Millionenpleite eines Eisenbahnbetreibers

Für Leute mit viel Zeit und großem Interesse für Eisenbahn-Geschichte: .
Die Verbindlichkeiten werden mit 1,4 Millionen Euro beziffert. Der Konkursantrag im Wortlaut.

„Eine Sanierung ist ohne Mittel von dritter Seite nicht möglich, eine Fortführung des Betriebes ist ohne Mittel von dritter Seite bzw. einer Fortführungsgarantie nicht ohne Weiteres möglich“, heißt es im Konkursantrag. „Daher ist aus Sicht der Antragstellerin eine Schließung des Unternehmens der Antragstellerin vermeidbar, wenn seitens der Eigentümer-Gemeinden, seitens des Landes Tirol oder eines sonstigen Dritten die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt bzw. durch Haftungserklärungen dargestellt werden. Grundsätzlich sei von den beteiligten Kreisen ein Fortbetrieb der Achenseebahn gewünscht.“

Die Rede ist von der im Jahr 1889 eröffnete Tiroler Achenseebahn.  Sie hat laut Creditreform und KSV1870) einen Konkursantrag gestellt. Von der Insolvenz sind 16 Dienstnehmer betroffen. Die Passiva werden mit 1,40 Millionen Euro beziffert. Die Insolvenzursachen sollen in der Streichung der Förderungen durch das Land Tirol liegen.

Laut Insolvenzeröffnungsantrag wurden in den letzten Wochen mehrere Varianten eines Sanierungskonzepts gemeinsam mit dem Büro für Verkehrsplanung des Landes Tirol ausgearbeitet. Letztlich habe es vonseiten des Landes Tirol keine finale Zusage für die Umsetzung eines der erstellten Sanierungsmodelle gegeben, teilte der KSV 1870 mit.

Die Achenseebahn AG, die Antragstellerin, ist Eigentümer und Betreiber der Achenseebahn, deren Eigentümerstruktur ergibt sich wie folgt:
Gemeinde Eben am Achensee, Gemeinde Achenkirch, Marktgemeinde Jenbach, Sparkasse Schwaz AG sowie der Privatpersonen.
 

Der Konkursantrag im Wortlaut:

„Im Januar 2019 beantragte die Tiroler Landesregierung beim Landtag die Gewährung eines Zuschusses von 1,2 Millionen Euro an die Gemeinden Eben, Jenbach und Achenkirch, um im Wege einer Kapitalerhöhung den Kommunen wieder mehr als die Hälfte des Eigentums zu verschaffen, das ist der o.a. Stand der Aktionäre. Das Geld soll für die dringendsten Maßnahmen verwandt werden, ohne die der Fährbetrieb in der Saison 2019 nicht mehr durchgeführt werden könnte“, heißt es im Insolvenzantrag der Achenseebahn AG.  Diese Maßnahme wurde durchgeführt.

Und weiter heißt es:

Der örtliche ÖPNV wird derzeit weitestgehend mit Autobussen bedient. Es bestehen Pläne, das zu ändern. Im Zuge einer anstehenden Streckensanierung soll auch die Möglichkeit eines Ausbaus zu einer modernen elektrischen Regionalbahn und eine Verlängerung bis Pertisau berücksichtigt werden. Die Infrastruktur soll dazu so ausgelegt werden, dass ein Dampfzugbetrieb im Stundentakt mit zeitweiser Verdichtung in der Hauptsaison bis Seespitz zusammen mit einem elektrischen Betrieb über die Gesamtstrecke möglich wird. Gedacht ist dabei an einen Betrieb mit Elektrotriebwagen. Geeignete Fahrzeuge konnten von den Appenzeller Bahnen in der Schweiz übernommen werden. Mit ihnen sollen Fahrzeiten von acht Minuten von Jenbach bis Eben und von 25 Minuten von Jenbach nach Pertisau möglich sein.

Soweit ergibt sich die Historie der Antragstellerin.Tatsächlich hat die Antragstellerin in gemeinsamer Arbeit des Büro für Verkehrsplanung und Eisenbahnaufsicht des Landes Tirol sowie der Betriebsleitung, Werkstättenleitung und Vorstand der Achenseebahn im Detail einen Sanierungs- und Investitionsvorschlag ausgearbeitet, wobei mehrere Versionen zugrunde lagen (Aussetzen einer, zweier oder keiner Saison).

