"Luft-100er" auf der Salzburger A10 soll aufgehoben werden

Der "Lufthunderter" ist auf einem Abschnitt A12, zwischen Imst und Landeck, vorerst Geschichte
Laut LH-Stv. Svazek (FPÖ) gibt es keine rechtliche Grundlage mehr, weil Grenzwerte 3 Jahre nicht mehr überschritten wurden. Auch in Tirol regt sich Widerstand gegen "Luft-100er".

Das Land Salzburg will noch in diesem Jahr das flexible Tempo-100-Limit aufheben, das im November 2008 auf der Tauernautobahn zwischen Salzburg und Golling nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-Luft) verordnet worden ist.

Dann soll wieder permanent Tempo 130 gelten. Wie LHStv. Marlene Svazek (FPÖ) aktuellen Medienberichten zufolge erklärte, liege die Luftbelastung seit drei Jahren deutlich unter den Grenzwerten. Die geplante Maßnahme stößt auf Kritik der Grünen.

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Es gebe keine Grundlage mehr für den "Luft-Hunderter" auf der A10, sagte Umweltreferentin Svazek gegenüber dem ORF. Eine dem Land vorliegende Studie zeige eindeutig, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid konsequent schon seit einiger Zeit unterschritten werden.

Die Ergebnisse der Untersuchungen würden dem Land Salzburg auch langfristig Sicherheit geben, das Ende des IG-L-Hunderters einläuten zu können. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Grenzwerte nochmals erreicht werden, auch dann nicht, wenn Tempo 130 wieder eingeführt wird.

Verordnung soll ausgearbeitet werden

Hauptgrund für die besseren Luftwerte sei die bessere Abgasreinigung in den Autos seit dem Dieselskandal 2015 und der immer höhere Anteil an Elektrofahrzeugen. Laut Svazek soll die Verordnung zur Aufhebung des Tempolimits jetzt ausgearbeitet werden. Nach den erforderlichen Begutachtungsfristen soll der "Luft-Hunderter" auf dem rund 27 Kilometer langen Abschnitt der A10 voraussichtlich Ende Oktober oder Anfang November Geschichte sein.

Wie die "Salzburger Nachrichten" (SN) in ihrer aktuellen Samstagausgabe berichteten, ist Basis für die Aufhebung ein Gutachten der Schweizer Firma Ökoscience, auf deren Expertise das Land Salzburg seit Jahren setzt. Untersucht wurde die zukünftige Entwicklung der Stickstoffoxidimmissionen bei Hallein - und was eine allfällige Aufhebung des Tempolimits bedeuten würde.

EU-Grenzwert wird wohl nicht mehr erreicht

Das Ergebnis: Angesichts auch der Zunahme an E-Autos scheine es ausgeschlossen, dass der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter bei Hallein noch einmal erreicht werde. Und auch in den Folgejahren sei es unwahrscheinlich, dass selbst der österreichische Grenzwert (der bei 35 Mikrogramm liegt) noch einmal erreicht werde. Dazu trage auch bei, dass die Abgaswerte bei den Autos seit Platzen des Dieselskandals deutlich besser geworden sind.

"Wir werden keine ideologische Geschwindigkeitsbegrenzung verordnen, sondern der mit eindeutigen Zahlen dokumentierten Empfehlung einer Aufhebung des IG-L 100 auf der A10-Tauernautobahn im Bundesland Salzburg folgen", wird Svazek in den SN zitiert. Alexander Kranabetter, Leiter des Referates Immissionsschutz beim Land Salzburg, erläuterte, beim IG-L gehe es nur um die Luftschadstoffe, nicht etwa um ein Tempolimit aufgrund des Klimaschutzes. "Wenn wir keine Grenzwertüberschreitungen mehr haben, dann fehlt die rechtliche Grundlage für Maßnahmen."

