Lycamobile: Um fünf Cent nach Syrien telefonieren

Lycamobile wirbt seit Kurzem großflächig in Wien
Das weltweit agierende Unternehmen ist undurchsichtig und wirbt nun auch in Österreich verstärkt um Kunden – es sind Flüchtlinge und Migranten.

Ahmad steht neben seinem kleinen Stand bei der U6-Station Burggasse/Stadthalle. Er teilt blaue Flyer aus und SIM-Karten mit zwei Euro Gesprächsguthaben. Ahmad ist Afghane, 23 Jahre alt, und lebt seit sieben Jahren in Österreich. Seit einigen Wochen hat er einen Job – er ist Verkäufer bei Lycamobile.

Lycamobile ist ein international agierender Handy-Tarifanbieter, der günstiges Telefonieren ins Ausland ermöglicht (siehe Kasten unten) – und damit wirbt, der "clevere Tarif" zu sein. Die Angebote richten sich speziell an Migranten, die nach Hause telefonieren wollen. Und an Menschen, die nur schwer an Handyverträge kommen – wie Asylwerber.

Lycamobile: Um fünf Cent nach Syrien telefonieren
Lycamobile
Seit der großen Flüchtlingswelle hat Lycamobile auch in Österreich großes Kundenpotenzial. Und wirbt seit Kurzem großflächig in Wien, etwa auf Straßenbahnen der Wiener Linien. In Vierteln, in denen viele Migranten leben, eröffnet ein Lycamobile-Shop nach dem anderen. Die Verkäufer – meist selbst Migranten oder Flüchtlinge – stehen etwa entlang der U6-Linie. Bei der Station Thaliastraße ist es ein Somali, beim Westbahnhof ein Nepalese, bei der Burggasse Ahmad, der Afghane.

Kampagne

Jeden Tag kurz vor 10 Uhr baut er seinen Stand auf, setzt sich die blaue Kappe auf und teilt Flyer aus. Bis 18 Uhr macht er das. 1400 Euro bekomme er dafür. Ob brutto oder netto, könne er nicht sagen. In Österreich ist Lycamobile seit dem Jahr 2013 tätig und der zweitgrößte Anbieter in Sachen Auslandstelefonie. "Wir haben unsere erste große Werbekampagne in Österreich", sagt ein Mitarbeiter, der nicht genannt werden darf. Sprech-Erlaubnis hat nur eine Presseagentur der Lycamobile-Zentrale in London.

Und auch dort hält man sich mit Information höflich zurück.

Sitz der Österreich-Niederlassung ist laut Homepage eine Adresse in Dublin.

Vor dem kleinen Lycamobile-Büro im achten Bezirk wuselt es aber täglich vor Menschen, die ihre Flyer und Gratis-Guthaben vor dem Verteilen in Trolleys packen. Wie viele Kunden Lycamobile in Österreich hat, will das Unternehmen nicht sagen. Auch die RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, Anm.) darf diese Information nicht preisgeben.

Laut Firmenbuch weist die Österreich-GmbH des Unternehmens einen Verlust aus – weltweit soll Lycamobile aber 1,5 Milliarden Umsatz machen und 15 Millionen Kunden haben.

Verdachtsfälle

Das Unternehmen ist undurchsichtig. Über Monate hinweg recherchierten britische Journalistinnen der Plattform Buzzfeed über Lycamobile: Bei den Bilanzen soll getrickst werden, regelmäßig sollen Mitarbeiter Rucksäcke voller Bargeld zur Bank getragen haben, wie die Journalistinnen der deutschen Zeitung Welt schreiben. Der Verdacht der Geldwäsche steht im Raum, außerdem soll das Unternehmen ein Geflecht von mehreren Off-Shore-Firmen aufgezogen haben. In London und Frankreich wurden gegen Lycamobile Ermittlungen aufgenommen.

Dazu kommt, dass der Nutzer einer Lycamobile-SIM-Karte für deren Aktivierung nicht seine Identität preisgeben muss. In Deutschland hat die Bundesregierung bereits ein Verbot von anonymen SIM-Karten beschlossen, als Maßnahme zur Terror-Bekämpfung: SIM-Karten von Lycamobile wurden etwa bei den Attentätern von Paris entdeckt.

In Österreich hatte zuletzt Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) eine Registrierungspflicht bei SIM-Karten gefordert. Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist derzeit im Rahmen des Sicherheitspakets in Begutachtung. "Der Verfassungsschutz kommt immer wieder mit Wertkartenhandys in Berührung", sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Aber keiner der Anbieter steche dabei "unverhältnismäßig hervor".

Von Österreich aus kostet ein Anruf ins nigerianische Festnetz einen Cent pro Minute, ins Handynetz 10 Cent. Nach Afghanistan kostet ein Festnetz-Anruf 10 Cent, aufs Handy 29 Cent. Nach Syrien zu telefonieren ist günstiger: Ein Festnetz-Anruf pro Minute kommt auf fünf Cent, aufs Handy 29 Cent. SMS kosten überall hin nur 15 Cent. Zum Vergleich: Bei T-Mobile kostet eine Minute (Mobilfunk und Festnetz) nach Syrien, Nigeria und Afghanistan 99 Cent, eine SMS 35 Cent.

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