Nach US-Gerichtsurteil: Streit ums Glyphosat in Österreich

Nach US-Gerichtsurteil: Streit ums Glyphosat in Österreich
Experten streiten sich, ob das Pflanzengift krebserregend ist oder nicht. Was die Regierung plant.

Österreichische Umweltschützer sehen gerade mit Genugtuung in die USA. Dort wurde der Agrar-Riese Monsanto zur Zahlung von rund 250 Mio. Euro Schmerzensgeld verdonnert, weil er nicht darauf hingewiesen hat, dass Glyphosat krebserregend sein könnte.

Greenpeace sieht sich damit in seinem Urteil bestätigt: „Glyphosat wird mit einer Reihe gesundheitlicher Schäden in Verbindung gebracht“, sagt Landwirtschaftssprecher Sebastian Theissing-Matei. Der Unkrautvernichter wird z. B. unter dem Markennamen Round-up verkauft und auch von Hobbygärtnern oder Gemeindearbeitern verwendet.

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte vor drei Jahren konstatiert, dass das Mittel „wahrscheinlich krebserregend“ sei. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn die WHO stellt nur fest, dass das Mittel prinzipiell karzinogen ist – Gesundheits- und Umweltbehörden bewerten hingegen das Risiko, tatsächlich auch an Krebs zu erkranken. Und da ist die Sache etwas differenzierter, kommt es doch darauf an, wie man das Mittel anwendet.

In der EU wurde im November 2017 um ein gesamteuropäisches Verbot gerungen. Am Ende stimmte eine Mehrheit dafür, Glyphosat für weitere fünf Jahre zu genehmigen. „Das Pflanzengift wird auch in Österreich weiterhin auf unseren Feldern versprüht“, ärgert sich der Greenpeace-Sprecher. Immerhin 312 Tonnen waren es im Jahr 2016 (Grafik).

„Die Regierung muss endlich für einen österreichweiten Glyphosat-Ausstieg sorgen. Im Zuge dessen muss sie unsere Bauern bei einer Umstellung auf glyphosatfreie Methoden unterstützen“, fordert Theissing-Matei.

Warten auf 2019

Das zuständige Büro im Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) ist abwartend und verweist auf das Regierungsprogramm sowie einen Entschließungsantrag des Parlaments: Danach soll eine Machbarkeitsstudie und ein Aktionsplan erarbeitet werden, wie komplett auf das Gift aus dem Hause Monsanto verzichtet werden kann.

„Die Studie wird gerade im Rahmen eines Forschungsauftrages durch die Universität für Bodenkultur (BOKU), ergänzt durch Expertise der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), erarbeitet“, heißt es auf KURIER-Anfrage. Bis Frühjahr 2019 soll die Studie abgeschlossen werden.

Bis dahin setzt man auf Freiwilligkeit. Immerhin lebt schon jeder fünfte Österreicher in einer Gemeinde, die auf Straßen, Friedhöfen und Spielplätzen kein Gift mehr verwendet. Und der Hauptabnehmer Landwirtschaft gehe „sorgsam mit dem Einsatz von Glyphosat um. Niemand will sich seinen eigenen Boden dauerhaft schädigen oder die Gesundheit von Menschen gefährden“, heißt es aus dem Ministerium.

In Deutschland, wo pro Jahr 5000 Tonnen Glyphosat in der Landwirtschaft ausgebracht werden, meldet sich die frühere Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) zu Wort: „Wir brauchen dringend ein umfassendes Anwendungsverbot. Es geht um die Gesundheit von Bauern, Gärtnern und Konsumenten. Und um die Gesundheit der Kinder.“ Der amtierenden Ressortchefin Julia Klöckner (CDU) wirft die Grüne Untätigkeit vor.

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