Drei Kriterien müssten erfüllt sein:

  • Es darf 3 Jahre keine Grenzwertüberschreitung gegeben haben.
  • Bei Wegfall der Maßnahme müsse auch weiterhin die Grenzwerteinhaltung gegeben sein
  • Rückläufige Emissionen müssten gegeben sein

Der höchste Wert wurde auf der A10 bei Hallein 2003 gemessen - mit 61,6 Mikrogramm Stickstoffdioxid je Kubikmeter. Im Vorjahr lag dieser Wert bei 30,7 Mikrogramm, heuer liegt der Jahresmittelwert bei 29 Mikrogramm.

Die Grüne Klubobfrau Martina Berthold bezeichnete die geplante Aufhebung des "Luft-Hunderters" als einen "Schlag ins Gesicht für all jene Menschen, die sich um die Zukunft kümmern". Schwarz-Blau lasse mit dieser Maßnahme die Menschen im Stich. "Die Klimakrise ist für immer mehr Menschen in Salzburg eine reale Gefahr vor der eigenen Haustüre", verwies Berthold auf die Einschätzungen des Institutes für Alpine Naturgefahren der BOKU Wien.

"Demnach ist österreichweit jedes siebende Gebäude von Extremwetterereignissen bedroht. Auch in Salzburg hatten wir im Sommer eine extreme Hitzewelle und gerade erst vor ein paar Tagen kam es zu Hochwasserereignissen. Zum Schutz der Salzburgerinnen und Salzburger braucht es jetzt mehr und nicht weniger Klimaschutzmaßnahmen."

Das Land Salzburg hat bereits im Herbst 2022 das im März 2015 eingeführte flexible Tempo-80-Limit auf einem 10,3 Kilometer langen Abschnitt auf der Westautobahn A1 in der Stadt Salzburg aufgehoben.

Der damalige Umweltreferent LHStv. Heinrich Schellhorn (Grüne) hat die Entscheidung damit begründet, dass die Rechtsgrundlage für die Geschwindigkeitsbeschränkung weggefallen sei. Die Grenzwerte für Luftschadstoffe würden seit drei Jahren eingehalten und dürften auch in Zukunft nicht mehr überschritten werden.

Hörl fordert Ende von "Luft-100er" in Tirol

Der Tiroler ÖVP-Wirtschaftsbundchef und Abg. Franz Hörl hat ein Aus für den "Lufthunderter" auf der Inntalautobahn (A12) gefordert. Wenn die Rechtsgrundlage aufgrund stark verbesserter Messwerte fehle, sei auch das Tempolimit abzuschaffen, so Hörl gegenüber der APA. Er mahnte eine analoges Vorgehen wie in Salzburg.

Die Tempolimits könnten dank Überkopfwegweisern flexibel - also je nach Luftgüte - gestaltet werden, erklärte der Nationalratsabgeordnete. Ein Beibehalten der "obsolet gewordenen Beschränkung" wäre ein "Festhalten an der verfehlten und gegen die Tirolerinnen und Tiroler gerichteten grünen Verkehrspolitik einer Ingrid Felipe (Ex-LHStv., Anm.) und eines Gebi Mair (Tiroler Grünen-Chef, Anm.)", meinte Hörl in Richtung seiner auf Landesebene mit der SPÖ regierenden schwarzen Parteifreunde.

Attacke gegen Koalitionspartner

Und ritt weitere heftige Attacken gegen den ehemaligen Koalitionspartner im Land: "Die Grünen haben sich darauf beschränkt, die eigenen Leute zu quälen und die Tiroler Wirtschaft zu behindern." "Diese Zeiten müssen vorbei sein", ließ Hörl wissen. Man müsse stärker mit den Nachbarn "im europäischen Verkehrskontext" zusammenarbeiten.

Etwas Lob gab es für den jetzigen roten Bündnispartner. Beim aktuellen Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) erkenne er "durchaus das Bemühen, hier neue und zielführende Wege zu gehen."

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