Mutter der entführten Kinder: „Kann mit ihnen mitfühlen“

Die entführten Geschwister lebten seit neun Jahren in Paraguay mit ihrem Vater, bis dieser vor kurzem bei einem Motorradunfall ums Leben kam.
Die Frau, deren Kinder 2004 entführt wurden, hat Verständnis für ablehnende Reaktion.

Noch hat Georgine E. ihre Kinder nicht getroffen. Ingrid, 16, und ihr um drei Jahre jüngerer Bruder Philipp, wurden 2004 vom eigenen Vater entführt und lebten seither im Glauben, die Mama habe sie im Stich gelassen.

Doch während Philipp sich auf die Mutter freuen soll, lehnt Ingrid den Kontakt angeblich ab. Georgine E. zeigt Verständnis dafür. „Ich kann mit ihnen mitfühlen. Sie kennen ihre Mutter nicht und haben wahrscheinlich irgendwelche Vorstellungen von mir“, schreibt die Ungarin in ihrer ersten Stellungnahme an die Medien, die über die Austria Presse Agentur bekannt wurde. „Ich weiß, dass die Situation meiner Kinder seelisch sehr herausfordernd ist. Sie haben gerade ihren Vater verloren, um den sie trauern.“

Der Tod des 60-jährigen Johann E. in Encarnacion in Paraguay brachte die österreichischen Behörden erst auf die Spur zu einem bis dahin als ungeklärt geltenden Entführungsfall. Im November 2004 verschwand der Steirer, der mit seiner Familie in einem Haus in Graz-Umgebung gelebt hatte, von einem Tag auf den anderen mit den Geschwistern. Georgine E., damals 38, lebte in Trennung von ihrem Ehemann, ein Obsorgestreit um die damals siebenjährige Tochter und den fünfjährigen Sohn bahnte sich an. Johann E. beendete ihn durch vollendete Tatsachen: Er flüchtete mit den Kindern und ließ sich letztlich in Paraguay nieder.

Rührende Botschaften

Die Mutter, mittlerweile in ihre Heimat nach Ungarn zurückgezogen, suchte jahrelang nach ihren Kindern, auch mit rührenden Videobotschaften im Internet. Es wurde sogar befürchtet, dass die Kinder nicht mehr am Leben seien. Doch ein Tipp aus dem Bekanntenkreis des Vaters nach dessen Tod infolge eines schweren Motorradunfalles brachte dann die Wendung: Ingrid und Philipp gehe es gut, sie wohnen bei der Lebensgefährtin des Vaters. Allerdings sollen sie lokalen Medien zufolge eher in ärmlichen Verhältnissen gelebt haben: So soll sich Johann E. vor allem mit der Reparatur von Elektrogeräten über Wasser gehalten haben.

Wille der Kinder zählt

Nun sucht Georgine E. einen „umsichtigen und geduldigen“ Weg, wieder einen Zugang in das Leben ihrer Kinder zu erlangen. „Ich betrachte es als meine Aufgabe, sie mit aller Kraft darin zu unterstützen, dass sie eine glückliche und erfolgreiche Zukunft haben“, schreibt die 47-Jährige. Sie freue sich nach neun Jahren Ungewissheit natürlich sehr, sie bald wiederzusehen. Aber nicht ohne ihre Wünsche zu berücksichtigen. „Ihren Willen werde ich selbstverständlich respektieren.“

Wie und ob die Mutter und Kinder zusammengeführt werden, ist laut Außenamt eine Privatsache. Man stehe gerne helfend zur Seite, doch die Ungarin müsse nicht jeden Schritt mit der Behörde abklären. Dazu kommt auch, dass die mittlerweile jugendlichen Geschwister in Paraguay integriert und versorgt sind und mitentscheiden dürfen, wo sie leben wollen. Georgine E. schreibt, sie sei auch über die Hilfe der Lebensgefährtin ihres früheren Mannes glücklich „Ich bin sehr froh, dass meine Kinder wohlauf sind. Dafür möchte ich insbesondere der Pflegemutter in Paraguay danken.“

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