Die Stadionkatastrophe in Indonesien hat mindestens 125 Menschen das Leben gekostet, auch Kinder sollen unter den Toten sein. Während eine Task Force die Ermittlungen aufnimmt, drängt sich die Frage auf: Kann so etwas auch in Österreich passieren? Der KURIER sprach mit mehreren Experten.
Zwei Gefahrenmomente
Laut Innenministerium gibt es zwei verschiedene Arten von Gefahrenmomenten: Die interne und die externe. "Einerseits geht natürlich potentielle Gefahr davon aus, wenn sich zehntausende Menschen auf engstem Raum treffen und Alkohol fließt, was die Hemmschwellen sinken lässt. Andererseits besteht bei großen Menschenmengen auch immer eine Gefahr im Sinne der Terrorabwehr", erklärt Sprecher Patrick Maierhofer.
Platzstürme
Wie groß ist das Problem der Platzstürme nun in Österreich? "Das haben wir in Österreich auch, wenngleich äußerst selten. Ein Platzsturm ist eine hochlabile und gefährliche Situation für alle Beteiligten", sagt Maierhofer. Mit massiver Polizeipräsenz und Spezialtruppen wie der WEGA wolle man derartige Eskalationen verhindern, was aber nicht immer möglich sei. Besonders eine Massenpanik sei schwer vorherzusehen. "Ein zusätzlicher, extrem gefährlicher Faktor ist freilich, wenn eine Panik in einem räumlich und baulich abgeschotteten Bereich, wie einem Stadion, passiert. Sollte es in einem Stadion zu einer Massenpanik kommen, ist in allen Fällen mit einem erheblichen Personen- und Sachschaden zu rechnen", erklärt der Sprecher. In solchen Fällen gilt die Devise: Alle Schleusen und Ausgänge werden geöffnet, um ein sicheres Abströmen zu garantieren. Für jedes Spiel wird im Vorfeld in individuelles Sicherheitskonzept erarbeitet.
Fans randalierten
Mit einer höheren Gefährdung geht die Sicherheitslage bei sogenannten Risikospielen einher. Erst vergangenen Sonntag fand in der Generali Arena eines dieser Risikospiel statt: Die Austria und ihre Fans trafen auf Sturm Graz. In der Vergangenheit kam es zwischen den Fan-Gruppen immer wieder zu Ausschreitungen und Prügeleien. Fußballfans ist sicherlich auch noch das Wiener Derby aus dem Jahr 2011 in Erinnerung: Bei Spielabbruch randalierten Rapid-Fans dermaßen, dass mehr als 300 Polizisten eine Sicherheitskette auf dem Rasen bilden mussten, um zu verhindern, dass die Rapid-Fans Richtung Osttribüne vordrangen, wo 2.000 Austria-Anhänger standen. Ein Zusammenprall beider Fan-Fraktionen wurde vermieden, das Resümee der Exekutive fiel mit drei Festnahmen und zwei verletzten Polizisten relativ glimpflich aus.
Nur ein Jahr später musste nach einem Platzsturm das Spiel Hartberg gegen GAK sogar abgebrochen werden. In der 76. Spielminute durchbrachen 40 GAK-Anhänger die Sicherheitsschranken und stürmten auf das Spielfeld. Rund 150 Polizisten versuchten, die aufgebrachten Fans auf die Tribüne zurückzudrängen. Da sich die Situation allerdings nur langsam beruhigte, wurde die Partie wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen.
Strikte Sicherheitsregeln
"Von einem Szenario wie in Indonesien sind wir in Österreich weit entfernt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind äußerst strikt, darauf wurde auf beim Bau des neuen Stadions sehr geachtet. Es gibt zum Beispiel direkt hinter dem Gästesektor einen eigenen Parkplatz für die Fans des Gastvereins, die mit Bussen anreisen. So können wir verhindern, dass diese direkt mit den Fans des anderen Vereins konfrontiert werden", erklärt Peter Klinglmüller, Pressesprecher von Rapid.
Das Allianz-Stadion wurde am 16. Juli 2016 mit einem internationalen Freundschaftsspiel gegen Chelsea eröffnet und war damals restlos ausverkauft. Seither fanden 138 Bewerbspiele statt, knapp zwei Millionen Fans verfolgten die Partien. Passiert sei dabei fast nie etwas, erklärt Klinglmüller. "Bei Derbys wurden hin und wieder Bierbecher aufs Feld geworfen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass bei den Vorfällen jemals Personen verletzt worden sind", betont der Pressesprecher. Bei nationalen Spielen dürfen rund 26.000 Fans ins Stadion, bei UEFA-Spielen sind 24.000 zugelassen.
Jährliche Kontrolle
Für die Verwaltung von Sportstätten ist in Wien die MA 51 zuständig, die Abteilung für Sport. Etwa 200 Anlagen, darunter Dutzende Fußballplätze fallen in den Verantwortungsbereich der Stadt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei uns zu solchen Ausschreitungen wie in Indonesien kommen könnte. Es waren dort ja viel zu viele Menschen im Stadion, das ist bei uns allein aufgrund der begrenzten Fananzahl nicht möglich. Auch Tränengas darf in österreichischen Stadien nicht angewandt werden", sagt Michael Janata, der für Infrastruktur und Projekte der MA 51 zuständig ist.
Jedes Jahr werden die 200 Sportstätten der Stadt Wien auf ihren baulichen Zustand geprüft, alle drei Jahre kontrollieren Mitarbeiter der Stadt die elektrotechnische Funktionalität der Anlagen. Das häufigste Problem: Die Flutlichter. "Oft ist das Fundament der Flutlichter brüchig und es besteht die Gefahr, dass die Masten umstürzen. Dann leiten wir Sofortmaßnahmen ein und sperren den gefährlichen Bereich", erklärt Janata. Passiert sei bislang noch nichts.
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