Nach Notruf-Ausfall in Salzburg: Wie sicher ist das System?

Nach Notruf-Ausfall in Salzburg: Wie sicher ist das System?
2,5 Stunden war der Rot-Kreuz-Notruf in Salzburg nicht erreichbar. Wie die Sicherheitsnetze der Bundesländer aussehen.

Von 19.30 Uhr bis kurz nach 22 Uhr hieß es im gesamten Bundesland Salzburg am Montagabend für all jene, die 140, 141 oder 144 wählten: "Die gewählte Rufnummer ist nicht vergeben. Bitte wenden sie sich an die Auskunft."

Viele fragen sich nun: Wie konnte das passieren? Und warum gibt es dafür offenbar keinen Plan B?

Suche nach Auslöser

"Wir haben eigentlich ein durch Hard- und Software mehrfach abgesichertes System und zwei Leitstellen in der Landeshauptstadt und in Zell am See, die verbunden sind", erklärt Rot-Kreuz-Sprecherin Roberta Thanner.

Im Fall von Montagabend dürften mehrere Faktoren mitgespielt haben. Die Fehleranalyse durch den Telefonanbieter begann noch am Dienstag, ein Endergebnis gib es noch nicht. Thanner: "Wir haben sofort Medien und auch auf unseren Socialmedia-Kanälen umfangreich informiert." Man arbeite im Worst Case außerdem eng mit den Leitstellen von Polizei und Feuerwehr zusammen. Auch Anrufer würden bei Notfällen oft in Panik die Nummern 122, 133 und 144 verwechseln. "Man denkt dann die anderen Notrufe mit."

100 Anrufer während Ausfalls

Das Rote Kreuz wurde in den zweieinhalb Stunden von Polizei und Rettung über 100 Anrufe informiert, die keinen Anschluss fanden. Dabei geht es aber nicht nur um Notfälle, in denen jede Minute zählen kann, sondern auch um Fälle wie Signale von Notrufarmbändern älterer Menschen oder Fahrten in Krankenhäuser.

Einen kurzfristigen Ausfall gab es erst im September bei der Salzburger Landeswarnzentrale der Freiwilligen Feuerwehr. Man sei aber bestmöglich abgesichert, betont Rainhard Krallinger. Bei Ausfällen hilft zumeist eine Umschaltung auf einen zweiten Telefonanbieter. Und sogar für den äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass Baggerarbeiten bei der Landeswarnzentrale die Leitung kappen könnten, wurde mitgedacht: "Dann geht es auf ein Handy." Aber ein Restrisikio bzw. ein Zeitfenster, bis Ersatzsysteme einspringen, bleibe.

Alternativen bei Ausfall

Dass es immer wieder zu Ausfällen des Notrufs kommt, zeigt ein Rundruf des KURIERS in ganz Österreich. Im Oktober 2019 konnten etwa Kunden des Mobilfunkanbieters A1 Notrufnummern in der Bundeshauptstadt Wien für mehrere Stunden nicht erreichen. 

Ein genereller Ausfall der Notrufnummern war in der Bundeshauptstadt laut Polizeisprecherin Barbara Gass aber bisher noch nie der Fall: "In Wien ist kein Fall bekannt an dem der Polizeinotruf aufgrund eines Fehlers unsererseits nicht erreichbar war. Sollten unsere Leitungen nicht funktionieren, gibt es natürlich einen Plan und man weicht auf Landesleitzentralen anderer Landespolizeidirektionen aus."

Sollte es zu einem flächendeckenden Ausfall kommen - wie das zum Beispiel bei einem Blackout der Fall wäre - raten die Einsatzorganisationen im Notfall persönlich zu der nächsten Polizei-, Rettungs-, oder Feuerwehrdienststelle zu kommen. 

NÖ auch schon von Ausfällen betroffen

Ein Ausfall des Notrufs ist auch in Niederösterreich bereits vorgekommen, wie der Sprecher der Landesleitstelle Niederösterreich, Stefan Spielbichler, bestätigt: „In der Vergangenheit ist es immer wieder zu regionalen Ausfällen des Notrufsystems gekommen.“ Meistens sei es aber auch in Niederösterreich der Fall gewesen, wenn der Telefonnetzanbieter ein technisches Gebrechen hatte. 
 
Für Notfälle gebe es aber Konzepte, die einen Totalausfall verhindern. „Wir haben Ausfallsszenarien, um dies abzufangen“, sagt Spielbichler. Für den Fall, dass eine Notrufnummer durch ein technisches Gebrechen lahm gelegt wird, werde über Rundfunk und Medien dazu aufgerufen, eine der anderen einlangenden Notrufnummern zu wählen. Um im besonderen Krisenfall auch intern die Kommunikation mit den jeweiligen Einheiten und Organisationen aufrecht zu erhalten, gibt es den Behördenfunk, auf den zurückgegriffen werden kann. Weit reichende Totalausfälle sind in NÖ in den vergangenen Jahren zum Glück ausgeblieben.
 

