurde. Rund ein Dutzend Beschwerden brachten die Anwälte ein – ohne Erfolg. Dabei hätte man Hausarrest oder Fußfessel als Alternativen zur überlangen Untersuchungshaft vorgeschlagen. Und es hätte auch die Möglichkeit gegeben, B. auf die Wilhelmshöhe verlegen zu lassen – dort werden spezielle ältere Gefangene untergebracht.

Doch die Vorwürfe gegen Hans B. wogen für die Justiz zu schwer. Und anscheinend gab es Befürchtungen, dass er in die Schweiz flüchten könnte – dort hatte er gelebt, allerdings gab es zuletzt ein Einreiseverbot gegen ihn.

Juraczka dagegen betonte immer wieder den Hauptgrund für eine Alternative zur U-Haft: „Er war großteils geständig.“ Tatsächlich gestand B. sein Bedauern zu. „Ich war mir der Tragweite meiner Handlungen nicht bewusst.“ Seine Handlungen waren einschlägig. So pflegte er regen Kontakt zu internationalen Holocaust-Leugnern und Neonazi-Gruppierungen wie „Stahlsau eV“. Der interne Gruß lautete „Heil!“. Noch einen Tag vor seiner Verhaftung war er zu Besuch beim Neonazi Gerd Honsik auf Mallorca.

Ziel der „Europäischen Aktion“ war es unter anderem, die demokratische Rechtsordnung zu beseitigen. Außerdem standen der Anschluss an ein „großdeutsches Reich“ und die Gründung einer europäischen „Befreiungsarmee“ auf der Agenda – dazu sollten auch Ausbildungslager in Ungarn organisiert werden. Die entsprechenden Rekrutierungsmaßnahmen wurden genau protokolliert. Amtierende Politiker sollten mit Gewalt entfernt werden. In einer eMail forderte Hans B. unter anderem eine „Kugel für das Merkel (sic!).“

Auch dazu war der Mann mit dem ewiggestrigen Gedankengut geständig. Allerdings relativierte er: Solche Aufforderungen habe er immer nur in Mails an bestimmte Personen geschrieben und nie öffentlich bei Veranstaltungen gesagt.

Sehr wohl öffentlich forderte er die „Rückführung aller Außerkontinentalen.“ Und in einem Vice-Interview erklärte er einst: „Judäa hat als erstes Deutschland den Krieg erklärt.“

Europäische Aktion: Holocaust-Leugner unter sich

Vor rund 20 Jahren wurde die Europäische Aktion vom Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub gegründet. In sechs Ländern soll es laut eigenen Angaben Niederlassungen gegeben haben, Schwerpunkt war allerdings der deutschsprachige Raum. Zu den Zielen zählten unter anderem  die Abschaffung des Verbotsgesetzes, die „Repatriierung“ von Einwanderern, ein Anschluss Österreichs an Deutschland und die Vernichtung unabhängiger Medien. Im  Juni 2017 gab die Europäische Aktion ihre Auflösung bekannt.

Kommentare