Mit 525 Jahren die älteste Buche

Nationalpark Kalkalpen
Die Buchen-Urwälder werden nächstes Jahr zum Weltnaturerbe erklärt.

Es herrscht Stille. Keine Autos, kein Lärm, keine Abgase. Man hört nur das Rauschen des weiter unten verlaufenden Reichraminger Baches. Ein Steinadler zieht hoch über den Bäumen seine Kreise. Ab und zu vernimmt der Wanderer das Klopfen eines Spechtes. Unterwegs auf dem Buchensteig ist die Welt ist eine völlig andere.

Hier im Reichraminger Hintergebirge, das einen Teil des rund 21.000 Hektar großen Nationalparks Kalkalpen ausmacht, finden sich vollständig erhaltene Buchenwälder. Sie wurden nie bewirtschaftet, da ihr Holz zu schwer für die Trift am Wasser war. Mehr als 500 Jahre lang schlugen die Knechte die Bäume und sorgten mit ihren gefährlichen Arbeit für den Abtransport der Stämme ins Tal, wo sie hauptsächlich zu Holzkohle verarbeitet wurden.

"Eine Wanderung durch die Buchenwälder ist blutdrucksenkend, beruhigend und ein tolles regeneratives Erlebnis", ist Nationalpark-Direktor Erich Mayrhofer überzeugt. "Sie ist gut für den Organismus und die Psyche." Das Durchschnittsalter der Buchen beträgt 300 bis 400 Jahre. Sie sind auch deshalb besonders wertvoll, weil sie bis zu 4000 verschiedene Organismen enthalten, wovon sich andere Lebewesen ernähren. Zum Beispiel der Weißrückenspecht, der mit den Maden der Buche seine Jungen füttert. Wo es keine Buchen gibt, gibt es auch keine Weißrückenspechte. Im Nationalpark wurden einhundert Brutpaare nachgewiesen. Ab einem gewissen Alter beherbergen die Buchen viele Baumpilze und verschiedene Arten von Moosen und Flechten. Sie sind sehr vital, selbst wenn sie nur mehr aus Totholz bestehen.

Naturerbe

Die Verantwortlichen haben alle Vorbereitungen getroffen, damit die insgesamt vier Buchenwälder im nächsten Jahr zum Weltnaturerbe erklärt werden können. Bei den Untersuchungen stellte ein italienischer Experte fest, dass ein Baum bereits 525 Jahre alt ist. Er entstand also, als Kolumbus Amerika entdeckt hat. Der Experte kennt keine Buche im Alpenraum, die älter ist. Mayrhofer: "Sie steht auf einem besonderen Standort auf ca. 1200 Meter Höhe, wo rechts und links Lawinenhänge sind. Sie war mit hoher Wahrscheinlichkeit ein bis zwei Jahrhunderte durch andere Bäume so im Wachstum gehemmt, dass sie sich nur ganz langsam entwickeln konnte. Erst als der Wald rund um sie zusammengebrochen ist, hat sie ihr normales Wachstum erreicht."

Der Wanderer stößt auch auf Rehwild, Hirsche und Gämsen, von denen es im Nationalpark je 600 bis 800 Stück gibt. Die Hirsche tragen besonders prächtige Geweihe, weil sie nicht geschossen werden dürfen. Neben dem seltenen Weißrückenspecht sind noch weitere fünf Arten heimisch. Aufgrund der großen Vielfalt der Pflanzen wurden 1564 verschiedene Schmetterlinge nachgewiesen.

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