"Narben könnten neu aufbrechen"

Konflikte zwischen den Volksgruppen sind in Ludmannsdorf längst Geschichte
Streit um Slowenisch in der Kärntner Landesverfassung: Ein Lokalaugenschein in einer zweisprachiger Gemeinde.

"Das Volksgruppenthema ist in unserer Gemeinde seit der Beilegung des Ortstafelstreits im Jahr 2011 kein Thema mehr. Wir slowenischsprachige Kärntner leben mit den deutschsprachigen problemlos zusammen. Doch plötzlich wird gehetzt – ein gefährliches Spiel." Das sagt Franz Gasser, Kärntner Slowene aus Ludmannsdorf (Bezirk Klagenfurt Land). Der KURIER hat sich zu einem Lokalaugenschein in die zweisprachige Gemeinde begeben, um Meinungen zur aktuellen Diskussion um die Erwähnung des Wortes "Slowenisch" in der neuen Landesverfassung einzuholen.

"Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen", lautet jener Satz, den ÖVP-Chef Christian Benger aus dem Entwurf streichen will. Dieses Ansinnen lässt in Ludmannsdorf, wo rund ein Drittel der 1800 Einwohner der slowenischsprachigen Volksgruppe angehören, die Wogen hochgehen.

Zweisprachigkeit wird hier gelebt – nicht nur weil "Bilčovs" auf der Ortstafel steht oder das Hinweisschild zum Gemeindekindergarten sowie die Einladung zur Winterwanderung auf der Plakatwand in zwei Sprachen gestaltet sind. "Wir verstehen uns, selbst wenn ich die Slowenen kaum verstehe. Ich bin ja Deutsch-Kärntnerin, also nicht slowenischsprachig", sagt Evelin Obermüller, Filialleiterin im einzigen Supermarkt der Gemeinde.

"Einst zwei Gruppen"

Das gegenseitige Verständnis war nicht immer gegeben, weiß Sabine Sprachowitz zu berichten. Sie ist im steirischen Köflach aufgewachsen, doch im Jahr 2003 verschlug es sie der Liebe wegen nach Ludmannsdorf. "Damals existierten hier zwei Grüppchen: die Slowenisch- und die Deutschsprachigen. Da gab es einige Personen, die mit ihrem Gegenüber Probleme hatten. Das hat sich mit dem Ortstafelkompromiss gelegt. Ich befürchte jedoch, dass der Konflikt nun wieder auflebt. Alte Narben könnten neu aufbrechen", sagt sie.

Johann Karulle sieht das ähnlich: "Ein Thema, das längst erledigt war, köchelt. Hoffentlich nicht auch der Konflikt. Warum sollte man den Slowenen nicht per Verfassung das Recht auf Gleichstellung gewähren?" Von einem "gefährlichen Zündeln" spricht Mirko Graschler. "Immerhin war die Streitproblematik zwischen den Volksgruppen beigelegt."

Manfred Maierhofer sitzt für die gleichnamige Namensliste im Ludmannsdorfer Bürgermeistersessel. Er gilt als ÖVP-nahe und schüttelt dennoch ob der Vorgänge den Kopf. "Heutzutage einen längst beigelegten Zwist anzustacheln ist unsinnig", kritisiert er die ÖVP.

Dass erneut ein Konflikt entstehen könnte, glaubt Maierhofer jedoch nicht: "Die Bevölkerung ist reif genug, um die Ruhe zu bewahren und auf eine Lösung zu warten – von der gehe ich aus."

Die ÖVP ist am Zug

Diesbezügliche Verhandlungen wird es laut SPÖ und Grünen vorerst nicht geben. Ein Kompromissvorschlag von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht die Übernahme eines Passus der Bundesverfassung vor, wonach sich die Republik zur "sprachlichen und kulturellen Vielfalt bekennt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt". Ein Zusatz für Kärnten, der das Wort "Slowenisch" beinhaltet, gilt aber als Bedingung. Nun sei Benger gefordert, einzulenken, heißt es von den Koalitionspartnern.

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