Alle Epidemien brachten Fortschritt
Zwar gebe es keine Garantie, in welche Richtung das Pendel schlägt, aber Matthias Horx ist zuversichtlich, dass am Ende der Fortschritt die Oberhand behält- Horx: „Menschen sind zum Wandel in der Lage und wir werden staunen, was dann möglich ist.“ Auf die viel schlimmere Pest wäre auch die glorreiche Epoche der Renaissance im 15. Jahrhundert gefolgt. „Aus allen Epidemien sind Kulturen mit einem Fortschrittssprung hervorgegangen“, sagt Horx.
Dass diese Entwicklung durch jene Angst gebremst wird, die Corona der Bevölkerung injiziert hat, glaubt der Zukunftsforscher nicht. Horx: „Angst mobilisiert uns ja. Wenn eine Angst konkret wird, dann nehmen wir den Kampf auf.“ Ein wenig anders sei es mit der Verängstigung, weil diese zu einer Verinnerlichung der Angstmechanismen führe. Aber die sei in der Gesellschaft nicht so stark, wie es die Medien transportieren würden.
Mit der Corona-Krise werde sich auch die Wirtschaft ändern müssen. Horx: „Die alte industrielle Wachstumsformel, das Brutto-Sozialprodukt, verblasst. Das ist ein Fetisch.“ Jetzt in der Krise würden wir auf der einen Seite merken, dass die Wirtschaft gar nicht zusammenbricht. Auf der anderen Seite sei alles flexibler geworden. Horx: „Wir brauchen Well-Being-Indices, die die Gesundheit, die sozialen Indizes oder die Bildungspotenziale messen. Das wird den alten Wachstumsbegriff ersetzen.“ Dass die Wirtschaftsforscher dennoch immer auf die alte Wachstumsformel setzen, beschreibt Horx so: „Die kriegen das, was sie in der Vergangenheit gelernt haben, mit dem Neuen noch nicht zusammen.“
Zu neuen – durch Corona ausgelösten – Lebensrealitäten zählen für Horx die neue Homeoffice-Arbeitswelt, ein neues Verhältnis zwischen Ich und Wir sowie eine Rückkehr zur heimatlichen Verwurzelung. Zu dem habe sich der Umgang mit der digitalen Welt stark geändert. Wobei sich viele Menschen, um zu kommunizieren, dieser Welt nun „von unten“ genähert hätten. Horx bezeichnet das als „real-digital“. Wobei er einschränkt: „Das Virus hat uns ja die Erkenntnis ins Fenster gestellt, dass wir Teil der Natur bleiben, trotz aller Digitalität. Es sind ja nicht die Computer und die Künstlichen Intelligenzen, die uns weiterhelfen gegen das Virus, sondern die Veränderung von menschlichem Verhalten.“
Eines ist für ihn klar: „Im Ausgang der Krise wird das Umweltthema ein massives sein.“ Wobei er von einer „Blauen Ökologie“ spricht. „Darunter bezeichnen wir eine Ökologie, die nicht auf Verzicht, Askese und Schuldargumente setzt, sondern Technologie, Natur und menschliche Bedürfnisse innovativ zu intelligenten Systemen verknüpft.“ Die Corona-Krise habe jedenfalls etwas gezeigt, was auch auf die Klima- und Umweltpolitik anwendbar wäre: „Die Menschen haben in der Krise erfahren, dass harte Maßnahmen das einzige sind, was hilft.“
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