Dieses detaillierte Programm, das eine Investitionssumme von mehr als zehn Millionen Euro vorgesehen hat, wurde dann vom Büro für Verkehrsplanung soweit endbearbeitet, dass es der Landesregierung am 3. März 2020 als Regierungsvorlage zum Beschluss vorgelegt werden konnte.

Sowohl der Vorstand der Antragstellerin als auch der Geschäftsstellenleiter der Sparkasse Schwaz, Filiale Jenbach, wurden vom Leiter des Büros für Verkehrsplanung im Amt der Tiroler Landesregierung sinngemäß dahingehend informiert, dass sie von einem positiven Beschluss der Landesregierung ausgegangen sind. Vor diesem Hintergrund hat die Sparkasse Schwaz noch die Mittel für die Auszahlung der Februarlöhne zur Verfügung gestellt und ausgezahlt.

Am 5. März erhielt der Vorstand eine Einladung ins Landhaus für den Abend des 9. März 2020, anstatt jedoch über die Bewilligung der Förderung für den Investitionsplan informiert zu werden, wurde die Antragstellerin dann aber von den beiden Landeshauptmannstellvertretern darüber unterrichtet, dass das Land Tirol sich derzeit keine finanzielle Förderung der Achenseebahn mehr vorstellen könne. Es läge ein Rechtsgutachten vor, welches weitere Zuwendungen seitens des Landes als fahrlässig darstelle.

Damit trat nun für die Antragstellerin - aufgrund der Vorgeschichte überraschend - die Situation ein, dass die Achenseebahn AG zahlungsunfähig werden könnte.

Deshalb fand am Abend des 10. März 2020 ein Gespräch zwischen dem Vorstand der Antragstellerin, den drei Bürgermeistern der Aktionärs-Gemeinden Hausberger, Moser und Wallner, Herrn Deutsch von der Sparkasse Schwaz, Fil. Jenbach, (jeweils als Eigentümervertreter) sowie dem Steuerberater der Antragstellerin und einigen weiteren Mitgliedern des Aufsichtsrates statt.

Dabei wurde seitens der Eigentümervertreter überlegt, dass weder von den Gemeinden noch von der Bank weitere Gelder zu erwarten wären, bezogen auf den Umstand, dass sich das Land Tirol aus dem Sanierungs- und Investitionsplan aufgrund der Überlegung vorerst zurückgezogen hatte, dass weitere finanzielle Zuwendungen fahrlässig wären.

Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass die Antragstellerin über keine nennenswerte Liquidität verfügt, die Kreditlinien im Wesentlichen ausgenützt sind und Zahlungsverpflichtungen unmittelbar fällig sind, stellt der Vorstand die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin fest.

Aufgrund der Vermögenslage, die sich aus dem in Vorbereitung befindlichen Jahresabschluss für 2019 ergibt, ist eine Überschuldung jedoch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Die Sachwerte dürften die Verbindlichkeiten übersteigen.

Allerdings ist ohne weitere liquide Mittel ein Bahnbetrieb nicht weiter möglich, es ist auch nicht von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung auszugehen. Weiters ist aufgrund der bekannten und oben dargelegten Festlegungen der Eigentümer und der - möglichen - Fördergeber davon auszugehen, dass eine Sanierung der Antragstellerin nicht erfolgt, da diese aus eigener Wirtschaftskraft nicht darzustellen ist.

Die Antragstellerin verweist auf ihre vorgelegten Geschäftszahlen. Im Wesentlichen ergibt sich daraus, dass im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von rund 1,47 Millionen Euro ein Verlust in Höhe von etwas mehr als 250.00,00 EUR (sic!!!) erwirtschaftet worden ist; das ist zwar ein um mehr als 100.000 Euro besseres Ergebnis als 2018, dennoch aber kein Resultat, das eine Sanierung der Gesellschaft aus eigener Kraft erlaubt, noch weniger die Finanzierung der notwendigen Investition

Kommentare