Massentierhaltung in Österreich: Warnung vor Antibiotika im Wasser

Auch die Ferkelkastration ist Thema.
In Wasserproben - gezogen auch aus österreichischen Flüssen - wurden Medikamente und Pestizide nachgewiesen.

Greenpeace hat Wasserproben aus Flüssen in EU-Regionen gezogen und einen Nachweis von Antibiotika und Pestiziden erbracht - auch in österreichischen Gegenden in der Steiermark und in Oberösterreich. Die ausgewählten Regionen haben eines gemein, es wird intensive Tierhaltung betrieben. Der Greenpeace-Test wurde in insgesamt zehn EU-Staaten durchgeführt und am Donnerstag veröffentlicht.

Das Ergebnis

Proben wurden in 29 Gewässern genommen und ergaben in 70 Prozent der Fälle den Nachweis von Antibiotika und zum Teil von Pestiziden.

Die Proben aus Österreich stammen aus dem Schwarzaubach und der Stiefing - beide in der Steiermark - sowie aus dem Sipbach in Oberösterreich. Laut der NGO sind das Gegenden mit einer besonders hohen Dichte an Schweineställen. Pro Probe wurden bis zu fünf Tierarzneimittel, darunter mehrere Antibiotika, und bis zu 38 verschiedene Pestizide festgestellt. Dies ist der dritthöchste Pestizidwert, der in Europa gefunden wurde. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) dürfen die Risiken der Massentierhaltung für Umwelt und Gesundheit nicht weiter ignorieren, fordert die Umweltschutzorganisation.

Knapp drei Viertel aller Antibiotika in der Tierhaltung gingen in Österreich an Schweine. Der hohe Einsatz führe dazu, dass sich Resistenzen gegenüber wichtigen Medikamenten entwickeln. Diese Super-Keime können auch uns Menschen gefährlich werden, warnte Greenpeace. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Antibiotika-Resistenzen als eine der drei dringendsten Probleme für die öffentliche Gesundheit ein.

NGO für reduzierten Medikamenten-Einsatz

"Resistenzentwicklungen haben gravierende Folgen für die medizinische Behandlung von Patientinnen und Patienten. Häufig sind Infektionen mit resistenten Bakterien schwer therapierbar, in bestimmten Fällen sind sie sogar unheilbar. Daher ist der Umgang mit diesen lebensnotwendigen Medikamenten selbstverständlich auch in der Tierhaltung streng zu reglementieren", warnte Hans-Peter Hutter, Sprecher der ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt.

Zur Belastung der untersuchten Gewässer durch Antibiotika kam die Verschmutzung mit einer Vielzahl verschiedener Pestizide hinzu, hieß es weiter: 27 im Schwarzaubach, 38 in der Stiefing und 20 im Sipbach. Der Pestizidwert der Stiefing war der dritthöchste, der in Europa gefunden wurde. "Die Landwirtschaft in den beprobten Regionen ist vor allem dem intensiven Anbau von Futtermitteln wie etwa Mais gewidmet, um die zehntausenden Schweine vor Ort zu versorgen. Wir können daher davon ausgehen, dass ein wesentlicher Anteil der Pestizide aus dem Anbau von Futtermitteln stammt", erklärte Theissing-Matei.

Greenpeace spricht von gesundheitlichen Risiken

"Industrielle Tierhaltung ist eine Gefahr für unsere Umwelt und unsere Gesundheit", resümierte Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace Österreich. Durch Intensiv- oder Massentierhaltung würden Tierarzneimittel, Pestizide, Metalle und Nährstoffe im Überfluss in die Flüsse geschwemmt. Einmal in die Umwelt gelangt, bilden sich so regelrechte "Cocktails" an Substanzen, die empfindliche Ökosysteme schädigen können, hieß es im dazugehörigen Report "Dirty Waters". "Auch für uns Menschen ist das mittelfristig ein gesundheitliches Risiko. Antibiotika, die aus der Massentierhaltung in die Umwelt gelangen, erhöhen die Gefahr von Resistenzen", erläuterte Theissing-Matei die Folgen der "Umweltverschmutzung durch Massentierhaltung".

Laut der NGO brauche es ein ambitioniertes Antibiotika-Reduktionsprogramm, bessere Haltungsbedingungen und niedrigere Besatzdichten. Außerdem seien Änderungen bei den europäischen Agrarförderungen erforderlich.

Umweltministerium: Strenge und regelmäßige Kontrollen

Die Behörden seien sich der Problemstellung bewusst, deshalb werden heimische Flüsse, Gewässer und Trinkwasser streng und regelmäßig untersucht, reagierte Daniel Kosak, Sprecher von Landwirtschafts- und Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), auf den Wassertest von Greenpeace. SPÖ-Umweltsprecher Klaus Feichtinger sah hingegen dringenden Handlungsbedarf.

"Alle diesbezüglichen Untersuchungen vom Umweltbundesamt oder der AGES sind öffentlich zugänglich", betonte Kosak. Die Mengen von Antibiotika im Wasser befänden sich in Österreich im Bereich von Nanogramm und seien somit nicht gesundheitsgefährdend. Sie stammten zum größten Teil nicht aus der Landwirtschaft, sondern vom Menschen. Beim informellen Treffen der EU-Wasserdirektoren am (heutigen) Donnerstag in Wien geht es um den Wasserschutz in Europa. Wichtig wären einheitliche Grenzwerte für objektive Kontrollen. Das Umweltministerium habe "auf die Agenda gesetzt, dass solche gemeinsamen Grenzwerte erarbeitet werden sollen", sagte Kosak.

"Erschrocken und zutiefst besorgt" reagierte unterdessen Feichtinger auf den "Dirty Waters"-Report: "Die Regierung darf dieses Problem nicht mehr länger ignorieren und muss sicherstellen, dass keine illegalen und verbotenen Pestizide mehr verwendet werden und dass der Pestizideinsatz mit geeigneten Maßnahmen drastisch reduziert wird."

Kommentare