Nachträgliche Millionen-Spritze

Nachträgliche Millionen-Spritze
Das Krankenhauspersonal mehrerer Bundesländer darf auf Gehaltsnachzahlungen hoffen

Christine Vierhauser ist dieser Tage eine viel gefragte Frau. "Bei uns melden sich Kollegen aus vielen anderen Bundesländern", erzählt die Zentralbetriebsrätin der Salzburger Landeskliniken (Salk). Seit bekannt wurde, dass die Personalvertretung Nachzahlungen in Höhe von 24 Millionen Euro für 4100 der insgesamt 5400 Mitarbeiter erstritten hat, rumort es auch bei anderen öffentlichen Gebietskörperschaften.

Wie berichtet hat das Land Salzburg als Dienstgeber bisher Vordienstzeiten, die in anderen Unternehmen entstanden sind, nur zu 60 Prozent angerechnet. Das Landesgericht Salzburg stellte fest, dass über Jahre hinweg zu niedrige Gehälter bzw. Entgelte für Nachtdienste und Überstunden bezahlt wurden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. "Aber es wird österreichweit Auswirkungen haben – im gesamten öffentlichen Dienst", ist Vierhauser überzeugt.

Ein Rundruf unter Personalvertretern verschiedener Landesspitals-Verbände zeigt, was hier noch auf die Länder zukommen kann – so etwa auf die Steiermark. "Wenn das auch für uns zutrifft, wäre das eine Bombe. Wir werden uns das im Detail anschauen", sagt etwa Gerhard Hammer vom Betriebsrat der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (Kages). Die ist im Vergleich zur Salk mit 17.000 Mitarbeitern ein Riese. Und auch hier wird laut Hammer unterschieden, wo ein Mitarbeiter zuvor gearbeitet hat. "Wer nicht aus dem öffentlichen Dienst kommt, dem werden nur 1,5 Jahre als Vordienstzeiten angerechnet."

Peter Maschat verfolgt die Entwicklung nach dem Salzburger Urteilsspruch aufmerksam. Als Betriebsrat der Landesbediensteten im Krankenhaus- und Pflegebereich von Niederösterreich vertritt er 26.000 Mitarbeiter. "Muss dieses Urteil auch bei uns angewendet werden, kann das in Niederösterreich zur gleichen Situation wie in Salzburg führen. In letzter Konsequenz wären das Nachzahlungen", sagt Maschat in einer ersten Einschätzung.

Mehr als in Salzburg

Die 4000 Spitalsärzte hätten ein eigenes Dienstrecht, in dem die Problematik nicht zum Tragen komme. Von den übrigen 22.000 Mitarbeitern könnten aber 30 bis 40 Prozent – also bis zu 8800 Angestellte – Nachzahlungen erhalten. "Wie viel das für jeden einzelnen ausmacht, lässt sich nur schwer sagen. Man wird in Summe aber sicher mit einem höheren Betrag rechnen müssen als in Salzburg."

In Niederösterreich werden im Landesdienst je nach Berufsgruppe pauschal fixe Vordienstzeiten angerechnet. Wer etwa aus einem privaten Krankenhaus in ein öffentliches wechselt, fällt um die eventuell mehr geleisteten Berufsjahre um.

Oberösterreich rechnet zumindest bei Ärzten und Pflegepersonal Vordienstzeiten in der Regel zu 100 Prozent an, wie Alfred Mayr, Büroleiter des Zentralbetriebsrats der Landeskliniken, erklärt. "Hier kann es vielleicht Einzelfälle geben." Doch etwa 30 Prozent der 11.000 Bediensteten fallen nicht in diese Berufsgruppen. "Hier müssen wir uns die Situation anschauen".

In Tirol wird ebenfalls mit großem Interesse nach Salzburg geblickt, heißt es vom Betriebsrat der Landeskrankenanstalten. "Wir führen selber einen Prozess um Vordienstzeiten, der zur Zeit aber auf Eis gelegt ist", erklärt der stellvertretende Vorsitzende Bertram Siegele. Mehr wolle man dazu im Moment nicht sagen. Das Gehaltsschema der Landesbediensteten an den Tiroler Krankenhäusern war zuletzt mehrfach Gegenstand von intensiv geführten Verhandlungen.

Bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) gibt man sich noch zurückhaltend. "Die Frage ist, ob das Salzburger Urteil wirklich auf den gesamten Bundes- und Landesdienst durchschlägt", sagt GÖD-Sprecher Otto Aiglsperger. Doch im Hintergrund wird die Entscheidung von Personalvertretern wie Arbeitgebern der öffentlichen Hand bereits genauestens unter die Lupe genommen.

Die Dienstrechte der verschiedensten öffentlichen Körperschaften unterscheiden sich zwar teilweise erheblich. Doch das Salzburger Landesgericht hat das System an den Landeskliniken mit Hinweis auf einen Vorabentscheid des EU-Gerichtshofs in diesem Fall gekippt. Der hatte in der unterschiedlichen Bewertung der Vordienstzeiten eine Einschränkung der Arbeitnehmer-Freizügigkeit gesehen. Und diese Unterscheidungen – wenn zum Teil auch in anderem Maße – gibt es eben auch bei anderen öffentlichen Dienstgebern.

In Salzburg hat das Land bereits Nachzahlungen nicht nur für die Spitalsmitarbeiter, sondern auch für die anderen Landesbediensteten angekündigt. So sehr sich die Salk-Betriebsrätin Christine Vierhäuser über den Erfolg freut, weiß sie auch um die mögliche Kehrseite der Medaille: "Das kostet ein Schweinegeld, das in den Budgets nicht vorgesehen ist. Das Damoklesschwert ist, dass dafür an anderer Stelle gespart wird." Der Spardruck für die öffentliche Hand war österreichweit bereits vor diesem Gerichtsentscheid enorm.

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