Messer: Österreichs Mordwaffe Nummer eins

Teenage Boy Brandishing Knife
Nach den fürchterlichen Szenen, die sich unlängst in einem Zug Richtung Hamburg abspielten, stellt sich die Frage, warum so viele Täter zum Messer greifen.

Schwer bewaffnete Cobra-Beamte stürmten am Donnerstag die U-Bahnstation am Karlsplatz. Besorgte Augenzeugen wollen davor beobachtet haben, wie ein Mann mit einem Messer hantierte.

„Es kam zu einem Einsatz, aber bei der Durchsuchung des Verdächtigen konnte kein Messer gefunden werden“, stellte eine Polizeisprecherin wenig später auf KURIER-Anfrage klar.

Messer: Österreichs Mordwaffe Nummer eins

Erinnerungen an Hamburg-Attacke

Der Vorfall weckt sofort Erinnerungen an die tödliche Attacke in einem Zug Richtung Hamburg am Mittwoch oder an die Messerstecherei zwischen mehreren Männern am Wiener Praterstern Mitte Jänner.

Überfälle wie diese stimmen sogar hochrangige Kriminalbeamte nachdenklich. „Das wird immer mehr. Bei gewissen Gruppen sitzen die Messer einfach lockerer“, sagt ein erfahrener Ermittler.

16 "Messermorde" im Schnitt pro Jahr

Dass dieser Eindruck zumindest teilweise auch mit der jüngsten Häufung erschreckender Fälle zutun haben dürfte, zeigt ein Blick in die Kriminalstatistik. In dieser werden u. a. alle angezeigten Gewaltdelikte erfasst, bei denen Täter zu einer Stichwaffe griffen.

Seit 2010 gab es jährlich zwischen 1.445 und 2.530 Attacken. „Messermorde“ gab es in der Zeit durchschnittlich 16 pro Jahr. Eine Tendenz nach oben oder nach unten ist  bei den Tötungsdelikten nicht zu erkennen.

Frage der Verfügbarkeit

Dass Messer die Liste der Mordwaffen jedes Jahr anführen, geht allerdings ebenfalls aus der Statistik vor. „Das liegt daran, dass Messer leicht verfügbar sind. Man sieht das in den USA, wo die Zahl der Delikte mit Schusswaffen viel höher als in Österreich ist“, erklärt Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl.“

Die Polizei spricht in diesem Zusammenhang vom Messer als Gelegenheitswaffe, die gerade im häuslichen Bereich verfügbar ist. Gegenüber Schusswaffen bieten Messer demnach Vorteile: Sie sind vergleichsweise leicht zu verstecken, unauffällig zu ziehen, leicht erhältlich und problemlos zu entsorgen.

Woher stammen die Täter?

Ob gewisse Nationen in diesem Kriminalitätsbereich besonders hervorstechen, wird seitens Bundeskriminalamt nicht statistisch erfasst. Eine Debatte über die Herkunft der Täter, wie sie nach der Attacke in dem deutschen Regionalzug gerade stattfindet, hält Kreissl deshalb für unangebracht. „Quantitativ ist es nicht belegbar, dass der ‚feurige‘ Migrant eher zum Messer greift als ein Einheimischer.

„Selbstschutz“

Belegbar sei hingegen, dass derartige Verbrechen vermehrt von jungen Männer verübt werden, die sozial schlecht integriert sind. Dass junge Migranten in dieser Gruppe tendenziell stärker vertreten sind, sei nicht von der Hand zu weisen.

„Bei Menschen, die aus Kriegsgebieten flüchten, ist es naheliegend, dass diese aus Selbstschutz eher Waffen bzw. Messer bei sich tragen“, ergänzt Katharina Beclin, Kriminologin an der Universität Wien.

Nachahmungstäter

Einen nennenswerten Anstieg hat auch sie in den vergangenen Jahren nicht beobachtet. Dass es für breite Teile der Bevölkerung dennoch so wirkt, liegt Kriminalsoziologe Kreissl zufolge auch an der Art der medialen Berichterstattung in solchen Fällen. Die habe im schlimmsten Fall Nachahmungstäter zur Folge.

Nachahmer – sowie generell die meisten Gewalttaten mit Stichwaffen – wären wohl selbst mit strengeren Vorschriften, wie den mancherorts bereits eingeführten Waffenverbotszonen, nicht zu verhindern.

„Eventuell könnte man vermeiden, dass Streitereien ungeplanterweise zu Messerstechereien eskalieren. Ich hätte aber Zweifel, ob Gesetze in diese Richtung auch eingehalten würden“, gibt sich Beclin skeptisch.

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