Mutmaßlicher Cannabis-Betrug: 10 Millionen Euro "verschwunden"?

Das Investitionsmodell klingt vielversprechend: Kunden beauftragen den Kauf einer (legalen) CBD-Pflanze, die Kärntner Firma My First Plant (MFP) organisiert alles, über die Pflanzung bis zum Verkauf - und der Investor bekommt 40 bis 50 Prozent Rendite. Zumindest in der Theorie.
In Deutschland operierte ein mutmaßliches Pyramidenspiel (Juicy Fields) mit dieser Methode und erbeutete damit Milliardenbeträge. Auch in Österreich ermitteln das Landeskriminalamt Kärnten und die Staatsanwaltschaft Klagenfurt wegen Betrugsverdachts, die offizielle Schadenssumme wird allerdings mit lediglich 125 Euro angegeben.
In den vergangenen Wochen meldeten sich zahlreiche Opfer und Personen aus dem Umfeld der Firma. Sie berichten von massiven Drohungen und von einem weitaus höheren Schaden. Denn eigentlich sollte das Unternehmen vor rund zwei Monaten an die mexikanische Investmentfirma ERDM verkauft werden. Diese nahm dann aber von dem Verkauf Abstand. Die offizielle Begründung lautete "mangelnde Transparenz" der Kärntner.
Mehr Details drangen nicht durch - bis jetzt.
Dem KURIER wurden Aufnahmen von internen Gesprächen zugespielt, die ein ganz anderes Bild zeichnen. Demnach hätte ERDM nur wenig Informationen von ihren Geschäftspartnern bekommen. Beim Nachbohren hätten sie in der Bilanz einen Fehlbetrag von "sechs bis zehn Millionen Euro" festgestellt - und den Deal deshalb platzen lassen. Die Verantwortlichen vermuteten offenbar auch hier ein verstecktes Pyramidenspiel.
Bereits zuvor hatte ein ehemaliger Mitarbeiter von "Vorgängen wie bei Wirecard" gesprochen und behauptet, dass Zehntausende Pflanzen verkauft worden sind, aber weder vorhanden sind, noch jemals gepflanzt worden sind. Von Investoren geforderte Fotos der Hanf-Pflanzen wurden jedenfalls bis heute nicht geliefert.
Allein beim Finanzamt soll MFP rund 700.000 Euro Schulden haben, bei der Krankenkasse weitere 60.000. Mehrere Investoren überlegen nun, einen Insolvenzantrag zu stellen.
50 Tonnen Hanf als Pferdefutter
MFP hat mehrere Anfragen des KURIER bisher ebenfalls nicht beantwortet. In einem Zoom-Call mit Investoren wurden abenteuerliche Dinge behauptet. So verhindert schlechtes Wetter seit vier Monaten die Einpflanzungen. Mittlerweile sollen 50 Tonnen Hanf zu Pferdefutter verarbeitet worden sein, diese müssten nun einzeln Stück für Stück, etwa über Amazon verkauft werden.
Dort gibt es tatsächlich CBD-Pferdefutter im Fünf-Kilo-Pack für rund 200 Euro. Es müssten dafür allerdings 10.000 Pferdebesitzer gefunden werden, die das angebliche CBD-Spezialfutter tatsächlich kaufen.
Immer mehr Kunden (Opfer?) zeigen sich empört, dass die Behörden dem Treiben weiter zuschauen, obwohl auch sie die internen Gespräche haben sollen. Die Pflanzen können jedenfalls weiter im Internet gekauft werden und es werden auf der Homepage bis zu vier Auszahlungen pro Jahr versprochen, obwohl selbst MFP im Zoom-Gespräch sagte, dass es heuer keine Auszahlungen mehr geben wird. Somit warten viele Anleger bereits seit Dezember auf ihr Geld.
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