"Man muss die Gewalt ansprechen"

Die Schulung im Institut für Gewalt- und Konfliktprävention
Ein Institut vermittelt Menschen den Mut und das Wissen, um gegen Gewalt zu intervenieren.

Das Hauptproblem für Pädagogen, Sozialarbeiter und ähnliche Berufe ist nicht so sehr die steigende Radikalisierung mit islamistischen Tendenzen, sondern der spürbare Anstieg von Gewalt in unseren Familien. Selbst für nahestehende Personen ist es oft sehr schwer, derartige Spannungsfelder zu erkennen. Dafür gibt es aber spezielle Methoden. Die Kenntnisse dafür werden im Wiener Institut für Gewaltprävention und Konfliktmanagement (IFGK) vermittelt.

Die Diplomsozialpädagogin Gabriele E. aus Niederösterreich ist in der Familienintensivbetreuung tätig und dadurch auch immer wieder mit Gewaltfällen konfrontiert. Wird die Frau geschlagen? Warum machen die Kinder einen depressiven Eindruck? "Es ist oft nur ein Bauchgefühl. Und es ist meistens schwer, die tatsächlichen Hintergründe auszuloten," erklärt sie dem KURIER.

Jetzt tut sie sich leichter. Bei einem Lehrgang für Konfliktmanagement, Gewalt- und Radikalisierungsprävention am IFGK wurden ihr unter anderem Methoden einer Supervision vermittelt, mit deren Hilfe sie genaue Konfliktanalysen erstellen kann. "Ich fühle mich jetzt wesentlich sicherer im Umgang mit Konflikten", erklärt die Frau. Und wenn das Ergebnis vielleicht auch nur jenes ist, dass das ursprüngliche "Bauchgefühl" falsch war, weil in der Familie eh alles in Ordnung ist.

Gerichtsmedizinerin

Auch die Kindergartenpädagogin Melanie P. aus dem südlichen Niederösterreich absolvierte die sechs Kurs-Blöcke mit jeweils zehn Unterrichtseinheiten, weil sie sich gegen die vermehrt auftretenden Spannungssituationen besser wappnen will. Ihr Resümee: "Ich gehe jetzt mit viel mehr Sicherheit an Probleme heran." Am "lustigsten" sei die Gerichtsmedizinerin gewesen. Das erinnert ein wenig an die beliebten einschlägigen Fernsehserien. In einer durchaus humorvollen Vortragsart vermittelte die Frau aber vor allem sehr wertvolle Hinweise, wie man zum Beispiel erkennt, wenn ein Kind zu Hause misshandelt wird.

Radikalisierung

Als besonders faszinierend fanden beide Damen die Zusammensetzung der Vortragenden. Sie kommen nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch aus der Praxis. Aufgrund der jüngeren terroristischen Entwicklung ist nun auch ein Spezialist des Verfassungsschutzes dabei, der Kenntnisse zur frühzeitigen Erkennung von politischer oder religiöser Radikalisierung von Jugendlichen vorträgt.

"Man profitiert aber auch ganz besonders von den Teilnehmern", erklärt Melanie. Da sitzt die Kindergartenpädagogin neben Polizisten, Justizbeamten, Rettungssanitätern, Altenpflegern und Mitarbeitern von diversen NGOs. In den Pausen tauscht man dann seine Erfahrungen aus, und kommt drauf: "Wir sitzen alle in einem Boot." Nach Hause nimmt man neben einem Diplom und dem erworbenen Wissen auch eine Liste mit Behörden, Beratungsstellen und anderen Einrichtungen mit, die man im Bedarfsfalle kontaktieren kann.

Beide Damen sind sich einig: "Der Kurs gibt uns mehr Sicherheit. Man wird mutiger. Und wenn ich ein Problem bei Menschen verspüre, muss ich es ansprechen." Denn Gewalt in der Familie könne nur existieren, wenn sie nicht angesprochen wird.

Das Institut für Gewaltprävention und Konfliktmanagement (IFGK) wurde Anfang 2014 von den Waffen-Industriellen Gerhard Unterganschnigg und Ernst Reichmayr gegründet. Sie sind Eigentümer der Steyr-Mannlicher-Waffenschmiede in Kleinraming, wo nicht nur Jagdwaffen, sondern auch Militärgewehre hergestellt werden. Ein Umstand, den manche Zeitgenossen als irritierend betrachten. Nicht aber Unterganschnigg: "Als Unternehmer haben wir auch eine gesellschaftspolitische Verantwortung, und wir finanzieren das Institut privat." Ein derartiges Ausbildungsangebot habe es nirgends gegeben, deshalb sei man zur Tat geschritten.

Als Partner konnten unter anderem das Justizministerium und das Innenministerium gefunden werden. Und das Kuratorium Sicheres Österreich (KSÖ). Dessen Generalsekretär, Alexander Janda ist gleichzeitig Direktor des IFGK.

Es konnten renommierte Vortragende gewonnen werden, wie der Familienforscher Wolfgang Mazal, Udo Jesionek vom Weißen Ring, und Doris Täubel-Weinreich von der österreichischen Richtervereinigung.

Die Kurse werden an Wochenenden abgehalten und umfassen sechs Blöcke. Sie finden in den Räumlichkeiten des Hilfswerks Wien in der Schottenfeldgasse statt. Die Teilnahme kostet 900 Euro. Bei besonderem Bedarf übernimmt das IFGK die Hälfte der Kosten. Infos unter www.ifgk.at

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