Herrschaftszeiten, sie leben noch! Sisi & Franzl faszinieren noch immer
Die Kaisertage in Bad Ischl zeigen es alle Jahre wieder: Elisabeth und Franz Joseph sind nicht out. Warum sie nach wie vor begeistern, weiß der Ur-Ur-Enkel des Kaisers
Tot ist nur, wer vergessen wird. Legt man dieses Immanuel-Kant-Zitat auf Österreichs letztes Monarchenpaar um, sind die beiden also quietschlebendig.
Filme, Serien, Bücher, Alltagsgegenstände – Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph weilen zwar schon seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr unter den Lebenden. Die Faszination für das Kaiserpaar und der Hype um ihre Geschichte sind aber ungebrochen. Ein Mal im Jahr finden sie bei den Kaisertagen in Bad Ischl, die dieses Wochenende starten, ihren imposanten Höhepunkt.
„Man darf nicht vergessen, dass wir 700 Jahre lang eine Monarchie in Österreich hatten und erst seit 110 Jahren keine mehr.“ Michael Kurz ist Historiker aus Bad Goisern. Er erklärt, warum Kaiser & Co. noch immer begeistern:
„Ich lehne Nostalgie ab, die beste Zeit ist die Gegenwart. Aber bei vielen Menschen gibt es diesen Wunsch nach der guten, alten Zeit, nach Sicherheit und Beständigkeit.“
So funktioniere das kollektive Gedächtnis: Man erinnere sich vorrangig an das, was gut war und funktioniert hat.
„Das Salzkammergut hatte natürlich immer eine Sonderstellung beim Kaiser, weil er hier regelmäßig seinen Urlaub verbrachte“, erklärt Historiker Kurz. Die Kaiser-Verbundenheit sei deswegen immer sehr groß gewesen „und er hat sich auch um die Region gekümmert. Zum Beispiel 1865, als Bad Ischl abgebrannt ist. Oder 1897 nach dem großen Hochwasser.“
Eher touristisch
Michael Kurz unterrichtet Geschichte an der HLW in Bad Ischl und findet es wichtig, dass „dieser Teil unserer Vergangenheit gelehrt wird. Mit vielen Ländern waren wir länger zusammen, als wir nun getrennt sind. Diese Einheit verschwindet nicht einfach.“ Die Kaisertage selbst sieht der Experte „eher als touristische Angelegenheit mit der Kaisermesse als authentischen Kern.“
Große Persönlichkeiten
Die Kaisermesse ist auch sein Favorit: Valentin Habsburg-Lothringen ist der Ur-Ur-Enkel des Kaisers und lebt mit seiner Frau und den drei Kindern in der historischen Kaiservilla in Bad Ischl. „Die Faszination für die Monarchie gibt es ja nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Über gekrönte Häupter wird gerne berichtet“.
Vermutlich gehe es auch um große Persönlichkeiten, das sei ja nicht nur bei diesem Thema so, sondern auch in der Politik oder Musik: „Taylor Swift, die ja jetzt in Wien aufgetreten wäre, begeistert ebenso die Massen.“
Seinen Alltag in der Kaiservilla beschreibt Habsburg-Lothringen als „sehr betrieblich. Das ist ja nicht nur mein Zuhause, sondern auch mein Arbeitsumfeld.“ Sobald er vor die Tür gehe, seien Touristen allgegenwärtig – „Gott sei Dank!“, natürlich verspüre er Privileg und Verantwortung zugleich für die Geschichte, die unter anderem auch in diesem Haus geschrieben wurde.
Im Kostüm vor der Villa
Die Kaisermesse sei eben sein persönlicher Höhepunkt des Veranstaltungsreigens, zu viel Sisi und Franzl im kitschigen Kontext sage ihm aber weniger zu. „Das finde ich nicht besonders lustig, wenn mein da Ur-Ur-Großvater im Kostüm vor der Kaiservilla nachgespielt wird.“
Das kritisiert auch Historiker Kurz: „Ich meide dieses Spektakel, mir ist das zu viel Wirbel. Da kommen die Leute von überall her und machen auf Kaiser.“ Eine Faszination, die wohl anhalten dürfte.
Von Spritzer, Schmarrn und Semmeln
700 Jahre Monarchie verschwinden nicht spurlos von einen Tag auf den anderen. Der Kaiser ist nach wie vor omnipräsent in unserem Alltag.
Ob die Begrifflichkeiten immer auf den letzten Monarchen von Österreich zurückzuführen sind, bezweifelt Historiker Michael Kurz: „Diese Zusammenhänge sind oft erfunden.“ Der Kaiser versteckt sich im Schmarrn, im Spritzer und in den Semmeln sowie in der Melange, im Auflauf und in Torten. Beinahe inflationär wird der Kaiser vor Gerichte gestellt, denen das gewisse Etwas verliehen werden soll.
Geschichtlich lässt sich selten ein Konnex herstellen. Auch Sisi muss mit ihrem Namen herhalten für Schokolade, Schmuck und Seifen. Einige Gebäude in Österreich ziert nach wie vor der Doppeladler, etwa am Regierungsgebäude des Wirtschaftsministeriums am Wiener Stubenring. Büsten und Statuen des Kaiserpaares finden sich vielerorts.
Sprachlich hat sich Franz Joseph gut positioniert. Wenn vom Kaiserwetter die Rede ist, sind Sonnenschein und ein wolkenloser Himmel zu erwarten. Angeblich geht die Wortschöpfung auf den meist sonnigen Kaisergeburtstag am 18. 8. zurück.
Zug, Messe und interaktive Kunst
Genau dieser 18. August ist auch Anlass für die Kaisertage, die dieses Wochenende in Bad Ischl starten. Zu den Highlights zählt die Ankunft des Kaiserzuges (15. 8., 11 Uhr), danach folgt der Festumzug durch die Innenstadt, unter anderem mit einem kaiserlichen 10er-Kutschengespann.
Zu Ehren von Kaiserin Elisabeth, eine erstklassige Reiterin ihrer Zeit, fand bereits die Damensattel-Reiterei mit Protagonistinnen in historischen Kostümen statt.
Eine Brücke zwischen Historie und Gegenwart schlägt heuer ein interaktives Gemälde von Kaiser Franz Joseph I. Das vom österreichischen Team rund um Roman Hansi entwickelte Projekt „KI.ser“ soll zur interaktiven Wissensvermittlung beitragen, indem es ermöglicht, mit dem ehemaligen Monarchen ins „Gespräch“ zu kommen. Das lebende Kunstwerk kann von 15. bis 18. August vor der Trinkhalle besucht werden.
Den Höhepunkt bildet jedes Jahr die traditionelle Kaisermesse am Sonntag, 18. 8., – dem Geburtstag von Kaiser Franz Joseph I. – um 11 Uhr in der Stadtpfarrkirche Bad Ischl.
Angehörige der Familie Habsburg, Mitglieder ehemaliger Adelsfamilien und Abordnungen der Traditionsregimenter aus den ehemaligen Kronländern werden bei der Messe dabei sein. Erstmals treten die Wiener Sängerknaben auf, die später im Zuge des Festumzugs zur Kaiservilla auch am Balkon der einstigen Sommerresidenz des Kaiserpaares auftreten.
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