Mann brach am Laufband zusammen: Geholfen hat zunächst niemand

Mann brach am Laufband zusammen: Geholfen hat zunächst niemand
Die Hemmschwelle, Erste Hilfe zu leisten, ist für viele hoch. Die Angst vor Schadensersatzklagen hält viele ab, im Notfall einzugreifen.

Das Fitnessstudio in Wien dürfte an diesem Tag gut gefüllt gewesen sein, es war ein Sonntagabend. Ein Mann um die 40 trainierte am Laufband, als er plötzlich zusammenbrach. Hektik brach aus. Der Mann dürfte einen Herzstillstand erlitten haben. Was nun zu tun war, wusste aber niemand so recht, schilderten Augenzeugen. Weder jemand von den Angestellten, noch ein Club-Mitglied.

Eine Situation, die den Einsatzkräften der Berufsrettung Wien nur allzu gut bekannt ist. „Menschen trauen sich oft nicht, einzugreifen. Da geht es weniger um das Nichtwissen der Anwesenden, als um die Angst, etwas falsch zu machen. Oder um die Sorge vor Schadensersatzklagen“, sagt ein Sprecher der Berufsrettung Wien.

Sorgen wie diese seien zwar verständlich, aber nicht notwendig. Das Einzige, was man falsch machen könne, sei nichts zu tun – und das Beste, die Rettung zu rufen. „Am Telefon leiten wir die Ersthelfer an, ob es um die Nutzung eines Defibrillators oder um eine Herzdruckmassage geht.“

Auf die Frage, warum auch von den Mitarbeitern im Fitnessstudio niemand so recht wusste, wie zu helfen ist, gab man sich seitens des Managements kurz angebunden„Wir streben danach, mit gesundheitsbezogenen Vorfällen bestmöglich umzugehen. Dazu gehört auch ein strukturierter Prozess und eine entsprechende Ausbildung unserer Mitarbeiter.“ Die Hemmschwelle, Erste Hilfe zu leisten, ist bei den Österreichern prinzipiell hoch. Laut einer Studie aus dem Juni 2023, an der 1.000 Personen teilnahmen, traut es sich nur knapp über die Hälfte der Befragten zu, im Notfall einzugreifen. Im Gegenzug erwarten sich aber zwei Drittel , dass ihnen ihre Freunde, Kollegen und Angehörigen in der Not helfen würden.

„Manchmal kommt es dabei auf jede Minute an. Umso wichtiger ist es, vorbereitet zu sein, wenn der Partner plötzlich reglos zusammenbricht oder sich die kleine Tochter an der Herdplatte verbrennt“, betont Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes. Ohne Wiederbelebungsmaßnahmen sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit laut Rotem Kreuz minütlich um 10 Prozent.

Pflicht zu helfen

Ab wann ist man eigentlich gesetzlich verpflichtet, Hilfe zu leisten? Die Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist entweder ein Unglücksfall oder eine sogenannte Gemeingefahr. Von dieser spricht man, wenn eine größere Anzahl von Menschen bedroht ist. Wer in diesen Situationen nicht hilft, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen rechnen. Im Todesfall erhöht sich die Freiheitsstrafe auf ein Jahr. S. Angerer

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