Mossad-Skandal: Verhalten der BVT-Spitze wird untersucht
Der Skandal um die gemeinsame Operation des israelischen Geheimdienstes Mossad mit dem österreichischen Verfassungsschutz BVT rund um den früheren syrischen General Khaled A. dürfte noch weit größere Kreise ziehen. Neben der Anklage gegen vier BVT-Agenten und einen Beamten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, über die der KURIER in seiner Dienstag-Ausgabe berichtete, laufen noch weitere Untersuchungen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Sie betreffen den ehemaligen BVT-Direktor Peter Gridling, den ehemals interimistischen BVT-Chef Dominik Fasching und einen weiteren Spitzenbeamten.
Im Mai 2021 hatte der mittlerweile angeklagte BVT-Agent Oliver L. seine Vorgesetzten wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und falscher Zeugenaussage angezeigt. Dem Vernehmen nach bestreiten die Beteiligten alle Vorwürfe.
Im Mittelpunkt steht die vom KURIER aufgedeckte Affäre um den syrischen Geheimdienstgeneral Khaled A., der Folterungen in einem Gefängnis im syrischen Rakka zumindest nicht verhindert haben soll.
Asyl verschafft
Der General setzte sich aus Syrien nach Frankreich ab und wurde vom Mossad im Rahmen der Operation „White Milk“ 2015 nach Österreich gebracht, wo ihn das Bundesamt für Verfassungsschutz „versteckte“ und betreute. Dem General soll unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hierzulande ein Asylstatus verschafft worden sein.
Anscheinend gab es intern zwei Versionen über die Causa, die in den Geheimakten niedergeschrieben worden sind.
Der WKStA wurde zunächst eine Version präsentiert. 2019 kommt bei der WKStA aber der Verdacht auf, dass die vom BVT übermittelten Unterlagen unvollständig waren. Im Jänner 2020 stellen die zuständigen Ermittler des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung (BAK) in einem Anlassbericht fest, dass Aktenteile „nicht den faktischen Tatsachen entsprechen, unvollständig sind oder wahrheitswidrigen Dokumentationen entsprechen“.
Vor allem Aktenvermerke über BVT-interne Besprechungen, die den angeklagten BVT-Agenten Oliver L. entlasten, sollen der Justiz vom BVT nicht übergeben worden sein. Im Oktober 2020 räumte aber ein Abteilungsleiter ein, dass er vom damaligen BVT-Direktor Gridling per Mail aufgefordert worden sei, die Informationen zum Mossad samt den klassifizierten Dokumenten des Aktes White Milk zeitnahe zu vernichten. Er hatte aber Bedenken und kam der Anweisung nicht nach.
„Keine Folterungen“
Wie geht es nun aber mit dem General Khaled A. weiter, der mutmaßlich unberechtigt Asyl in Österreich erhalten hat? In Deutschland wurde ein Geheimdienstler nach solchen Vorwürfen zu lebenslanger Haft verurteilt. Seit vier Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen A. Hingegenlediglich wegen Körperverletzung, weil der Straftatbestand Kriegsverbrechen gegen Personen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in Kraft war. Er wurde erst einmal einvernommen.
„Meine Mandant ist nur zur Körperverletzung befragt worden, weil es keine anderen Anschuldigungen gibt. Er hat sich keinesfalls an Folterungen beteiligt“, behauptet Timo Gerersdorfer, der Verteidiger des Generals. Der Anwalt bestätigt auch, dass die Republik Österreich versucht, dem General den Asylstatus abzuerkennen. Dieser hat dagegen Beschwerde eingelegt.
Das Innenministerium hat indes die Anklageschrift angefordert und will dann über dienstrechtliche Konsequenzen entscheiden.
Kommentare