Dreifache Absicherung

In Kärnten heißt es vom Roten Kreuz, dass ein Ausfall des Notrufs zuletzt vor gut 15 Jahren vorgekommen sei. "Wir haben die Bevölkerung dann über Fernsehen, Radio und die Medien informiert", sagt Sprecherin Melanie Reiter. Mittlerweile sei die Leitstelle gleich dreifach abgesichert. "Wir haben drei Anbindungen, über Kabel, Telefon und Funk. Das müsste schon sehr blöd hergehen, dass der Notruf nicht erreichbar ist", sagt Reiter. Auch bei der großen Blackout-Übung vor wenigen Wochen in Kärnten sei das Szenario beübt worden. Fakt ist aber auch, dass jedes Bundesland im Falle eines Notruf-Ausfalls über eigene Pläne und eigene Sicherheitsvorkehrungen verfügt.

Automatische Weiterleitung

Vonseiten der Kärntner Polizei heißt es, dass es bei einem Ausfall des Polizeinotrufs automatisch zu einer Weiterleitung der Anrufe auf die Leitstelle in Salzburg kommen würde. "Einen Ausfall in ganz Österreich hatten wir aber noch nicht", erklärt Polizeisprecher Dominik Sodamin. 

Engpass durch Coronafälle

Einen Engpass bei der Notrufbeantwortung hatte es Ende November 2020 auch in Oberösterreich gegeben. Aber nicht aufgrund eines technischen Gebrechens, sondern ausgelöst durch die Pandemie, nachdem am 23. November 46 Bedienstete der Landespolizeidirektion positiv auf Corona getestet worden waren. 

Die Landespolizeidirektion Steiermark hatte daraufhin den polizeilichen und den Euronotruf für Oberösterreich übernommen. Durch ELKOS (Einsatzleit- und Kommunikationssystem) war die technische Übertragung in die Steiermark unproblematisch. Laut Landespolizeidirektion Oberösterreich werde festgehalten, dass "die Struktur der Landesleitzentralen, unterstützt durch die beste Technik, Qualitätseinbußen oder Zeitverzögerungen in solchen Fällen ausschließt und ihre Feuertaufe bestanden" habe. Die Bürgerinnen und Bürger in Oberösterreich sollten die Umstellung eigentlich gar nicht bemerkt haben, erklärte Polizeisprecher David Furtner.

Andere Blaulichtorganisationen springen ein

Nicht wegen Corona, sondern wegen eines technischen Problems beim Anbieter war am 14. Oktober 2019 das Rote Kreuz OÖ eine kurze Zeit lang nur sporadisch erreichbar. Seither gab es keine Zwischenfälle mehr, so Pressesprecher Christian Hartl. "Kommt es in Zukunft dazu, dann entweder den Europäischen Notruf 112 wählen, oder, wenn einem im Notfall die Nummer nicht einfällt, sich bei einer anderen Einsatzorganisation melden. Die Kollegen geben die Informationen dann an uns weiter", so Hartl.

Auch bei der oö. Landesfeuerwehrverband setzt man auf gegenseitige Hilfe: Seit mittlerweile sieben Jahre hätte man einen Leitstellen-Verbund mit der Berufsfeuerwehr Linz und der Freiwilligen Feuerwehr Wels: "Kommt es bei der Landeswarnzentrale zu einem Ausfall, wird man automatisch dorthin weitergeleitet", erklärt Pressesprecher Markus Voglhuber. Eingeführt wurde dieses System, um sich bei einem starken Notruf-Aufkommen - wie etwa bei starken Unwettern - gegenseitig mit Personal aushelfen zu können.

Umleitungen

In die gleiche Kerbe schlägt das Rote Kreuz in der Steiermark: Dieses würde bei einem Ausfall der eigentlichen Notrufnummer auf andere Anschlüsse umleiten, beispielsweise etwa 0800er-Nummern. Falls auch das nicht klappen sollte, bliebe immer noch die Hilfe anderer Blaulichtorganisationen: Wer das Rote Kreuz braucht, soll dann Polizei oder Feuerwehr anrufen - sie geben die Anrufe dann per Funk weiter, hieß es seitens des Roten Kreuz Steiermark.

112 als Alternative

Das Forum Mobilkommunikation rät dazu, bei Ausfällen immer den europäischen Notruf 112 zu wählen. Dieser funktioniert netzübergreifend,  also auch bei Ausfällen eines bestimmten Anbieters. 

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